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Paul sucht eine Frau

Paul sucht eine Frau

Titel: Paul sucht eine Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Morawek
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schlagen sich auch irgendwie durch. Vielleicht, weil sie zu stolz sind zuzugeben, dass sie Hilfe bräuchten.
    Auch beim Anziehen der Stützstrümpfe hilft Lara ihm. Nun, das ist tatsächlich hilfreich. Obgleich es sowohl Paul sowie Lara peinlich ist.
    »Wozu soll das eigentlich gut sein?«
    »Sonst schwellen die Beine an.«
    »Ach, was.«
    Lara bringt wirklich überhaupt keine Erfahrung in der Betreuung von Menschen mit Behinderungen mit. Aber das ist nicht schlimm. Dafür macht sie nur die Arbeiten, um die Paul sie bittet. Auf die Idee, ihm beim Kathetern oder beim Abführen helfen zu wollen, kommt sie zum Glück nicht. Sie hat ihn bisher nicht einmal gefragt, wie er diese Aufgaben eigentlich bewältigt. Wahrscheinlich ist es ihr peinlich. Besser, wenn es so bleibt.
    Erst nach einer Woche bringt Lara zum ersten Mal ihre Kamera zur Arbeit mit. Sie installiert ein Stativ und filmt, wenn sie Paul das Essen reicht oder Paul sich mit seiner elektrischen Zahnbürste die Zähne putzt. Wenn das so bleibt, dann sind diese Filmaufnahme nur halb so wild, wie er befürchtet hat.
    »Weißt du was«, sagt Nico, als dieser ein paar Tage später mit Paul telefoniert. »Ich freue mich für dich.«
    »Wieso denn?«
    »Na, das läuft doch super an.«
    »Wie meinst du das? Die Alte braucht mich nur als Super-Krüppel für ihre Märchenstunde.«
    »Freu dich, dass du mal im Mittelpunkt stehst.«
    »Ich wollte dich eigentlich was anderes fragen«, sagt Paul.
    Der ambulante Dienst hat alle seine Anfragen, ob es neue Bewerberinnen gibt, die sich bei ihm vorstellen könnten, abgeblockt. Frau Müller hat ihm versichert, dass es in den letzten zwei Wochen keine neuen Bewerbungen bei ihnen gab. Das sei auch nicht ungewöhnlich zu dieser Jahreszeit, wo der Herbst so weit fortgeschritten sei und all die jungen und hübschen Studentinnen, die jedes Jahr nach Heidelberg kommen bereits anderswo einen Nebenjob gefunden haben. Aber nächstes Jahr im Spätsommer, wenn die neuen Studenten kommen, da steigen die Bewerbungen erfahrungsgemäß sprunghaft an. »Nächstes Jahr!«, hat Paul gesagt. »Im Spätsommer!«
    »Oder Sie suchen sich selbst eine Assistentin. Es liegt ganz bei Ihnen.«
    Jetzt nimmt Paul all seinen Mut zusammen. »Nico, vielleicht kannst du mit mir auf die Piste gehen und ein paar Mädels ansprechen. Irgendeine wird bestimmt an einem Job interessiert sein.«
    »Komm mal wieder runter, Paul. Weißt du, was mir aufgefallen ist in den letzten Tagen?«
    »Nein.«
    »Sobald du mit Lara zusammen bist, verhältst du dich überhaupt nicht mehr wie ein Volltrottel.«
    Soll das ein Kompliment sein?
    »Das ist nur, weil wir lediglich ein Arbeitsverhältnis haben. Ich will halt nichts von ihr.«
    »Verleugnung!«
    »Wie meinst du das? Ich interessiere mich nicht für sie. So ist es halt. Da sind keine Schmetterlinge, die in meinem Bauch herumschwirren.«
    »Kommt noch«, sagt Nico.
    »Glaub ich nicht.«
    »Wart nur ab. Du bist mitten in der Verleugnungsphase. Aber keine Angst. Das ist alles Teil meines 4-Punkte-Geheimplans, um dich zu verkuppeln. Bisher läuft alles wie am Schnürchen.«
    »Und wärst du so nett, mir die anderen Punkte zu verraten? Ich würde mich gern auf weitere Anschläge deinerseits vorbereiten.«
    »Dann wäre es ja kein Geheimplan mehr.«
    Paul seufzt. Er hört ein Geräusch in der Telefonleitung, eine Tür, die aufgeht. Nico ruft: »Hey Jenny! Bringst du mir noch 'ne Zeitung?«
    Und Paul fragt: »Sag mal. Sitzt du gerade auf dem Klo?«
    »Das willst du nicht wissen, Alter.«
     
    * * *
     
    Eines Morgens kommt Lara ins Bad, als Paul gerade in seinem Duschstuhl sitzt. Nackt und nass.
    »Ich finde den Wäschekorb nicht. Hast du - Oh ...«
    Lara dreht sich sofort um. Paul wendet seinen Blick zur Seite. Keine Möglichkeit zur Flucht. Doch nach einem Moment der Stille fragt Lara: »Handtuch?«
    »Äh, ja«, sagt Paul. »Danke.«
     
    Als Paul später in der Unibibliothek sitzt, denkt er darüber nach, wie viele Frauen ihn eigentlich bisher nackt gesehen haben. Nicht viele, wenn man seine Mutter und die Krankenschwestern und Pflegerinnen in der Erst-Reha nicht mitzählt. Privat nackt gesehen hat ihn nur Lisa. Seine erste Freundin. Und auch die Einzige. Da war er neunzehn, es war noch vor seinem Unfall. Er lernte sie bei einem Konzert im Jugendtreff kennen und verliebte sich nicht sofort in sie. Das kam erst, nachdem er nach ein paar Wochen merkte, dass sie anders war als die anderen Leute, mit denen er seine Zeit verbrachte. Sie

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