Paul Flemming 07 - Die Paten vom Knoblauchsland
aufgeben soll.« Er kratzte sich im Nacken. »Stellt sich die Frage, warum er so erpicht darauf ist. Will er seinen Sohn aus der Schusslinie holen, damit er nicht länger euren Fragen ausgesetzt ist? Oder soll das Ganze eher seinem eigenen Schutz dienen? Und wenn ja, Schutz vor wem?«
Jasmins Augenlider begannen zu flattern, als sie sagte: »Du tastest dich gerade an die weit und breit einzige feine Spur heran, die wir für vielversprechend halten. Aber darüber darf ich nicht sprechen.«
»Jasmin, ich bin doch kein Außenstehender. Ich stecke mitten drin in der Sache. Vergiss nicht, dass Frieda mit mir verabredet und ich als Zweiter am Tatort war. Du kannst mich jetzt nicht einfach außen vor lassen.«
»Muss ich aber«, sagte Jasmin. »Meine Lippen sind versiegelt.«
Paul hob den Arm und zeigte um sich. »Alles, was hier gesprochen wird, bleibt in diesen vier Wänden. Du kannst mir vertrauen, Jasmin.« Er steckte seine ganze Überzeugungskraft in den tiefgründigen Blick seiner braunen Augen.
Jasmin atmete tief durch. »Du Quälgeist«, meinte sie schließlich. »Aber wehe, du plauderst das aus, dann komme ich in Teufels Küche, und dich nehme ich gleich mit!« Abermals holte sie Luft und berichtete leise und sachlich: »Frieda war kein gänzlich unbeschriebenes Blatt. Sie muss zumindest zeitweise in schlechten Kreisen verkehrt haben. Wahrscheinlich in der Drogenszene. Von Partydrogen wie Ecstasy ist die Rede.«
»Wer hat dir das gesteckt?«, fragte Paul.
»Tobias Bruns. Wir haben ihn uns zur Brust genommen, und zwar ohne dass sein Vater daneben saß und ihn mit strengen Blicken einschüchtern konnte. Wir haben ihn gefragt, vor wem oder was sein Vater ihn schützen wollte. Tobias spielte zunächst den Ahnungslosen, aber dann merkte er, dass wir sehr hartnäckig sein können. Am Ende rückte er mit der Drogengeschichte heraus. Tobias glaubt, sein Vater habe Angst davor, dass er in das gleiche Milieu abgleitet.«
»Puh«, machte Paul. »Das ist allerdings eine wichtige neue Erkenntnis. Gehst du davon aus, dass der Täter in Dealerkreisen zu suchen ist?«
Jasmin grinste ihn frech an: »Mein lieber Paul«, sagte sie spitzbübisch, »meinst du nicht, du hast mich für heute genug ausgequetscht? Denn eigentlich bin ich ja hergekommen, damit du mir Trost spendest und mich für meinen anstrengenden Chef bemitleidest. Stattdessen nutzt du einfach nur meine vorübergehende Schwäche schamlos aus, um deine Neugierde zu befriedigen.«
»Ist nicht dein Emst, oder? Du wolltest dich ausgerechnet bei mir ausheulen?«, stellte Paul die Motivation ihres Besuchs in Zweifel.
Jasmin kam ihm näher und sagte mit entwaffnender Ehrlichkeit: »Mit wem sollte ich denn sonst über den Frust im Job quatschen? Von meinen Freundinnen sind die meisten auch Bullen, bei denen will ich mir nicht den Mund verbrennen. Und einen Mann gibt es - wie du weißt - momentan nicht in meinem Leben.« Sie seufzte übertrieben. »Ich vermisse die Zeit, in der wir beide ab und zu wenigstens mal ein Bier trinken gegangen sind. Langsam gewinne ich den Eindruck, dass du einen weiten Bogen um mich schlägst, seit du deiner Kati das Ja- Wort gegeben hast.«
Sie hatte kaum ausgesprochen, als es an der Tür klingelte.
»Upps«, meinte Jasmin. »Ist das etwa sie?«
Paul nickte. »Ich gehe davon aus.«
Jasmin sah sich um und fragte: »Soll ich mich im Kleiderschrank verstecken?«
»Sei nicht albern«, lachte er.
8
Eine geschlagene Stunde hatte Paul gebraucht, um Katinkas Zorn - der durch Jasmins Anwesenheit nicht gerade gemildert worden war - zu besänftigen, sie davon zu überzeugen, dass er nicht als Blohfelds Quelle fungiert hatte, und sich wieder mit ihr zu versöhnen. Als sie gegen Mittag zurück ins Gericht fuhr, war er viel zu erschlagen, um sich eine angemessene Zeit lang an seinen Computer zu setzen und Fotos zu bearbeiten. Lediglich die Bilder von Miss Radieschen überspielte er von der Speicherkarte auf den Rechner und bearbeitete sie oberflächlich. Doch die Lust verließ ihn, sobald die Außenaufnahmen, die er beim Warten auf Frieda angeschlossen hatte, auf seinem Bildschirm erschienen: Zwar kam das Modell vor dem kontrastreichen Holzstoß gut herüber, doch der Hintergrund war stark verbesserungswürdig. Denn ein Hochspannungsmast stand mitten in einem der Knoblauchsländer Äcker und zerschnitt die Bildsymmetrie. Paul machte sich daran, den Mast zu retuschieren, als ihm ein weiterer Schönheitsfehler auffiel: Ein Radfahrer mit
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