Paula geht
ließ die eine Hand im Wasser gleiten. Es dämmerte, die Frösche quakten ein wenig gelangweilt und die Blesshühner schnatterten schon ganz schläfrig. Nirgendwo auf der Welt hätte es gerade friedlicher sein können. Sven schien das auch zu merken. Er zog die Ruder hoch und ließ das Boot treiben.
Sie sahen den Mückenschwärmen zu, die wie betrunken über dem Wasser taumelten. Und sie sahen sich an. Paula war richtig süchtig danach, Sven in die Augen zu schauen. Auch das war eine neue Erfahrung, im Blick des anderen zu versinken, sich zu spiegeln und sich zu verlieren. Sven beendete die Stille und holte eine Angel unter dem Sitz hervor. Er piekste irgendetwas Zappelndes auf den Haken und warf ihn mit gekonntem Schwung aufs Wasser. „Hast du etwa keinen Hunger?“ Er lachte zu Paula hinüber.
Aber Paula konnte er nicht drankriegen. Schon längst hatte sie den Picknickkorb unter der Bank erspäht und wusste, dass sie keinen rohen Fisch essen musste. Aber sie ging darauf ein. „Doch, hast du denn auch ein Messer dabei? Und schmeckt das denn so roh?“
„Magst du Sushi?“
„Weiß nicht, habe mich bisher immer davor gedrückt.“
„Du wirst es mögen, das verspreche ich dir.“
„Wie alles, was von dir kommt.“ Sie beugte sich hinüber, um ihm einen Kuss zu geben, und brachte das Boot in eine gefährliche Schieflage.
„Hilfe, mach langsam. Hier ist es zwar nicht tief, aber schlammig, und es wäre schade um das leckere Essen.“
Damit hatte er sich nun verraten und ließ die Angel Angel sein, um zwischen ihnen die köstlichsten Dinge auszubreiten.
„Weißt du noch – unser Picknick am Meer?“, erinnerte er sie. „Ich war schon damals schon so verliebt, dass ich dich die zwei Stunden, die du geschlafen hast, ununterbrochen ansehen musste.“
„Warum hast du denn nie was gesagt?“
„Nun, erstens dachte ich, es wird noch was mit dir und Ralf, und dem wollte ich nicht im Weg stehen.“
„Wie außerordentlich rücksichtsvoll von dir.“ Huch, so ironisch sollte es gar nicht klingen. Prompt warf er ihr einen fragenden Blick zu. „Ja, ich bin nun mal kein Platzhirsch, der um das Weibchen kämpft, tut mir leid.“
Paula schaute ihn nachdenklich an. „Und ich habe mich immer gefragt, warum es keine Frau in deinem Leben gibt, wo du doch so ein netter Kerl bist, dem die Mädels zu Füßen liegen müssten.“
„So, jetzt weißt du‘s. Aber greif zu, sonst wird’s kalt. Und einen schönen Gruß auch von meiner Schwester.“ Diesmal gab‘s kein Tiramisu, sondern Mousse au Chocolat.
„Danke, Carmen möchte ich jetzt aber auch endlich mal kennenlernen.“
„Ja, klar, sie dich auch.“
„Sag mal“, fing Paula an, denn diese Frage ließ ihr wirklich keine Ruhe, „auch wenn sich das alles so gut anfühlt zwischen uns, frage ich mich doch, ob ich nicht zu alt bin für dich. Oder anders herum würde ich dir eigentlich eine jüngere Frau wünschen, mit der du noch eine richtige Familie gründen kannst.“
Sofort merkte sie daran, wie sich sein Körper verspannte, dass sie mal wieder einen wunden Punkt getroffen hatte. „Ich habe schon eine Familie“, brummte er, dann sah er sie herausfordernd an. „Hast du ein Problem damit, dass ich so viel jünger bin als du?“
Paula schüttelte den Kopf. „Ich habe den Eindruck, dass du oft sogar reifer bist als ich. Ich kann mit dir über alles reden. Du bist ein rundum zuverlässiger und verantwortungsvoller Mensch, so wie ich dich kennengelernt habe, also warum sollte ich?“
„Also gut, ich habe auch kein Problem damit, dass du deutlich älter bist. Ich find dich klasse, man kann mit dir lachen, du bist lockerer als viele in meinem Alter und du bist wahnsinnig attraktiv.“
Damit schien das große Thema überraschend schnell vom Tisch zu sein und sie picknickten in stillem Einvernehmen. Dennoch fühlte Paula wieder diese altbekannte Spannung. Wann würde er ihr wohl endlich so weit vertrauen, dass er sich nicht nur in kurzen Momenten, sondern auch im Alltag öffnete?
Es wurde schon dunkel, als Sven den Picknickkorb wieder einpackte und eine Decke unter der Bank hervorzog. Die Angel war inzwischen wieder eingeholt. Die Fische schliefen wohl schon oder hatten heute keine Lust auf Abendbrot oder darauf, welches zu werden.
Mit einem Glitzern in den Augen zog er sie nach unten. Paula ächzte. „Du machst Sachen mit mir. Ich bin doch keine vierzehn mehr.“
Mit viel Geschaukel und Gelächter machten sie es sich auf der alten, ein wenig muffigen
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