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Pauschaltourist

Pauschaltourist

Titel: Pauschaltourist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Liehr
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brauchen glaubte.
     
    Als der Koffer umsortiert und die frischen Shirts dazugelegt waren, wusste ich nichts mit mir anzufangen. Es ging auf den
     Abend zu, und ich war versucht, Nina anzurufen, die mir richtig ans Herz gewachsen war, was, wenn man unsere Ausgangssituation
     betrachtete, einem kleinen Wunder gleichkam. Ich legte mich vor den Fernseher, der wie immer Dünnsinn absonderte, und ließ
     die vergangenen Wochen Revue passieren und schlief ein.

|291| 2.
    Der Taxifahrer war entweder auf Speed, ein kürzlich aus Afrika zurückgekehrter Missionar oder ehemaliger Moderator eines Provinzfernsehsenders.
     Er schwatzte in einem Tempo auf mich ein, das mir den Atem raubte, und während unserer fünfundzwanzigminütigen Fahrt streifte
     er dabei sämtliche Themen des Daseins, von Gott bis Klopapier. Ich spielte für ihn keine Rolle, obwohl er ständig den Kopf
     zu mir verdrehte und gleichzeitig das Taxi in Richtung Fahrbahnrand lenkte, was er aber so routiniert – weil vermutlich den
     ganzen Tag lang – tat, dass es nie gefährlich wurde. Trotzdem war ich auch bei diesem Menschen froh, als ich endlich sein
     Gefährt verlassen durfte.
    Dreieinhalb Stunden vor Abflug, dieses Mal Schönefeld. Nina wartete bereits, und sie schwitzte vor Angst. Die Rückreise aus
     Portugal hatte mich vor ernsthafte Probleme gestellt, da sich meine Kollegin weigerte, die Maschine zu betreten – augenscheinlich
     dieselbe, die uns auf dem Hinflug das Späßchen mit den Sauerstoffmasken beschert hatte. Sie war letztlich nur eingestiegen,
     weil es keine vernünftige Alternative gegeben hatte, und sie hatte ununterbrochen gewimmert, bis zur Landung, den Blick starr
     auf das kleine Kunststoffpaneel über sich gerichtet, aus dem eine Woche zuvor plötzlich die gelben Trichter gefallen waren.
     Während des Starts hatte sie meine rechte Hand so sehr gedrückt, dass ich um ihre weitere Funktionsfähigkeit fürchtete. Meine
     Versuche, Vernunft ins Spiel zu bringen, waren nur mit einem schizoiden Nicken quittiert worden.
    Doch das war nichts gegen ihren jetzigen Zustand. Während wir in einer sich mehrfach windenden Schlange anstanden, weil sämtliche
     Flüge des Anbieters an zwei Schaltern abgewickelt wurden, |292| versuchte sie, mir von ihrem gestrigen Besuch der ägyptischen Botschaft zu erzählen. Für die Mitnahme von Bimbo, der ständig
     rücksichtslos Koffer vor sich her tretenden Hirnis ausweichen musste, war das erforderlich gewesen. Aber sie brach den Bericht
     ab und verschwand in den geschlagenen fünfzig Minuten, die wir für die fünf Meter Luftlinie bis zum Counter benötigten, etwa
     zweihundert Mal, um draußen eine zu rauchen. Als wir endlich vor der müden und ebenfalls verschwitzten Dame standen, die uns
     abzufertigen hatte, überstieg der Nikotingehalt, den ihre Poren absonderten, jeden zulässigen Grenzwert.
    Mit dem deutlich über fünf Kilo schweren Hund mussten wir anschließend zur Sperrgepäckabgabe. Dort brach sie in Tränen aus.
    »Ich pack das nicht.«
    »Ich könnte ohne dich fliegen. Schließlich bin ich mit dem nächsten Beitrag dran.« Das schlug ich weniger als halbherzig vor,
     denn wir waren ein Team geworden.
    Glücklicherweise schüttelte sie ganz langsam den Kopf. »Weil es fünf sind,
müssen
wir diesen zusammen schreiben.« Nach dieser relativ klaren Aussage schoss ihr Blick wieder kreuz und quer durch die Halle.
     Sie zitterte am ganzen Leib.
    »Scheiße, Nina, es
kann
nichts passieren.«
    »Das ist prinzipiell richtig«, sagte die deutsche Synchronstimme von Bruce Willis. »Luftfahrzeuge sind die sichersten Massenverkehrsmittel
     überhaupt.« Aber neben uns stand nicht Manfred Lehmann, sondern ein Mann in Uniform. Er war vielleicht Mitte, Ende vierzig,
     hatte blitzblaue Augen, einen fast schon widerwärtig gesunden Teint und gelockte braune Haare. Vielleicht lag es an seinem
     Fliegeroutfit, aber selbst ich dachte:
Wow
.
    »Ich bin Michael Bautschik, und Sie?«
    »Nina Blume«, sagte sie und ergriff zu einem verblüfften Gesichtsausdruck die angebotene Hand. Ihr Interesse am Ich-will-nicht-einsteigen-Lamento
     schien schlagartig verschwunden.
    »Wohin geht die Reise?«
    |293| »Hurghada«, brachte ich ein, um nicht ganz außen vor zu bleiben.
    »Dann fliegen Sie mit mir. Ich bin Ihr Copilot. Und seien Sie versichert, mit mir ist noch keiner abgestürzt.«
    »Sonst stünden Sie nicht hier«, scherzte ich und biss mir gleich danach auf die Zunge – nicht nur, weil ich blödsinnigerweise
    

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