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Pauschaltourist

Pauschaltourist

Titel: Pauschaltourist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Liehr
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dauerte, fanden aber keine einzige Liege, die nicht
     mit einem bunten Handtuch bedeckt war, allerdings lag auf weniger als zwanzig Prozent der Tücher auch ein Mensch.
    »Drauf geschissen«, sagte Nina und nahm die unberührt aussehenden Lappen von zwei Liegen an exquisiter Position, rollte sie
     zusammen und legte sie auf eine andere Liege. Eine Dame in den Fünfzigern beobachtete uns und weckte dann ihren schlafenden
     Mann. Als ich mich gerade hingelegt hatte, stand der Typ vor mir. Ich musste blinzeln, um ihn anzusehen, denn sein bauchlastiger
     Körper verdeckte die Sonne nicht ganz.
    »Das sind nicht Ihre Liegen«, stellte er fest.
    »Nein, aber Ihre auch nicht«, antwortete Nina und zündete sich eine Fluppe an.
    »Sie können nicht so einfach Handtücher wegnehmen«, insistierte er, weiterhin mit mir sprechend. Ich schloss die Augen.
    »Warum nicht?«, fragte Nina. »Wir haben die Handtücher nicht beschmutzt, haben nicht draufgepinkelt, haben sie nicht weggeworfen
     oder sonst was mit ihnen angestellt. Sie liegen säuberlich zusammengerollt da.«
    »Aber Sie können nicht … das sind nicht Ihre Plätze.«
    »Woran erkennt man das?«
    »An den Handtüchern.« Ich öffnete die Augen wieder, der Handtuchwärter stand immer noch vor mir. Offenbar gehörte es zu diesem
     seltsamen Ritual, dass es von Männern ausgefochten wurde, aber ich verweigerte ihm das.
    »Schön. Dann hat ja alles seine Richtigkeit. Sehen Sie, diese Handtücher gehören uns.« Nina hob einen Zipfel ihres Tuches
     an.
    |75| »Aber die lagen da vorher nicht.«
    »Wir sind ja auch gerade erst gekommen.«
    »Und Sie haben andere Handtücher weggenommen.«
    »Weil sie offenbar vergessen worden sind.«
    Der Mann stöhnte und sah hilfesuchend zu seiner Frau. Die nickte heftig.
Manfred, mach weiter, wir sind im Recht
hieß das.
    »Nein, die Personen, denen diese Handtücher gehören, sind nur gerade nicht da.« Sein Gesicht nahm jenseits des latenten Sonnenbrandes
     eine weitere Rötung an.
    »Und wo sind sie?«
    »Das weiß ich natürlich nicht.«
    »Wann werden sie zurückerwartet?«
    »Hören Sie …« Wieder der Blick zur Gattin. »Wenn ein Handtuch auf einer Liege liegt, dann heißt das, dass diese Liege jemandem
     gehört. Sie können nicht einfach ankommen und die Tücher wegnehmen. Wenn das jeder machen würde.«
    Nina setzte sich auf. »Hör mal, du Hilfssheriff mit fliehendem Haaransatz. Ich habe eine Dose Pfefferspray in der Handtasche.
     Wenn du dich nicht in zwei Sekunden vom Acker gemacht hast, schreie ich um Hilfe und sprühe dich mit dem Zeug ein. Schließlich
     starrst du die ganze Zeit auf meinen Busen.« Sie schob den Oberkörper vor. Erst jetzt wandte der Mann ihr den Blick zu, und
     tatsächlich landete er punktgenau im Brustbereich. Manfred wurde tiefrot. Sogar die solaren Verbrühungen seiner Brust verblassten
     dagegen.
    »Eins«, zählte Nina und griff nach ihrer Tasche. Noch während sie in dieser Bewegung war, sandalte Manfred davon.
    Zwei Sekunden später stand seine Frau vor uns.
    »Diese Liegen waren reserviert!«, krähte sie.
    Nina schloss die Augen, ich tat es ihr nach. Manfreds Frau blieb noch zwei oder drei Minuten, in denen sie davon erzählte,
     wie früh man aufstehen müsse, um einen guten Platz zu bekommen, und dass es keineswegs anginge, dass Penner wie wir – sie
     nannte uns |76| tatsächlich Penner – einfach das System durchbrächen, und außerdem wäre es ja wohl eine Frechheit, wie wir mit ihrem Mann
     gesprochen hätten, und sie müsse sich genau überlegen, ob sie diesen Vorfall nicht melden solle.
    »Ich hol uns mal ein Bier«, sagte Nina und ging zur Bar, ohne die Frau auch nur eines Blickes zu würdigen. Ich zog meinen
     iPod aus der Tasche und setzte »Mixed Up Son of a Bitch« von den
Presidents
gegen das Geschwalle. Als wenig später eine kalte Flasche auf meinem Brustkorb stand, war Manfreds Ische verschwunden. Ich
     prostete Nina zu und sah zur anderen Seite. Die beiden hatten sich vier Liegen weiter bewegt und schwatzten dort auf ein Pärchen
     gleichen Alters ein, wobei sie unentwegt in unsere Richtung gestikulierten. Nach dem Fläschchen klickte ich den Player wieder
     an, und beim zweiten Song war ich eingeschlafen.
    Leider nicht für lange, denn die Handtuch-Episode setzte sich fort. Jemand rüttelte an meinem Arm. Ich öffnete die Augen und
     stöpselte den iPod aus.
    »Das sind unsere Liegen«, erklärte ein Mann. Hinter ihm standen das Ehepaar Manfred und eine weitere

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