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Pauschaltourist

Pauschaltourist

Titel: Pauschaltourist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Liehr
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später neben mir. Ihr Gesicht glänzte, ansonsten sah sie verhältnismäßig hinreißend aus, wenn man sie mit den verheirateten
     Gabis an den Nachbartischen verglich. Peter allerdings war völlig fertig. Er setzte sich kurz, sprang aber sofort wieder auf,
     um einen Kellner zu finden, der ihm weitere Drinks brächte.
    »Dein Telefon hat mehrfach geklingelt«, begann ich – eigentlich, um zu erklären, was vorhin passiert war, aber in diesem Moment
     schallte Robbie wieder gedämpft aus der Tasche. Nina sah mich prüfend an und hielt den Blick auch, während sie den Apparat
     herausholte. Als sie das Ding aus dem Schal wickelte, wurde ihr Blick hart. Sie sah aufs Display, anschließend wieder kurz
     zu mir. Dann erhob sie sich und ging ein paar Schritte beiseite, bevor sie mich und vier Tischreihen um uns herum von »I just
     wanna feel reeeeal love« und so weiter befreite. Ich beobachtete sie aufmerksam. Keine fünf Sekunden nach der Rufannahme schwang
     ihr Kopf erwartungsgemäß in meine Richtung. Ich versuchte ein Lächeln, das vermutlich ziemlich lasch ausfiel, und unterstützte
     es durch ein Schulterzucken. Nina kniff die Augen zusammen und drehte sich dann wieder weg. Sie sprach zischend ins Telefon,
     setzte sich in Bewegung und verschwand hinter ein paar Büschen aus meinem Blickfeld. Peter setzte sich polternd hin, ließ
     die Arme nach hinten baumeln und sagte laut: »Mensch, um
diese
Frau kann man dich nur beneiden.«
    Ich nickte und sah dabei in die Richtung, in der meine vermeintliche Traumfrau verschwunden war. Sie kehrte kurz darauf zurück,
     das Telefon in der Hand und den Blick auf mich gerichtet. Nina war böse, richtig böse, aber ich fühlte mich unschuldig.
Mein
verdammtes Mobiltelefon war auf Vibrationsalarm gestellt. Sie warf den Apparat auf den Tisch, ließ den Kopf hin und her rucken
     und fixierte mich dann.
    Der unglückselige Peter hatte seinen sechsten oder siebten doppelten Cola-Scotch gekippt und offenbar keine Peilung, was gerade
     ablief. Er neigte den Kopf leicht, lauschte auf das soeben beginnende |204| Stück und machte dann den Fehler, Nina anzusprechen. »Oh, Salsa. Das tanze ich doch so gern. Wollen wir noch mal?«
    Das lenkte sie wenigstens von mir ab. Sie drehte sich ihm zu, beugte sich vor und sagte dann so laut, dass es in der mittelbaren
     Nachbarschaft zu hören war: »Du verwachsener kleiner Wichser solltest dich um deine langweilige Sommersprossentusse kümmern,
     statt hier einen auf All-Inclusive-Begatter zu machen. Ich habe aus
Mitleid
mit dir getanzt. Mit Männern wie dir geben sich Frauen wie ich nur ab, wenn sonst nur Mutanten verfügbar sind. Was nicht heißt,
     dass du keiner bist.«
    Ich konnte zusehen, wie diese Bemerkung langsam Peters Hirn erreichte. Erst wurde er rot, dann lächelte er verkrampft, um
     sich schließlich zu erheben, einen Schritt beiseite zu machen, sich zu uns umzudrehen, »So gut tanzt du nun auch nicht« zu
     sagen, was aus seiner Sicht vermutlich eine absolut erniedrigende Beleidigung war, und dann etwas wacklig davonzustaksen.
     Nina sah ihm nur kurz nach, um sich sogleich mir zuzuwenden.
    »Wir müssen reden.«
    Darauf hatte ich nur gewartet. »Weißt du, liebe Nina, genau
das
versuche ich seit zweieinhalb Wochen. Jetzt kannst
du
warten.«
    Dann sprang ich auf und ging schnell davon. Nina rief mir noch irgendwas nach, aber ich hob nur die Arme und lief weiter.
     Ich durchquerte die Hotelhalle, rannte fast schon vom Grundstück, stand dann auf der staubigen, einsamen Straße, die ich von
     meinem Zimmer aus hatte sehen können, und ging in die Richtung, in der ich den Ort vermutete. Nach etwa anderthalb Kilometern
     abwechselnd durch müllverseuchte Steppe und an dreistöckigen Appartementhäusern vorbei, die einander ähnelten, als wären sie
     aus den gleichen Legosteinen, erreichte ich eine Straße, auf deren anderer Seite ein schmales Stück Strand und ein Yachthafen
     lagen. Zu meiner Rechten herrschte relativ reges Treiben, weil es da ein gutes Dutzend Geschäfte und Restaurants zu geben
     schien. Im Mondlicht |205| konnte ich um die Bucht herum die ins Dunkel ragenden Gestelle ziemlich vieler Baukräne ausmachen. Ich überquerte die Straße
     und hüpfte über eine kniehohe Mauer in Strandsand, zog Schuhe und Socken aus. Der Sand war warm, und auch das Meer, in das
     ich zaghaft meine Füße setzte, umspielte sie mit erträglichen Temperaturen – schön warm für Ende Juni, dachte ich. Oder doch
     schon Anfang Juli? Ich

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