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Pausen tun uns gar nicht gut

Pausen tun uns gar nicht gut

Titel: Pausen tun uns gar nicht gut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bennecke,Jürgen
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Musik, dort gibt es weniger Streit.
    Gegen 23:00 Uhr empfange ich
erste Kurznachrichten, weil die Europawahl und danach erst der Kreistag
ausgezählt worden sind, ist mit verbindlichen Zahlen für Beetzendorf nicht vor morgen früh zu rechnen. Na dann schnell die Augen zu!
     
     
     
    08.06.20009

Ledigos
— Calzadilla de los Hermanillos 31 km
     
    Die Nacht war wegen des engen
und durchgelegenen Bettes eher bescheiden. Draußen ist es kalt und es fängt
nach wenigen Kilometern an zu regnen. In San Nicolás retten wir
uns in eine Bar, essen Frühstück und ziehen uns danach noch wärmer an, um den
spanischen Winter da draußen etwas entgegen zu setzen. Nach einer Weile scheint
der Regen etwas nachzulassen, aber der Wind bläst dafür umso kälter.
    In Sahagún wärmen wir
uns in einer Eckkneipe etwas auf.
    Am Tisch sitzt eine Frau aus Hamburg, die von sich erzählt, dass sie beim Roten Kreuz angestellt ist und sich von
ihrer Freundin fürs Erste getrennt hat, um allein diese Reise fortzusetzen. Sie
habe sich nicht mit ihr gestritten, betont sie, sie wären sich auch nicht über.
Es ergab sich aus einer Laune und würde ihr auch nichts weiter ausmachen. Über
uns brauchen wir ihr nichts zu erzählen, plaudert sie weiter, sie sei bereits
bestens informiert. Sie wurde gestern unfreiwillig Ohrenzeugin einer
Unterhaltung zwischen zwei Frauen und hat jetzt Heidis Stimme als eine von
beiden wieder erkannt. „Reicht es denn für eine SPD-Mehrheit im Rat?” fragt sie
mich bissig. Ich schaue Heidi an und anschließend schweigend aus dem Fenster.
Zu allem Überfluss vergesse ich, unsere Rechnung zu bezahlen und werde durch
den strengen Blick der Kassiererin peinlich daran erinnert. Ist wohl nicht mein
Tag heute, denn draußen regnet es wieder. Außerhalb der Stadt spricht uns eine
Frau namens Hannelore an, die ebenfalls aus Hamburg kommt.
Nachdem ich mich vergewissert habe, dass sie sich nicht gerade aus einer Laune
heraus von ihrer Freundin getrennt hat, gehen wir mit ihr ein Stück gemeinsam.
Sie ist bestimmt Mitte Sechzig, aber läuft während wir erzählen so schnell,
dass Heidi schon nach wenigen Metern die Puste ausgeht. Vor einer Kreuzung
bleiben wir stehen, hier geht der eigentliche Camino geradeaus, bleibt aber
laut Reiseführer recht nahe an der neuen Autobahn und der Eisenbahnstrecke,
während eine Alternative über die Trasse eines alten Römerweges rechts über die
Brücke in Calzada del Coto beginnt. Hannelore ist sich schnell
sicher, dass die Alternativroute ihr Weg ist und biegt nach einer kurzen
Verabschiedung in ihn ein.
    Wie der künftige Beetzendorfer
Gemeinderat zusammen gesetzt ist, weiß ich noch immer nicht. So halte ich den
Moment für gekommen, die Verwaltungsleiterin Christiane Lüdemann in der
Verwaltungsgemeinschaft Beetzendorf anzurufen.
    Von ihr erfahre ich den genauen
Ausgang der Wahl und kann mit meinem persönlichen Abschneiden mehr als
zufrieden sein. Für unsere Liste hätte ich mir mehr erhofft und gewünscht. Auch
die Wahlbeteiligung fällt mit weniger als 48% sehr dürftig aus.
    Was ist aus nicht einmal 20
Jahren Demokratie nur geworden? Wir entscheiden uns auch gegen die Autobahn und
lassen uns auf den letzten Kilometern noch einmal kräftig den Wind um die Ohren
wehen. Diese Landschaft ist ein ganz spezielles Erlebnis. Anfangs gleicht sie
bewachsenen afrikanischen Steppen. Spuren menschlicher Besiedlung existieren
nur noch in der Phantasie. Man fühlt sich gänzlich allein und ab einem gewissen
Punkt mag auch der Glaube fehlen, überhaupt noch auf eine Ortschaft zu stoßen.
    Calzadilla de los Hermanillos heißt übersetzt „Landsträßchen
der Brüderchen“. Namen haben die spanischen Dörfer!
    Das kleine Refugio liegt mitten
im Dorf an der Hauptstraße. Hannelore ist eine der wenigen Gäste in dieser
Herberge. Sie begrüßt uns herzlich und zeigt uns die Räumlichkeiten.
    Küche, Duschen, Toiletten,
Aufenthaltsraum, abgetrennte Holznischen mit je vier Kojen und einer Bettlänge
von nur 1,85m, die direkt hintereinander liegen, alles offen, ohne Türen. Wenn
man also in der Küche vorne hustet, hört man das hinten in der letzten Koje,
als ob es im Nachbarbett wäre.
    Hannelore schiebt das Gästebuch
über den langen Tisch und meint, wir sollten uns schon mal einschreiben und die
Betten belegen. Die Herbergsmutter käme später und dann könnten wir immer noch
bezahlen. Recht hat sie, denn in dieser Einöde gibt es nur 16 Herbergsbetten
und wie schnell diese belegt werden, wird die

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