Paula geht
gekommen war, öffnete die Frau des Bürgermeisters gerade die Küchentür und erstarrte kurz auf der Türschwelle. Paula trat auf sie zu und gab ihr betont höflich die Hand. Sie nickte kurz und forderte Paula auf, ihr ins Wohnzimmer zu folgen. Dort klappte der Bürgermeister einen Ordner zu, als sie eintrat, und bat sie, sich zu setzen. „Und, was halten Sie von ihr?“
„Ich denke, wir werden gut miteinander auskommen.“
„Nun, sie hat schon ihren eigenen Kopf und überschätzt bisweilen ihre Kräfte.“
„Das ist doch besser, als wenn sie sich gar nichts mehr zutrauen oder vornehmen würde.“
Er nickte langsam. „Da mögen Sie recht haben. So lange sie noch etwas will, hat sie sich nicht aufgegeben.“ Er rieb sich die Schläfen und sie konnte jetzt schon seine tiefe Trauer erahnen.
Dann setzte er sich aufrechter hin. „Nun, können wir über die Formalitäten reden?“
„Aber gern. Welches Arbeitszeitmodell haben Sie sich denn gedacht?“
„Nun, bisher benötigen wir zum Glück nur jemand für tagsüber. Da meine Mutter noch selbst auf die Toilette gehen kann und nachts noch ganz gut schläft, übernehmen meine Frau und ich den Nachtdienst. Für meine Frau wird die Belastung tagsüber aber langsam zu groß. Sie hat sich die letzten Monate wirklich stark eingesetzt, aber langsam geht es über ihre Kräfte.“ Er nickte seiner Frau dankbar zu, die wie unbeteiligt mit der Fernsehzeitschrift hantierte, und Paula sah ungläubig, dass sie errötete.
„Und wir wissen, dass sich der Gesundheitszustand meiner Mutter jederzeit ändern kann, damit müssen wir rechnen. Er hat sich bereits in den letzten Wochen rapide verschlechtert. Sie schläft die meiste Zeit des Tages und wird einfach immer schwächer.“
„Nun, vermutlich haben Sie gehört, dass ich in etwa zwei Monaten meine Praxis eröffnen möchte.“
Er nickte freundlich. „Ja, das unterstütze ich sehr. Leider haben wir keinen Arzt mehr vor Ort und der liebe Herr Rossnagel ist auch nicht gerade sehr umgänglich, wenn er sich denn zu uns verirrt.“ Er lachte gutmütig.
„Ich werde keinen Arzt ersetzen können. Ich arbeite hauptsächlich homöopathisch. Aber wir müssen sehen, ob ich auch eine erste ambulante Versorgung in dringenden Fällen übernehmen kann.“
Er nickte zustimmend. „Nun, wir haben uns schon gedacht, dass Sie nicht die einzige Pflegekraft bleiben werden. Aber wir möchten Sie als Hauptansprechpartnerin, damit Sie die medizinische Kontrolle und Einstellung zusammen mit besagtem Arzt übernehmen und die anderen Pflegekräfte koordinieren.“
„Und wo kommen die anderen her und wann?“
„Wir stehen in Kontakt mit einem Anbieter von osteuropäischen Pflegekräften. Voraussichtlich wird in der nächsten Woche eine Dame bei uns eintreffen, die dann auch im Gästezimmer wohnen wird. Von Ihnen hoffen wir, dass Sie zwischen zwei und drei Tagschichten übernehmen können und, soweit es geht, vielleicht auch ein wenig Gesellschafterin für meine Mutter sein können, sie ein wenig spazieren fahren, ihr vorlesen und so weiter. Ich weiß, dass das ein ungewöhnliches Anliegen für eine gelernte Krankenschwester ist, aber wäre das möglich?“
Paula freute sich. Sie konnte sich gut vorstellen, mit der alten Dame noch den ein oder anderen schönen Moment zu erleben. „Ja, das würde ich wirklich gerne machen, und auch die Pflegekoordination traue ich mir zu. Vielleicht ist es auch nicht schlecht, auf diesem Weg mit Herrn Rossnagel zusammenzuarbeiten, dann verliert er möglicherweise seine Berührungsängste, also tun Sie mir auf andere Weise einen Gefallen.“ Vom dringend benötigten Kleingeld ganz zu schweigen, dachte sie noch.
Nachdem sie sich erstaunlich schnell über ihren Stundenlohn geeinigt hatten, seufzte Herr Reichenstein erleichtert. „Gut, dann wäre das geklärt. Besprechen Sie bitte mit meiner Frau die Zeiten und wann Sie anfangen können. Paula blickte zu Frau Reichenstein. Es kam ihr vor, als würde sie gleich mit ihr in den Ring steigen. Wäre es Ihnen recht, wenn ich meinen Steuerberater frage, was in Ihrem Fall geeigneter wäre, eine freiberufliche Tätigkeit oder ein Angestelltenverhältnis?“
„Das ist sehr freundlich von Ihnen. In der Tat kenne ich mich bei solchen Dingen überhaupt nicht aus. Eine private Krankenversicherung besteht und in den nächsten Wochen werde ich auch eine Berufshaftpflichtversicherung abschließen, das können Sie Ihrem Steuerberater bitte dazu sagen.“
Er wischte sich die
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