Paul Flemming 07 - Die Paten vom Knoblauchsland
er nicht wusste, wie ihm geschah.
»Tisch mir bitte keine Lügen auf, Paul. Das würde das Fass zum Überlaufen bringen.«
»Ich lüge nicht, Kati, ganz bestimmt nicht. Von mir hat Blohfeld keine Informationen bekommen. Ich habe ihn in letzter Zeit überhaupt nicht mehr gesehen.« Er hielt einen Moment inne. »Das heißt: doch. Gestern sprachen wir kurz miteinander, aber ...«
»Na, siehst du! Bei der Gelegenheit hast du alles ausgeplaudert! So geht das nicht, Paul. Du wirst für mich zum Sicherheitsrisiko!«
Paul beteuerte wieder und wieder seine Unschuld, doch Katinka wollte ihm nicht glauben.
»Wie kann ich es dir nur begreiflich machen?«, versuchte er schließlich einen letzten Vorstoß, denn ihm gingen allmählich die Argumente aus. »Was hätte ich denn davon, wenn ich unsere Geheimnisse ausgerechnet Blohfeld verrate?«
»Ruhm als Zeitungsinformant? Oder Geld? Mir fallen auf Anhieb ziemlich viele Gründe ein.«
»Das ist nicht dein Emst! Traust du mir zu, dass ich für ein paar Euro und ’nen feuchten Händedruck von Blohfeld unsere Ehe aufs Spiel setze?«
»Beweis mir das Gegenteil«, blieb Katinka hartnäckig.
»Jetzt mach aber mal halblang!« Auch Paul war nun sauer. »Du wirfst mir Vertrauensbruch vor, trittst unser Vertrauen aber selbst mit Füßen.«
»Selber schuld, kann ich da nur sagen.«
»Kati, lass uns damit aufhören«, kriegte Paul gerade noch die Kurve. »Es bringt doch nichts, wenn wir uns gegenseitig Beschuldigungen an den Kopf knallen. Ich möchte keinen Ehekrach so kurz nach der Hochzeit.«
Sie kamen überein, dass dieser Streit nicht am Telefon zu lösen sei, und Katinka kündigte stattdessen an, so bald wie möglich vorbeizukommen. Bevor sie ihr Telefonat beendeten, berichtete Paul ihr kurz und knapp von der Handynummer auf Rodes Manuskript und dem daneben stehenden Namen Frieda. Katinka ließ sich die Nummer durchgeben und versprach, den Hinweis überprüfen zu lassen. Damit legte sie auf und überließ Paul seinen Gedanken, in die sich unterschwellige Selbstvorwürfe mischten, obwohl er doch wirklich in keiner Weise zur Entstehung des Zeitungsartikels beigetragen hatte.
Innerlich aufgewühlt ging er durch sein Atelier, füllte den Wassertank seines Kaffeeautomaten auf, goss auch gleich den Basilikumstock auf dem Fensterbrett und setzte seinen unruhigen Rundgang fort. Zunächst dreimal im Kreis über das Parkett des großen Wohnraums, dann hinaus auf den Flur, wo er vor der Mokkabraunen stehenblieb und verharrte.
Der großformatige Abzug einer frühen Aktaufnahme, die eine Afroamerikanerin mit einem Schlangentattoo auf dem Rücken zeigte, war über die Jahre zu seinem Lieblingsbild avanciert. Sein ganz persönliches Meisterstück, wie Paul es empfand. Die Mokkabraune stand seitlich zum Fotografen und wendete ihm ihr Gesicht zu, das weder ein Lächeln zeigte noch sonst eine Gemütsregung verriet. Dennoch interpretierte Paul je nach eigener Verfassung die unterschiedlichsten Emotionen in den Gesichtsausdruck und sogar die Körperhaltung der Frau.
In Momenten wie diesem, wenn er aufgewühlt war und niemanden hatte, mit dem er über seine Gefühle sprechen konnte, ließ er sich sogar dazu hinreißen, mit der Mokkabraunen zu reden.
»Warum muss alles so kompliziert sein?«, fragte er ins Leere und schaute der Fotografie dabei in die Augen. »Mann und Frau in harmonischem Einvernehmen ist wohl ein Widerspruch in sich, was? Immer wieder gibt es Zoff zwischen Katinka und mir. Ich liebe sie, ja, aber manchmal könnte ich sie zum Teufel jagen.« Paul löste seinen Blick von der schönen Nackten und schaute sich in seiner Wohnung um. »Ich frage mich, wie es werden soll, wenn wir zusammenwohnen. Ist das wirklich eine kluge Entscheidung, hier alles aufzugeben und mit Kati unter einem Dach zu leben? Na klar, jedes andere verheiratete Paar macht es genauso. Aber muss es deswegen richtig sein? Immerhin lässt sich ja auch jedes dritte Paar wieder scheiden - was vielleicht nicht passieren würde, wenn jeder seine eigene Wohnung behielte und somit ab und zu auf Abstand gehen könnte.« Er drehte sich wieder um, sah die Mokkabraune herausfordernd an und fragte sich dabei, ob er auf seine alten Tage allmählich etwas wunderlich zu werden begann. Doch das war ihm schnuppe und er fragte das Poster: »Was sagst du dazu? Willst du umziehen oder hierbleiben?«
Paul wollte es kaum glauben, als sich tatsächlich etwas rührte. Er hörte ein feines Knistern, das von der Fototapete ausging. Als er
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