Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Pauschaltourist

Pauschaltourist

Titel: Pauschaltourist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Liehr
Vom Netzwerk:
es keine Raucherplätze.
    »Nikolas.« So hatte sie mich zuletzt vor über sechs Jahren genannt, bevor sie auf die Idee mit ihrer speziellen Kosevariante
     meines Namens gekommen war. »Es ist etwas passiert.«
    Ich legte den Kopf in den Nacken und blies Rauch in den Himmel. »Ja, du hast mich verlassen.«
    Silke nickte. »Aber ich hab dich nicht betrogen. Nicht davor.«
    Ich runzelte die Stirn.
Danach
betrügen schien mir nur schwer praktikabel.
    Sie machte einen Schritt zurück und wedelte mit der rechten Hand den Rauch weg.
    »Was ich damit sagen will. Ich habe nur mit
dir
geschlafen, vor dieser … Sache.«
    »Etwa fünf Mal während der letzten tausend Jahre.«
    Sie schniefte vorwurfsvoll und lächelte dabei. »Auch du hast nicht häufiger mit
mir
geschlafen.«
    Ich schnippte die Kippe weg. »Scheiße, Silke, bist du mitten in der Nacht durch die halbe Stadt gefahren, um mit mir Koitusarithmetik
     zu betreiben?«
    Sie sah zu Boden. »Lasse, ich bin schwanger. Zweiter Monat. Von dir.«
     
    Wir gingen ins ungemütliche Flughafencafé, ich torkelte zum Servicecounter, um uns zwei Pötte Koffeinwarmgetränk zu organisieren,
     aber auch, um mich abzulenken, was jedoch völlig misslang. Als ich zum Tisch kam, war mir immer noch, als hätte ich gerade
     eine Hirnbiopsie hinter mir. Ich setzte mich und starrte Silke an, die erfolglos an einem entspannten Gesichtsausdruck arbeitete.
    »Weißt du, ich bin frisch verliebt«, erklärte sie, als sie ihren ersten Schluck schlürfte, und es zerriss mich. Ich hatte
     Mühe, meinen Kaffeebecher halbwegs zitterfrei zu halten, also stellte ich ihn |183| ab. »Es ist so eine Sache mit dem Verliebtsein«, fuhr sie fort. »Ich mag dich noch, natürlich. Vielleicht liebe ich dich irgendwie
     sogar immer noch. Ich hab ehrlich gesagt keine Ahnung. Aber diese anderen Gefühle sind sehr stark, sie drängen alles andere
     beiseite.«
    Ich schwieg, aber es hallte in meinem Kopf in Presslufthammerlautstärke: WER IST ES? IN WEN BIST DU SO VERLIEBT? UND WARUM
     ERZÄHLST DU MIR DAS?
    »Ich weiß auch nicht, was ich jetzt tun soll. Aber ich bin nicht hierhergekommen, um eine Entscheidung zu treffen, sondern
     einfach, um es dir zu sagen. Verstehst du das?«
    »Nein«, antwortete ich ehrlich. Ich begriff überhaupt nichts. Wie durch einen Kaffeefilter tröpfelten Informationsanteile
     in mein Bewusstsein. Silke war schwanger. Sie war in ihren Neuen verliebt. Und sie saß vor mir, um mit mir darüber zu reden.
     Außerdem mochte sie mich noch immer, irgendwie. Wie wunderbar.
    Sie legte ihre rechte Hand auf meine, die eigentlich gerade nach dem Kaffee greifen wollte. Ich zog die Hand langsam weg und
     nahm dann einen Schluck. In diesem Augenblick passierten auch die letzten Tröpfchen den Filter. Meine Ex hatte inzwischen
     die Hände vom Tisch genommen und sich in den Schoß gelegt.
    »Silke, ich bin beruflich auf dem Weg nach Mallorca, und ich werde die nächsten vier Wochen nahezu ohne Unterbrechung durch
     die Gegend reisen, von einem Tourighetto ins nächste. Was auch etwas Gutes hat, schließlich ist meine – unsere – Wohnung halbleer,
     außerdem geht Steini, diese Sau, nach Hamburg. Ich bin während der vergangenen zwei Wochen beklaut, verdroschen, narkotisiert
     und beinahe umgebracht worden, und außerdem hat man mich auf fast jede nur erdenkliche Weise verarscht. Und jetzt sitzt du
     vor mir, nachdem du mir telefonisch den Laufpass gegeben hast, und erzählst, dass du frisch verliebt bist und nicht weißt,
     wie deine Gefühle mir gegenüber aussehen, dass du außerdem aber ein Kind erwartest. Von mir.« Ich atmete tief durch, Silke
     wollte antworten, aber ich sprach weiter, bevor sie etwas sagen konnte:
» Du
|184| hast unsere Beziehung beendet, aber ich bin ehrlich: Dieser Schritt war vernünftig, das sehe ich ein. Es lief nicht mehr so
     toll, vorsichtig ausgedrückt. Es wäre früher oder später auch ohne diesen Mann, in den du so verliebt bist, in die Brüche
     gegangen. Aber womit ich nicht zurechtkomme, das ist diese Nummer hier.« Ich sah zur Seite, weg von Silke. »Zweiter Monat.
     Du kannst abtreiben.«
    Sie schniefte, also drehte ich mich wieder zu ihr. Eigentlich ertrug ich es nicht, Silke weinen zu sehen. Aber es wäre feige
     gewesen, weiter mit der Tapete zu reden.
    »Oder das Kind mit diesem Mann bekommen, wer auch immer es ist. Ich werde euch keine Schwierigkeiten machen.«
    Sie nickte langsam und stand auf, was ihr Mühe zu bereiten schien, die aber

Weitere Kostenlose Bücher