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Pauschaltourist

Pauschaltourist

Titel: Pauschaltourist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Liehr
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Frau.
    »Blödsinn«, antwortete ich. »Erstens gehören die Liegen hier dem Hotel, und zweitens haben Sie bis vor fünf Minuten noch da
     hinten gelegen.« Ich wies zu der Stelle, an der Manfred und seine Frau die neuen Mitstreiter akquiriert hatten.
    Der Kerl war etwas jünger als Manfred und kräftiger gebaut.
    »Beziehungsweise die Liegen von Freunden. Ich sollte darauf aufpassen.« Das klang schon etwas kleinlauter.
    »Das machen wir schon«, trällerte Nina. Sie nahm ihre Handtasche auf den Schoß, Manfred machte zwei Schritte rückwärts.
    »Wir kommen seit fünf Jahren hierher«, brachte die Frau des neuen Liegenwächters etwas themenfremd ein.
    »Toll«, sagte Nina.
    »Sie haben einfach nicht das Recht, Handtücher wegzunehmen.«
    |77| Inzwischen waren zwei andere Urlauber auf unsere kleine Auseinandersetzung aufmerksam geworden. Ein junges Pärchen, das zwei
     Reihen hinter uns auf einem Flecken Sand gelegen und offenbar zugehört hatte, kam mitsamt Markierungsmaterial an, nahm die
     Tücher von den Liegen direkt neben unseren und legte sich dort hin. Manfreds Frau schlug sich verschreckt die Hand vor den
     Mund.
    »Fickt euch doch, ihr teutonischen Idioten«, sagte der junge Mann, der offensichtlich seinen sächsischen Dialekt zu beherrschen
     versuchte. Dann zwinkerte er Nina zu. »Endlich macht mal jemand was gegen diesen Schwachsinn, no.«
    »Ich werde mich beschweren!«, schimpfte Manfreds Reservist. »Komm, Sigrid. Wir gehen zur Rezeption.« Alle vier schlappten
     davon.
    »Grundgütiger«, grinste Nina. Und dann, zu den Neuankömmlingen: »Danke!«
    »Kein Ding«, sagte der Typ, der mich an den Schauspieler Ralf Bauer in dessen besseren Zeiten erinnerte. »Wir haben echt schon
     überlegt, ob wir nicht auch um sechs aufstehen, no.«
    »Da wärt ihr zu spät dran«, warf ich ein und verkniff mir, ebenfalls mit einem kehligen »No« abzuschließen.
    »Kacke, echt? Ich meine, ich fass es nicht, da blättern wir ’ne Mordskohle hin, um auf diesen Vulkanbrocken zu fliegen, und
     müssen in der Kinderpisse liegen, weil es zu wenig Liegen gibt. Ist doch echt zum Kotzen, no.«
    Nico und seine gertenschlanke, weißblonde Freundin Janet, beide Mitte zwanzig, kamen aus Zwickau und verbrachten ihren ersten
     gemeinsamen Urlaub hier. Allerdings hatten sie etwas ganz anderes erwartet.
    »Im Prospekt hat das alles viel cooler und vor allem kleiner ausgesehen, und dass der Strand zu Fuß quasi unerreichbar ist,
     hat uns auch keiner gesagt. Oder dass hier so viele Alte rumhumpeln, no. Scheiße, das ist eigentlich ein großes Pflegeheim
     hier. Nicht, dass |78| wir Rambozambo wollen würden oder so, nee, ruhig wollten wir’s schon. Aber, hey, das hier« – er machte eine ausladende Handbewegung
     – »hatten wir nicht erwartet. Wie steht’s mit noch ’nem Bier, no?«
    Wir nickten. Nina war damit bei ihrem sechsten, wenn ich richtig mitgerechnet hatte. Nico sprintete los, und er stieß beinahe
     mit der Vierergruppe zusammen, die gerade zu ihren Liegen zurückschlich und tunlichst vermied, in unsere Richtung zu schauen.
     Ein Hotelmitarbeiter oder eine Polizeikohorte war weit und breit nicht zu sehen.
    Ganze zweieinhalb Stunden später, Nina war bei Bier elf und quasselte ununterbrochen mit Janet (die ihre feenhafte Erscheinung
     durch den starken Dialekt leider etwas konterkarierte), während ich es endlich schaffte, mein Buch anzufangen, kam eine aufgedonnerte
     Spätfünfzigerin im Strick-Strandkleid an und suchte die Liegen in unserer Reihe ab. Sie fand die zusammengerollten Handtücher,
     klemmte sie sich unter den Arm und zog wortlos wieder von dannen. Manfreds Gattin, die wahrscheinlich nur deshalb noch am
     Pool saß, sprang auf und klapperte der Frau hinterher, die auch stehenblieb und sich kurz anhörte, wie man versucht hatte,
     die Liegeplätze tapfer bis aufs Blut zu verteidigen. Dann zuckte sie die Schultern. »Ist doch eigentlich auch eine Unart,
     diese Reserviererei«, sagte sie und ging einfach davon.

|79| 7.
    Wir luden Nico und Janet zum Abendessen ein, auswärts, fanden aber kein vernünftiges Restaurant, weshalb wir in einer etwas
     ranzig wirkenden Pizzeria landeten, die mit sommersprossigen Rotschöpfen beiderlei Geschlechts vollgestopft war; ein sehr
     schlechtes Zeichen – ein Lokal, in dem ausgerechnet Briten gerne aßen. Ich hätte gerne mal eine echte Paella probiert, oder
     wenigstens leckeren, frischen Grillfisch gegessen, aber selbst der Reiseführer bot für unsere Ecke keine

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