Paul Flemming 07 - Die Paten vom Knoblauchsland
und Farbe des Stifts nach zu urteilen, stammte sie wohl ebenfalls von Rode selbst.
Aus der Zahlenfolge »0171« schloss Paul, dass es sich um eine Handynummer handelte. Dahinter stand - Paul sah zweimal hin, um sicher zu sein, dass er sich nicht täuschte - ein Name: Frieda. Paul war wie vom Donner gerührt.
Zufall? Ungläubig sah Paul von dem Zettel auf und blinzelte gegen die Sonne. Auf Anhieb konnte er sich keinen rechten Reim auf seine Entdeckung machen, und viel war es ja auch nicht, was er in den Händen hielt: bloß eine Nummer und ein Name, den es gewiss nicht nur einmal gab.
Er stellte die naheliegende Überlegung an, ob es sich bei dieser Frieda um Rodes Frau handeln könnte, doch dann erinnerte er sich an ein Zeitungsfoto, das sie neben ihrem Mann zeigte, und dass die Bildunterschrift sie als Sabine oder Sabrina oder so ähnlich ausgewiesen hatte, jedenfalls war es irgendein Name mit »S« gewesen.
Paul grübelte weiter und konnte den Gedanken einfach nicht mehr verscheuchen, dass die Frieda von diesem Zettelrand vielleicht eben jene aus dem Sonnenblumenfeld sein könnte. Er konnte der Versuchung nicht widerstehen, zog sein Handy aus der Hosentasche und gab die notierte Handynummer ein.
Das Freizeichen ertönte dreimal, dann meldete sich eine Automatenstimme, die mitteilte, dass der Teilnehmer derzeit nicht erreichbar sei und man eine Nachricht auf der Mailbox hinterlassen könne. Darauf verzichtete Paul, faltete den Papierbogen zusammen und verstaute ihn in seinem Portemonnaie.
7
Der nächste Morgen begann für Paul mit einem Donnerschlag.
Das Telefon riss ihn aus dem Schlaf. Er reckte sich, blinzelte durch das ovale Oberlicht seiner Wohnung in einen blassblauen Himmel, der Tag begrüßte ihn noch taufrisch mit unschuldig zartem Licht. Paul tastete verschlafen nach dem Hörer und hielt ihn gleich wieder auf Abstand, so laut schrie Katinka hinein:
»Das geht ja gar nicht! Das ist das Allerletzte! Ein glatter Scheidungsgrund - und das schon nach drei Monaten Ehe!«
Paul rieb sich die Augen und brachte seinen Denkapparat auf Touren. Was nichts half, denn er hatte einfach keinen blassen Schimmer, was Katinka meinte. »Beruhige dich erst mal«, schlug er sanft vor.
Aber Katinka hatte absolut nicht vor, diesem Ratschlag zu folgen: »Jetzt hast du mein Vertrauen ein für allemal verspielt! Mein Job und alles, was damit zu tun hat, ist ab sofort tabu für dich!«, wetterte sie weiter.
Paul konnte trotz des anhaltenden Frontalangriffs auf ihn zumindest ein klein wenig aufatmen, wusste er nun immerhin, dass es nichts Privates war, was seine Frau so auf die Palme brachte. »Wenn du auf meine Aktivitäten im Knoblauchsland anspielst...«, suchte er nach einem Ansatzpunkt.
Katinka unterbrach ihn scharf: »Hast du die aktuelle Ausgabe der Zeitung etwa noch nicht gesehen?«
»Welche Zeitung?« Paul tappte immer noch im Dunkeln.
»Na, die Zeitung!«
»Nein, ich stehe gerade erst auf und war noch nicht beim Bäcker, um mir eine zu holen.«
»Schön, dann lass dir vorlesen, was dieses Schmierblatt heute als Schlagzeile auf der ersten Seite bringt!« Katinka holte tief Luft, bevor sie zu zitieren begann: »Nach dem Tod von Gemüse-Mädchen Frieda: Brutaler Sex-Täter weiter auf freiem Fuß!«
»Was?«, fragte Paul. »Wie kommen die auf Sextäter?«
»Es wird noch besser«, kündigte Katinka an und las weiter: »Nach dem gewaltsamen Tod der lebenslustigen, hübschen Schülerin Frieda B. (19) ist die Polizei inzwischen auf erste vielversprechende Spuren gestoßen: Wie aus gut informierten Kreisen bekannt wurde, fanden sich am Tatort Textilfasern sowie Abdrücke von Fahrradreifen. Stammen diese Spuren von dem heimtückischen Sextäter, der Frieda auf einem Feldweg abgepasst und sie in ein Feld gestoßen hat? Die Ermittler gehen davon aus, dass der Unbekannte während seiner Tat gestört wurde und geflüchtet ist. Es ist damit zu rechnen, dass der Mann nach weiteren Opfern Ausschau hält.«
»Das gibt es doch nicht!«, platzte es aus Paul heraus. »Was für ein Unsinn!«
»Ja«, sagte Katinka mit eiskalter Stimme. »Dieser Unsinn entspricht aber zufälligerweise fast wörtlich unserem letzten, vertraulichen Gespräch über diese Angelegenheit. Da der Autor dieses Pamphlets niemand anderes als Victor Blohfeld ist, liegt der Verdacht nahe, dass du deinem Kumpel alles brühwarm weitergeben hast.«
»Ich ...? Nein, ich habe überhaupt nicht...« Paul stotterte, aber nicht aus Verlegenheit, sondern weil
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