Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Pausen tun uns gar nicht gut

Pausen tun uns gar nicht gut

Titel: Pausen tun uns gar nicht gut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bennecke,Jürgen
Vom Netzwerk:
Erde vor der Tür zum Schlafen gelegt. Das Wort „dicke“ hätte
ich mir sparen können, ich merke sofort, dass nimmt sie mir übel. Ich versuche
die Kurve durch gehäufte Aufmerksamkeit und Gerede zu kriegen, was mir aber
tüchtig misslingt.
    Über eine alte Römerstraße
verlassen wir Castrojeriz. Unsere Gastgeber prophezeien uns einen
Regentag. Die sich anschließende anstrengende 1,3 km lange Steigung bringt uns
ganz schön ins Schwitzen.

     
    Oben werden wir jedoch durch
ein fantastisches Panorama für die Mühe belohnt. Der dort angelegte
„Naturgarten“ verdient seinen Namen wirklich zurecht. Die Natur hat sich ihn
wieder voll und ganz zurückerobert. So steil wie wir hochgekommen sind, geht es
anschließend auch wieder bergab. An der Kirche San Nicolas lauschen wir einem
Chor, der sich von seinem Herbergsvater rührend verabschiedet.
    Die Landschaft verändert sich
nun sehr zügig und wird zusehends flacher. Die Ausläufer der Meseta sind hier
schon deutlich zu spüren. Die wellige Landschaft hat nun fast keinen
Baumbestand mehr. Eine Bewässerung findet durch speziell hierfür angelegte
Kanäle statt, die ein sehr sauberes, aber auch sehr kaltes Wasser führen. Der
Kanal von Kastilien war im 18. Jahrhundert ein Meisterwerk der Baukunst, als
Transportweg geplant, dient er heute der Bewässerung weiter Teile der Tierra de
Campos. Vor Frómista erleben wir dann, wie in das durchdachte
System der Kanäle Bewegung kommt.
    Durch ein Stauwehr wird
kontrolliert das Wasser in tiefer angelegte Kanäle abgelassen. Hinter dem
kleinen Städtchen Frómista wird es dann wirklich wahnsinnig
eintönig.

    Kilometerlang verläuft der
Pilgerweg an der Hauptstraße entlang und im Reiseführer wird zurecht dieser
Teil des Camino als Pilgerautobahn beschrieben. An jeder Feldwegeinbiegung
stehen die hübschen Betonpfosten mit der Jakobsmuschel. Leider finden manche
„Pilger“ diese Kacheln so schön, dass sie sie unbedingt als Souvenir mitnehmen
müssen. Viele sind mit Gewalt herausgebrochen worden. Das finden wir überhaupt
nicht lustig und fragen uns, wie man als Pilger zu solchen Taten fähig sein
kann. Wir entschließen uns, die „Autobahn“ zu verlassen, nehmen die
Alternativroute und gehen lieber den etwas längeren Weg über Villovieco. Wir erreichen gegen 17:00 Uhr Villarmentero de Campos und kommen
in einem etwas merkwürdigen Haus unter. Die Unterkunft wird von einer jungen
Österreicherin geführt.
    Die Betten, die uns zugeteilt
werden, befinden sich in der oberen Etage und sind derart hoch gebaut, dass
Heidi allein weder rein noch raus kommt. Noch dazu sind sie dermaßen instabil,
dass jede Bewegung einem das Gefühl gibt, in einer Luftschaukel Platz genommen
zu haben. Aber die Krönung ist die Dusche. Das Wasser ist so was von kalt, das
jeder Strahl der auf den Körper trifft, Schmerzen verursacht.
    Wolfgang und Angelika haben wir
für heute verloren, dabei wollten wir noch ein wenig Geburtstag feiern. Zum
Ausgleich wird uns in einem schräg gegenüberliegenden Hotel ein Pilgermenü der
Extraklasse serviert. Zur Flasche Rotwein gibt es eine Gemüsesuppe, Schinken,
Käse, Tortilla und einen wunderbaren Obstteller. Mit von der Partie ist Patrik
aus der Schweiz und unsere italienischen Fußballfanatiker, die Heidi wieder mit
Madame Magdeburg begrüßen und sich über das Geschrei und Gefluche von ihr,
während des Duschvorgangs, lustig machen. Bis in das nächste Zimmer, das durch
Wände getrennt wird, haben die Drei sie schimpfen gehört. Ihre Gesichter
verziehen sich beim Erzählen in ein breites Grinsen.
     
     
     
    07 . 06.2009

Villarmentero — Ledigos 35 km
     
    Ohne Frühstück sind wir um 6:30
Uhr unterwegs auf der „Pilgerautobahn“ in Richtung Carrión de los Condes. Das ist trist, unlustig und schlaucht. Auch heute ist es windig und kalt, wir
können unsere Jacken gar nicht ausziehen. Carrión de los Condes ist eine Kleinstadt in der Provinz Palencia der Autonomen Gemeinschaft
Kastilien-Leon. Bei der Ankunft in der Stadt kommt eine Frau mit einem
Fragebogen auf uns zu. Sie mache eine Umfrage und erklärt, was sie von uns
will. Am Ende sollen wir ihr Formular auch noch unterschreiben, nachdem wir
bereitwillig Adresse und Telefonnummer angegeben haben. Erst später mache ich
mir Gedanken über meine Leichtgläubigkeit. Ich weiß wegen dem in ausschließlich
spanischer Schrift gedruckten Papier ja nicht einmal, was ich da unterschrieben
habe. Vielleicht hat sie mir gerade einen Staubsauger verkauft.

Weitere Kostenlose Bücher