Pausen tun uns gar nicht gut
sagt, und lässt sich danach wieder in ihren Stuhl plumpsen.
Diese beiden finde ich drollig. Sie passen auch nicht nur wegen ihrer Leibesfülle
zueinander, selbst ihre Gestik harmoniert mitunter.
So nach und nach trifft die
gesamte Pilgerrunde des gestrigen Abends in Hontanas ein und
gesellt sich zu uns. So einzeln wie jeder gekommen ist, so verabschiedet sich
nach einiger Zeit auch jeder wieder, um seine Tagesroute fortzusetzen. Der Weg
führt uns weiter am Rand eines fruchtbaren Tals entlang und trifft wieder auf
die Landstraße. Durch eine Allee gelangen wir etwa 2 km vor Castrojeriz an die beeindruckende Ruine des Klosters San Antón . Die Gründung
im 12. Jahrhundert geht auf französische Mönche zurück. Die heute verlassenen
Gebäude wurden im 14. Jahrhundert erbaut. Noch zu sehen sind die Mauern der
Kirche und der früher überdachte doppelte Spitzbogen, durch den heute wie
früher der Jakobsweg und die Straße nach Castrojeriz führt. Die
Gebäude befinden sich in Privatbesitz und werden von einem Paar in sehr
einfachen Verhältnissen als Herberge geführt. Zwei Einbuchtungen werden von
schweren Planen getrennt, hinter denen sich mehrere Herbergsbetten verstecken.
Die Herbergsmutter bietet eine
Massage für 10,- € an, die ich gern in Anspruch nehme. Mein Knie schmerzt
wieder und ich bin für jeden Tag, den mich meine Füße Santiago näher bringen, dankbarer.
Castrojeriz liegt an einem 900 m hohen
Tafelberg mit der Burgruine Castrum Sigerici. Am Fuße des Berges befindet sich
der eigentliche Ort, der schon aus der Ferne sehr schön anzusehen ist. Wir
fühlen uns in Zeiten zurückversetzt, in denen Raubritter durchs Land zogen.
In Castrojeriz kommen wir für heute Nacht bei Resti unter, einer eher traditionellen
Pilgerherberge. Wir werden mit einer Umarmung begrüßt, und den Frauen wird das
Gepäck zum Schlafplatz getragen.
Es herrscht totales Handyverbot
im Haus und um 22:30 Uhr ist Nachtruhe angeordnet. Eine halbe Stunde vor
Sonnenaufgang wird man mit gregorianischer Musik geweckt, dass heißt nicht
früher und nicht später. Es folgt die Einladung zum gemeinsamen Frühstück. Auch
Kalorienchen nebst Anhang ist heute Gast in dieser einzigartigen Unterkunft.
Mit Rolf aus Aachen und unseren mittlerweile nicht mehr
wegzudenkenden Bayern nehmen wir unser Pilgermenü in einer gemütlichen Kneipe
zu uns. Ich esse Calamaris in schwarzer Soße. Es sieht nicht unbedingt lecker
aus, schmeckt aber trotzdem ganz gut. Nebenbei erklärt mir Wolfgang den Sinn
der Nahrungsaufnahme. Wichtig sei die Energiezuführung und nicht der Geschmack.
„Gut muss es nicht sein, viel muss es sein“ sagt er und unterstreicht seinen
Satz mit einem Aufenthalt im Auftrag seines Arbeitgebers in Indien. Was er während
dieser Zeit an Hunger und Elend gesehen hat, würde er nie wieder vergessen.
Wenn er heute in seiner Firma seine Kollegen über das Kantinenessen mäkeln
hört, könnte er deren Tisch umstoßen, so wütend macht ihn diese verwöhnte
Gesellschaft.
Gegen 22:00 Uhr bereiten wir
bei unserem resoluten Gastgeber die Nachtruhe vor. In unserem Schlafraum liegen
schon vor der eigentlichen Nachtruhe einige Mitpilger, wie angeordnet, im Bett.
Als ich nachts aufwache und mich im Dunkeln zur Toilette taste, falle ich über
einen spanischen Gleichgesinnten, dem sein Bett zu weich war und der sich
ausgerechnet vor die Toilettentür zum Schlafen gelegt hat. Als ich nach einer
gewissen Rangelei endlich den Lichtschalter finde und die Situation erkenne,
beschimpft er mich auf spanisch, und ich beleidige ihn in deutscher Sprache. Es
hilft uns beiden nicht weiter, also gute Nacht.
06.06.2009
Castrojeriz
— Villarmentero 36 km
Die uns angekündigte
gregorianische Musik unterbricht meinen Schlaf, das Licht erhellt den Raum nur
kurz danach. Wenig später versammeln sich alle Schlafgäste im Frühstücksraum
der Herberge.
Die gesamte Pilgerschar singt
zur Feier des Tages Angelika ein Geburtstagsständchen. Dabei versucht jeder in
seiner Landessprache zu singen, was auf Anhieb gelingt. Das Frühstück fällt
etwas spärlich aus, aber der Kaffee ist dafür durchaus genießbar. Kalorienchen,
die am Frühstückstisch direkt neben mir Platz genommen hat, erzählt mir von
ihrer Angst in der Nacht. Sie hat einen großen Schatten vor der Toilettentür
gesehen und ihn als großen Hund wahrgenommen. Da kann ich dich beruhigen, sage
ich ihr, es war nur der dicke Spanier, ihm war sein Bett zu weich und darum hat
er sich auf die
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