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Pauschaltourist

Pauschaltourist

Titel: Pauschaltourist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Liehr
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die Beschreibung
     dieses Clubhotels gefunden. Von freundschaftlicher Atmosphäre, gemütlichem Ambiente, einfach, aber zweckmäßig ausgestatteten
     Zimmern und sportiver Erholung in Strandnähe war da die Rede. Die Fotos waren mindestens fünfzehn Jahre alt.
    »Verarsche«, grummelte Nina und machte Zeichen für die nächste, die übernächste und die überübernächste Runde. Sie hatte wieder
     diesen Terroristenstatus erreicht, zugleich irre und merkwürdig klar. Ich strich mir mit dem Zeigefinger über den Hals, ich
     hatte genug. In meinem Hotelzimmer auch noch mit einem Kater aufzuwachen, das wollte ich wirklich nicht erleben.
    »Spielverderber«, nuschelte sie, was erkennbar Anstrengung kostete. Ich küsste ihre Haare und ging. Das Letzte, was ich an
     diesem Tag von ihr sah, war, wie sie drei Wodka schnell nacheinander kippte.
    In mein Zimmer wollte ich noch nicht, in unmittelbarer Nähe gab es nichts, also holte ich mir doch noch zwei Bier (und sicherheitshalber,
     für später, einen Liter Mineralwasser) an der oberen Bar und setzte mich an den Pool, in dem nur zwei von acht Unterwasserscheinwerfern
     funktionierten und dessen verblasster Anstrich in großen blauen Fetzen abblätterte. Ich kam mir vor wie in einem Nouvelle-Vague-Film,
     den man merkwürdig nachkoloriert hatte. Fehlte nur noch, dass François Truffaut oder Éric Rohmer hinter einem Busch hervorsprangen
     und »Non, non, non!« krähten. Aber ich war allein. Das entfernte Wummern der Disco, das Zirpen einiger Zikaden und das Zischeln
     herumhuschender Insekten – vermutlich Garnisonen von Kakerlaken – waren die einzigen |147| Anzeichen anderer Lebensformen. Der grauschwarze Himmel hing ungewöhnlich niedrig, und als ich nach einer Weile trotz der
     sehr gedämpften Hotelbeleuchtung noch immer keine Sterne sah, stellte ich erstaunt fest, dass es bewölkt war.
    »Es wird regnen«, sagte eine Stimme neben mir. Madeleine setzte sich und nahm mir das Bier aus der Hand. Das entwickelte sich
     offenbar zu meiner Hauptaufgabe – für Frauen Bier anzutrinken. Aber ich war verärgert und riss es ihr wieder weg. »Hol dir
     dein eigenes.«
    »Oha. Da ist aber jemand sauer.«
    »Bin ich nicht«, log ich. »Ich will nur meine Ruhe haben.«
    Sie erwiderte nichts, zog ihre Sandaletten aus, krempelte die Hosenbeine hoch – sie trug eine weiße Jogginghose – und hängte
     die Füße ins Wasser. Dann lehnte sie sich zurück und sah, wie ich, in den Himmel. Meine Widerspenstigkeit tat mir schon wieder
     leid, also hielt ich ihr das Bier hin. Sie nahm es, nippte und reichte die Flasche zurück.
    Ein paar andere Jugendliche kamen, vermutlich aus der Disco, zogen sich aus und sprangen ins Wasser. In Sekundenschnelle war
     die melancholische Atmosphäre verschwunden. Wir beobachteten die vier beim Planschen und Herumalbern, bis sie wieder aus dem
     Wasser stiegen, sich auf Liegen drapierten und laut zu schwatzen begannen.
    »Mit den beiden stimmt irgendwas nicht«, sagte Madeleine plötzlich.
    »Mit welchen beiden?«, fragte ich, obwohl ich wusste, wer gemeint war.
    »Patrick und Gerard, die Franzosen, die wir kennengelernt haben. Die sind irgendwie merkwürdig.«
    »Inwiefern?« Ich spürte etwas wie Hoffnung aufflammen, obwohl ich, wenn ich ehrlich zu mir war, so gut wie jedes Interesse
     verloren hatte.
    »Kann ich nicht genau sagen. Mir sind die unheimlich. Deshalb |148| bin ich auch nicht mit.« Sie zog ihr Telefon hervor, prüfte, ob es eingeschaltet war, und tickerte mit affenartiger Geschwindigkeit
     – nur unter Verwendung des rechten Daumens – eine Textnachricht ein. Anschließend schwiegen wir wieder die Wolken an, dann
     piepste ihr Telefon. Sie las die Nachricht und lächelte.
    »Dachte ich’s mir doch.« Sie sah zum rechten Hotelflügel. Kurz darauf war im Halbschatten eine näherkommende Silhouette auszumachen.
    »Darf ich?«, fragte Nadine und lächelte mich schief an.
    »Kann ich es verhindern?«
    Sie zuckte mit den Schultern und setzte sich. Die beiden Mädchen tuschelten, was mich wütend machte.
    »Ich würde das auch gern hören.«
    Filme. In den Cases der beiden Blondlinge hatte sich Kameraequipment befunden, und sie wollten Filme drehen,
spezielle
Filme. Nadine und Madeleine wären die passenden Laiendarstellerinnen gewesen – blasen, vögeln, Analsex, Doppelpenetration,
     die übliche Choreographie. Es hätte sogar ein paar Euros gegeben, cash und ohne Fragen, dafür aber fragwürdige Prominenz,
     früher oder später. Selbst

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