Paul Flemming 07 - Die Paten vom Knoblauchsland
trübsinniger Arbeit am Schreibtisch verband, aber trotz größter Unlust ebenfalls als erledigt abhaken konnte. Am Dienstag hatten sich außerdem die Ermittlungen auf Wilhelm Bruns fokussiert. Katinka hatte Pauls Hinweis sehr ernst genommen und in Hauptkommissar Schnelleisen nach anfänglichem Zaudern einen willigen Vollstrecker gefunden. Dem schroffen Kripomann schien es gelungen zu sein, Bruns aus der Reserve zu locken. Wie Paul später von Katinka erfuhr, hatte sich Bruns während Schnelleisens Verhör in eklatante Widersprüche verstrickt und dadurch vieles preisgegeben, wenn er auch am Ende eine ablehnende, fast aggressive Haltung gegenüber Schnelleisen angenommen hatte. Für Katinka reichten die neuen Erkenntnisse aus, um in Bruns den neuen Verdächtigen Nummer eins zu sehen. Ihre zugehörige Theorie klang in Pauls Ohren durchaus schlüssig: Demnach hatte Bruns seiner Frau den Seitensprung niemals verziehen, sie durch Psychodruck in den Selbstmord getrieben und die uneheliche Frieda nur deshalb nicht verstoßen, damit die Dorfgemeinschaft nicht erfuhr, dass ihm Hörner aufgesetzt worden waren. Als Frieda dann jedoch selbst schwanger wurde und Bruns mangels Vater auch für dieses Kind hätte aufkommen müssen, riss bei ihm der Geduldsfaden. Wahrscheinlich, so meinte Katinka, hatte er Frieda auf dem Weg zu Pauls Fotoshooting abgepasst und sie zur Rede gestellt, wobei es zum Streit mit tödlichem Ausgang gekommen war. Paul erinnerte sich noch beinahe Wort für Wort an die Diskussion, die er darüber mit Katinka geführt hatte, und wie sehr sie vor ihren eigenen Leuten für ihre These hatte kämpfen müssen. Denn es blieben Zweifel:
»Der Richter wollte mich abblitzen lassen. Alles sei wieder mal bloße Spekulation. Auf der Basis, dass Frieda nicht Bruns’ leibliches Kind war, könne er noch lange keinen Haftbefehl ausstellen. Nichts deute darauf hin, dass Bruns an Friedas Tod beteiligt war«, erklärte sie ihm aufgelöst.
»Wie hast du ihn dann doch noch überzeugen können?«, fragte Paul.
»Ich habe die Frage ins Spiel gebracht, ob Bruns nicht auch Friedas Mutter in den Tod getrieben hat und sich notfalls daraus etwas machen ließe.«
»Darauf hat er angebissen?«
»Nicht sofort. Aber du kennst mich ja: Ich kann sehr beharrlich sein. Ich habe darauf hingewiesen, dass Bruns möglicherweise weiterhin eine Gefahr darstellt und es noch mehr Opfer geben könnte. Letztendlich habe ich meinen Haftbefehl bekommen, allerdings mit Auflagen: Wir müssen schleunigst mindestens ein deutliches Indiz, Spuren an der Leiche und nach Möglichkeit Zeugenaussagen auftreiben, die Bruns belasten. Andernfalls ist er in ein paar Tagen wieder auf freiem Fuß.«
Für den Mittwoch hatte Paul sich den letzten noch offenen Fototermin für den Kalender eingetragen, Miss Sellerie im klassischen Landfrauenlook. Bei dieser Gelegenheit wollte er endlich Deuerleins Foto-CD abgeben, die immer noch bei ihm herumlag. Teil eins seiner Tagesaufgabe konnte Paul abschließen, dagegen traf er Deuerlein nicht persönlich an und blieb abermals auf seinen Bildern - und der Rechnung - sitzen. Am Mittwoch fanden weitere Verhöre mit Bruns statt, nun schon hinter Schloss und Riegel in Untersuchungshaft. Katinka hatte beim gemeinsamen Abendessen einige Details herausgelassen und gab sich zuversichtlich, den Fall sehr bald abschließen zu können. Zwar hatte Schnelleisen noch immer keinen Zeugen aufgetrieben, doch Katinka zeigte sich optimistisch, den »sturköpfigen Bauern« doch noch weichzukochen und zu einem Geständnis zu bewegen.
Für den heutigen Donnerstag hatte er sich das Stichwort »Bücherregal« notiert, also das Ausräumen, Aussortieren und Verpacken der Romane, Bildbände, Fachbücher und sonstigen Schmöker, die in seinem Atelier neben- und übereinander wandhoch gestapelt waren. Erstaunlicherweise bewältigte Paul diese Herkulesaufgabe in weniger als vier Stunden, sodass der halbe Tag noch ungenutzt vor ihm lag. Es blieb ihm genügend Zeit, um eine weitere Aufgabe anzugehen.
Mit Blick auf seine To-do-Liste schnappte er sich das Kuvert mit Deuerleins Foto-CD, um sein Glück ein weiteres Mal zu versuchen. Wenn der Großbauer trotz des Marktstand-Debakels mit Pauls Bildern zufrieden war, konnte er vielleicht sogar einen Folgeauftrag herausholen.
Kaum aus der Tür, hörte Paul das Telefon klingeln. Also sperrte er wieder auf, rannte zur Ladestation vorm Atelierfenster und nannte atemlos seinen Namen.
»Hey, Paul, habe ich dich bei
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