Paul sucht eine Frau
und hält sie ihr unter die Nase.
»Kekse?«
»Äh – Danke.«
Zögerlich greift sie zu.
»Wollt ihr denn gar nichts über meine Qualifikationen wissen? Ich bin schon drei Jahre für Hilfe zum Leben aktiv und habe bei mehreren Rollstuhlfahrern gearbeitet.«
»Ja, äh ...«, sagt Paul, dem wieder einmal die Worte fehlen.
Nico springt für ihn ein. »In diesen drei Jahren – hat sich da auch mal was entwickelt? Also, zwischen dir – und einem Rollstuhlfahrer?«
»Wie meint ihr das?«
Sie wirkt jetzt etwas angespannt.
»Na ja, du weißt schon. Wenn man die ganze Zeit zusammenarbeitet ...«
»Nein, äh – ich weiß nicht, was ihr meint.«
»Na, so körperlich gesehen ...«
»Wie bitte!«
»Oder würdest du gerne mal eine körperliche Beziehung mit einem Rollstuhlfahrer haben?«
»Äh, er meint nicht sich«, stammelt Paul. »Also, äh, auch nicht mich ... natürlich nicht ...«
»Außer natürlich, wenn du Lust hättest, ihm körperlich näher zu kommen.«
»Äh ... alles ganz freiwillig ... Natürlich ...«
Sie verzieht ihr Gesicht.
»Und?«, fragt Nico.
»Ihr seid ja voll krank!«
Die Bewerberin steht auf und rennt aus dem Raum.
»Toll gemacht!«, sagt Paul.
»Was denn?«, sagt Nico. »Ich dachte, wir klären das lieber sofort. Nicht, dass sie frigide ist oder so. Was ja anscheinend der Fall ist.«
Als Paul und Nico zwei Stunden später die letzte Bewerberin im Flur verabschieden und hinter ihr die Tür zuschlagen, müssen beide tief durchatmen.
»Das war wohl nichts mit der Liebe auf den ersten Blick«, sagt Paul.
»Vielleicht bist du wirklich ein hoffnungsloser Fall.«
»Na, danke.«
»Aber ich weiß jetzt, was dein Problem ist.«
»Ach, ja?«
»Du bist zu wählerisch.«
»Bitte? Ich wählerisch?«
»Wer so verkopft ist wie du und sich so blöd aufführt ... Was war denn mit der Sportlichen?«
»Die hat doch von ihrer Freundin erzählt.«
»Irgendwo muss man anfangen mit den Abstrichen.«
Paul seufzt.
»Und diese Nette?«, fragt Nico.
»Nette?«
»Na ja, die vorletzte Bewerberin.«
»Ich bitte dich. Die war dreimal so schwer wie ich. Die würde mich doch erdrücken, wenn ich neben der im Bett liege.«
»Manchmal glaube ich, du willst dir gar nicht helfen lassen.«
In diesem Moment klingelt es.
Als Paul die Tür öffnet, steht eine junge Frau im Gang. Mitte zwanzig. Schlank und sportlich gekleidet. Braune lange Haare zum Pferdeschwanz zusammengebunden. Hübsch. Aber irgendetwas stimmt nicht mit ihr. Paul braucht einen Moment, bis er dahinterkommt, was es ist. Sie schaut über ihn hinweg.
Ihr Blick sucht die Person, die die Tür geöffnet hat. Entdeckt aber niemanden außer Nico, der soweit im Flur steht, dass er es nicht gewesen sein kann. Es dauert einige Sekunden, dann erst senkt sie ihren Blick und scheint etwas verwirrt, als sie Paul endlich erblickt. Was denkt sie denn, wer die Tür aufgemacht hat? Zwerg Nase?
»Sorry. Ich bin zu spät«, sagt sie. »Ich hab mich erst in der Uhrzeit vertan. Und dann hab ich die Straße nicht gefunden und – na ja.«
Sie streckt ihm die Hand zur Begrüßung hin.
»Ja, und wer bist du?«, fragt Paul.
»Lara. Ich hatte den Termin um halb drei.«
Lara? Stimmt. Auf der Liste stand eine Lara. Im Eifer des Gefechts war es Paul nicht aufgefallen, dass sie eine Bewerberin übersprungen haben.
Er will ihre ausgestreckte Hand ergreifen, doch hinter sich hört er, wie Nico sich räuspert. Schnell bringt Paul seine Finger in die schlaffe Haltung, die sein Freund ihm antrainiert hat.
Was dann passiert, kann Paul nicht fassen. Als Lara seine gebogenen Finger sieht, zieht sie ihre Hand weg und weicht einen Schritt zurück. Dabei verzieht sie das Gesicht.
»Upps«, sagt sie. »Sorry.«
Sorry für was? Dafür, dass sie ihn wie einen Krüppel behandelt?
Lara klopft Paul auf die Schulter.
»Ihr beide seid echt arm dran«, sagt sie. »Es muss hart sein, den ganzen Tag im Rollstuhl zu sitzen.«
»Genau«, sagt Nico, der nun ein Stück vorrollt und neben Paul zum Stehen kommt. »Deswegen sucht er ja auch nach dir. Also – als Assistenz natürlich.«
Nico lächelt breit. Er dreht sich zu Paul und zwinkert ihm zu.
Doch Paul sagt zu Lara: »Aber die Hand schütteln kannst du uns trotzdem.«
Sie nehmen in der Küche platz. Wie schon zuvor bei den anderen Bewerberinnen sitzt Lara den beiden gegenüber.
»So, Jungs. Was wollt ihr wissen?«
»Hast du das schon mal gemacht? Persönliche Assistenz?«, fragt Paul.
Ein bisschen wundert er sich
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