Paula Kussmaul laesst nicht locker
»Ja« und »Klar« und »Sowieso«. Solange Linus nicht eingeschlafen war, konnten Enno und sie ja nicht einmal miteinander flüstern.
Jenny ging ins Bad und kam heraus und Linus war immer noch auf der Flucht vor der Kommissarin Paula. Katja ging ins Bad und kam heraus – und stritt sich im Flur mal wieder mit Jenny, die im Badezimmer zu viel herumgespritzt hatte. Ein Wort gab das andere und Paula schämte sich ein bisschen für ihre Geschwister. Wie Enno das wohl alles empfand? Er hatte ja keine Geschwister.
Irgendwann war dann endlich Ruhe im Flur und auch Linus atmete ganz gleichmäßig.
»Linnie!«, flüsterte Paula.
Keine Antwort.
»Linnie!«, rief sie etwas lauter.
Wieder keine Antwort.
Da stieg Paula aus dem Bett und öffnete ganz sachte die Tür zum Flur.
Alles war still.
Sie schlich zu Katjas und Jennys Zimmer, drückte vorsichtig die Klinke herunter und lauschte erneut.
Nichts war zu hören außer dem gleichmäßigen Atmen von Katja und Jenny.
Leise schloss Paula die Tür, schlich zu ihrem Bett zurück und kniete sich daneben hin. »Komm!«, hauchte sie.
Unter ihrem Bett rührte sich nichts. War Enno eingeschlafen? Oder hatte er sich inzwischen in die Hosen gemacht und traute sich nicht heraus? Sehen konnte sie ja nichts, dazu war es viel zu finster im Zimmer.
»Komm!«, hauchte sie ein bisschen lauter und streckte die Hand aus, um Enno anzustoßen.
Da zuckte er zusammen, fuhr auf – und knallte mit dem Kopf gegen den Lattenrost. Und natürlich schrie er vor Schreck auf. »Aua!«
Sofort war Linus wach. »Paula? Paula! Hast du dir wehgetan?«
»Ja«, flüsterte sie. »Ich bin mit dem Kopf gegen die Wand gestoßen. Aber nun schlaf weiter.«
Eine Zeit lang war alles still. Sicher überlegte Linus, wie sie das denn bewerkstelligt haben konnte, im Schlaf so heftig mit dem Kopf gegen die Wand zu stoßen. Aber dann schlief er doch wieder ein.
»Komm!«, hauchte Paula ein drittes Mal.
Und nun war Enno wach, kam unter ihrem Bett hervorgekrochen und folgte ihr durch den Flur. Mit Linus' Taschenlampe – er hatte vor dem Schlafengehen noch die Batterien ausgewechselt – leuchtete sie zum Bad hin. »Da! Da kannst du auf die Toilette gehen.«
Enno verschwand hinein, und es dauerte endlos lange, bis er wieder herauskam. Jedenfalls erschien es Paula so. Leise schlich sie vor ihm her ins Wohnzimmer und leuchtete die Couch an, auf der auch eine Decke lag, mit der Enno sich zudecken konnte. »Hier«, flüsterte sie. »Hier kannst du schlafen.«
Er nickte nur still. Ihm war bestimmt unheimlich zumute in der so dunklen und fremden Wohnung.
»Leg dich schnell hin«, bat Paula. »Wer weiß, ob Linus nicht noch mal aufwacht.«
Er legte sich hin, und sie wollte schon wieder verschwinden, da flüsterte er plötzlich: »Hast du nicht einen Kaugummi?«
Enno und seine Kaugummis! Die würde er wohl nie vergessen.
»Jetzt kann ich dir keinen bringen«, flüsterte sie zurück. »Aber morgen früh lege ich dir einen unters Bett.«
Sie konnte doch nicht im Dunkeln Linus' Schrank nach Kaugummis absuchen. Und was, wenn Enno vor dem Einschlafen einen kaute und vergaß, ihn aus dem Mund zu nehmen? Dann erstickte er womöglich daran und sie war schuld! – Nein, morgen früh konnte er einen haben, als Ersatz fürs Zähneputzen; jetzt sollte er erst mal schlafen.
Vorsichtig klinkte Paula vom Flur aus die Wohnzimmertür zu und leise drehte sie den Schlüssel herum. Damit Enno ihr in der Nacht nicht doch noch entwischte.
Erst als sie schon wieder im Bett lag, fiel ihr ein, dass Enno ja vielleicht noch mal austreten musste und dann nicht aus dem Wohnzimmer kam. Sie schlich zurück und schloss die Tür wieder auf.
Als sie danach erneut im Bett lag, überlegte sie, was Herr und Frau Fühmann sagen würden, wenn Enno jetzt, da ihm alle Türen offen standen, doch noch verschwand. Wütend stand sie ein zweites Mal auf und schloss die Wohnzimmertür wieder zu. Enno konnte ja einhalten. Das hatte er bewiesen. Und sicher war sicher.
Prachtkinder
Natürlich schlief Paula in dieser Nacht sehr unruhig. Immer wieder schreckte sie auf und dachte an Enno auf der Couch im Wohnzimmer. So hörte sie auch die Mutter heimkommen – und bangte: Hoffentlich will sie nicht noch ins Wohnzimmer! Vielleicht ist sie ja heute gar nicht müde und will noch ein bisschen fernsehen. Oder sie wundert sich, weshalb wir ihr kein Würstchen übrig gelassen haben ...
Als dann die Mutter zuerst im Bad und danach in ihrem Zimmer verschwand und alles
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