Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Pauschaltourist

Pauschaltourist

Titel: Pauschaltourist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Liehr
Vom Netzwerk:
gleich im Anschluss stellte ich mir die gleiche Frage in Bezug auf Silke. Ein kalter
     Schauer lief mir den Rücken herab, als mir klar wurde, dass sie in diesem Moment sehr wahrscheinlich bei ihrem neuen
Lover
lag, wer auch immer das war. Ihr Chef? Irgendein Kunde? Einer der Vertreter, mit denen sie manchmal gemeinsam unterwegs war?
     Jemand, den ich kannte? Wäre das schwieriger oder einfacher für mich? Ich vertagte die Fragen und lächelte Madeleine an.
    »Das ist schwer zu erklären«, antwortete ich kryptisch und hob dabei meinen rechten Fuß schnell an, so dass eine kleine Fontäne
     aus dem Pool emporspritzte. »Das Leben ist seltsam, und es wird nicht einfacher, je länger es dauert.«
    »Coole Kacke«, sagte Kevin und erhob sich. »Komm, wir trainieren noch, damit wir Nikolas morgen schlagen.« Robby nickte, |129| und zwei Minuten später war das Klackern des Pingpongballs zu hören. Madeleine rückte heran, dann sprachen wir über Sternzeichen
     und -bilder. Ich hielt nichts von Astrologie, ließ mir aber erklären, dass bei mir qua Geburt eine gewisse Promiskuität sozusagen
     einprogrammiert wäre. Das hatte ich bis dato anders gesehen. Die Mädchen kicherten sich halbtot, während ich mir aus dem Stegreif
     lustige Horoskope einfallen ließ. Dann hatte ich plötzlich eine Hand auf dem Oberschenkel, die von Nadine, die zu meiner Linken
     saß.
    »Ich könnte dein Vater sein«, erklärte ich der Wasseroberfläche und versuchte dabei, an katholische Ministranten und eiskalte
     Gletscherwasserfälle zu denken.
    »Aber du bist es nicht«, sagte Madeleine und griff von der anderen Seite zu. Einen Sekundenbruchteil später küsste sie mich
     auf die Wange. Von der Tischtennisplatte, die wir nicht sehen konnten, erklang Geschrei, kurz darauf rief aus irgendeinem
     Bungalow jemand auf Englisch, dass er jetzt gerne schlafen würde. Nadine schlüpfte aus ihren Klamotten – sie trug nichts unter
     der Hose aus Fallschirmseide und dem pinkfarbenen, mit dem Wort »Luder« bestickten T-Shirt – und hüpfte ins Wasser. Sie durchtauchte
     den Pool in beide Richtungen, ihr Kopf kam anschließend direkt zwischen meinen Beinen wieder zum Vorschein. Das nasse, glatte
     schwarze Haar um ihr hübsches, sehr ebenmäßiges Gesicht ließ das ganze wie eine Szene aus einem Werbespot wirken. Cool Water
     oder so, nur anders. Billiger, irgendwie.
    »Komm doch rein«, sagte sie, ihr Gesicht war keine zwanzig Zentimeter von meinem Reißverschluss entfernt.
    Das war sehr verlockend, zumal Madeleine gleichzeitig den Druck auf meinen Oberschenkel verstärkte. In meinem Schädel rumorte
     es. Das Geklacker aus der Tischtennisecke war inzwischen verstummt, es herrschte fast meditative Ruhe, und alles in mir schrie
     »Ja!« zu diesem Angebot. Aber genau in diesem Augenblick meldete sich mein Mobiltelefon. Ich warf einen entschuldigenden |130| Blick erst in Richtung Pooloberfläche, dann zur Seite. Anschließend zog ich das Telefon aus der Tasche. Es war Nina. Als ich
     die Verbindung anklickte, hörte ich nur: »Komm her, du musst mir helfen. Schnell!« Es klang panisch, dann war das Gespräch
     unterbrochen. Ich sprang auf und rannte los, eine Zehntelminute später stand ich vor ihrem Zimmer und donnerte mit der Faust
     gegen die Tür. Gedanklich bereitete ich mich darauf vor, sie einzutreten, um Nina aus den Armen ihres Schänders zu befreien,
     hatte tatsächlich eine Art Heldenvision, war mir aber auch der Tatsache bewusst, dass mich das wahrscheinlich mit einem Schlüsselbeinbruch
     ins Krankenhaus bringen würde. In Filmen war das immer so einfach, im richtigen Leben – wie alles, was in Filmen leicht war
     – vermutlich eher nicht. Aber Nina öffnete mir schlicht die Tür, und nicht ich war es, der ins Krankenhaus musste.
    Sie hatte sich in ein Badetuch gewickelt, ihr Gesicht war gerötet, aber es gab keine Anzeichen von Gewalt. Stumm zeigte sie
     aufs Bett. Da lag Jules, nackt, heftig krampfend, und jede Menge Speichel floss ihm aus dem Mund. Außerdem hatte er eine ansehnliche
     Erektion.
    »Ein epileptischer Anfall, würde ich sagen«, erklärte sie, ziemlich lakonisch, die Panik war verschwunden. »Erst habe ich
     gedacht, er stirbt, Herzanfall oder so, aber seine Vitalzeichen sind fast normal.«
    Ich ging zum Bett, wobei ich mich fragte, wie Nina »Vitalzei chen « gemessen hatte. Jetzt floss auch Blut aus Jules’ Mund, aber nur wenig und sehr verwässert. Er hatte sich leicht auf die
     Zunge gebissen. »Hast du schon bei

Weitere Kostenlose Bücher