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Paula geht

Paula geht

Titel: Paula geht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Nohl
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Decke bequem, die Sven auf dem Boden des Bootes ausgebreitet hatte. Und während die ersten Sterne erschienen und die Frösche lauter wurden, liebten sie sich. Paula dachte manchmal, das Boot würde gleich kentern, aber irgendwie schafften sie es, die Balance zu halten.
     
    Mit den neuen, seriösen Klamotten und ihrer Kriegsbemalung fühlte sich Paula gerüstet für ihren neuen Job oder zumindest die Begegnung mit der Bürgermeistersgattin. Doch die blieb diesmal verschwunden. Der Herr Bürgermeister persönlich öffnete ihr und begrüßte sie herzlich. „Tut mir leid, dass Sie so lange auf unsere Antwort warten mussten. Meine Frau ist da sehr sorgfältig in der Auswahl des Personals – und sie hat ja recht. Gerade bei älteren und eher hilflosen Menschen muss man ja schauen, mit wem sie es zu tun bekommen, finden Sie nicht?“
    Paula nickte. Er war nicht unsympathisch. Sein faltenfreies Hemd spannte über dem Bauch, sie mochte sein Aftershave und er hatte ein gewinnendes Lächeln, bei dem er eher wie ein zu groß geratener Vierzehnjähriger wirkte. Er ging durch zwei Türen voran.
    „Dann darf ich Sie mit meiner Mutter bekanntmachen.“
     „Mutter, das ist Frau Sommer, sie wird voraussichtlich deine Pflegerin.“
    „Frau Sommer, das ist meine Mutter, Ottilie Reichenstein.“
    Paulas Herz flog sofort der Dame zu, die auf der Bettkante saß und sich offensichtlich mit Mühe für den Besuch zurechtgemacht hatte. Der Augenbrauenstift war ein wenig verrutscht, so dass ihr Gesicht einen fragenden Ausdruck hatte. Kleine wasserblaue Augen suchten Paulas Blick und sogleich streckte sie ihr eine zierliche, blasse Hand voller Altersflecken entgegen. „Setzen Sie sich zu mir, meine Liebe. Mein Sohn hat mir schon viel von Ihnen erzählt.“
    Paula zog sich einen Stuhl heran.
    „Ich lasse euch jetzt mal allein, dann könnt ihr euch beschnuppern. Möchten Sie einen Kaffee, Frau Sommer? Meine Mutter hat ihren schon gehabt, so spät verträgt sie leider keinen mehr.“
    „Ihr gebt mir keinen mehr, damit ihr mich früher ins Bett packen könnt, das ist die Wahrheit, lieber Martin!“
    „Ja, Mutter, wir tun unser Bestes, damit du immer deinen Schönheitsschlaf bekommst.“
    Na, dachte Paula, zumindest die beiden scheinen sich zu verstehen. Sie mochte die Art, wie sie miteinander umgingen. Was wohl die Rolle der Schwiegertochter dabei war?
    Dann wandte sie sich Frau Reichenstein zu. „Möchten Sie mich erst einmal ausfragen oder wollen Sie mir etwas über sich erzählen?“
    „Ach, natürlich Ersteres. Sie müssen wissen, ich bin von Natur aus neugierig und ich habe nicht mehr so viel Zeit, da muss ich mich ranhalten.“ Sie hustete und dabei wurde der ganze magere Körper erschüttert. „Also, wo kommen Sie her? Was hat Sie ausgerechnet in unser Dorf am Ende der Welt verschlagen?“
    Paula erzählte freimütig von ihrer Zeit in Frankfurt und wie sie sich immer wieder nach einem anderen Leben gesehnt, aber nie den Mut aufgebracht hatte, alles hinzuwerfen. Die alte Dame war eine gute Zuhörerin. Zwischendrin bat sie Paula, dass sie ihr half, sich hinzulegen. Paula zog ihr die elegant-antiken Riemensandaletten aus, die sie vermutlich schon lange nicht mehr getragen hatte, denn sie waren mindestens zwei Nummern zu groß. Dann deckte sie sie zu.
    „Ich muss nur ein wenig die Augen schließen, aber erzählen Sie ruhig weiter, ich höre Ihnen zu.“
    Nach wenigen Minuten war sie fest eingeschlafen und Paula betrachtete sie. Früher mochte sie einmal schön gewesen sein. Ihre hohen Wangenknochen und die kräftige Nase verliehen ihr ein aristokratisches Aussehen. Auch ihr silbriges Haar war noch füllig und gut frisiert. Was war das Leben doch grausam, wenn sie daran dachte, dass diese Dame vielleicht nur noch wenige Monate zu leben hatte. Aber die selbst ging damit anscheinend bewusst und humorvoll um.
    Vielleicht hatte sie ihre professionelle Distanz verloren in den letzten Monaten, in denen sie so viele andere Menschen kennengelernt und sich völlig von der Routine im Umgang mit kranken Menschen entfernt hatte. Anders konnte sie es sich nicht erklären, dass die kleine Frau, die fast so bleich war wie ihr Betttuch, sie so anrührte.
    Vorsichtig strich sie ihr über die warme kleine Hand und verließ den Raum. Den Kaffee ließ sie stehen. Sie hatte gar nicht gemerkt, wie ihn jemand auf das Tischchen hinter ihrem Rücken gestellt hatte.
    Als sie unsicher im Flur stand und nicht wusste, durch welche der vielen Türen sie

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