Pausenbrot und Pradatasche: Roman (German Edition)
Geschnaufe und den einfühlsamen Gesprächen eigentlich recht unterhaltsam war. War eigentlich nur von der Obstplatte in der Pause enttäuscht. Werdende Mütter und ihre Lebenspartner oder Geburtsbegleiterinnen brauchen doch sicher etwas Nahrhafteres. Blaubeermuffins zum Beispiel.
Unterwegs Louise von meiner aufkeimenden Freundschaft mit Angelica erzählt. Aber sie sagte nicht viel dazu. Glaube, sie war sauer, da ich sie zu spät abgeholt habe. (Als ob ich persönlich dafür verantwortlich wäre, wenn Lost überzieht.)
Bei unserer Ankunft war der Raum abgedunkelt. Habe mich also auf gemütliches Zusammensitzen bei Kerzenschein und eine kleine Aromatherapiemassage eingestellt. Stattdessen sprang ein Diaprojektor an.
» Was passiert jetzt?«, fragte ich ein Paar, das am Tisch mit den Erfrischungen stand. Währenddessen Louise beobachtet, die versuchte, auf einem gewaltigen Sitzkissen Platz zu nehmen. (Inzwischen ist sie so unbeholfen, dass sie drei Anläufe brauchte, um sich zu setzen.)
» Ein Geburtsvideo«, flüsterten die beiden aufgeregt. Nun, die Frau wirkte aufgeregt. Der Mann hatte glasige Augen und war vor Todesangst kreideweiß im Gesicht.
Habe mich irgendwo niedergelassen, um mir den Film anzuschauen und mich an das Wunder der Geburt zu erinnern. Hatte eine von Katie angebrochene Packung Chips mit Käse-Zwiebel-Geschmack in der Tasche. Im Schutz der Dunkelheit leise die Chips verspeist und mich gefreut, dass Louise mich nicht sehen konnte, weil ich ihr so nichts abgeben musste. Sie scheint nicht zu verstehen, dass sich der Ausdruck » für zwei essen« nicht auf die Lebensmittelvorräte anderer Leute erstreckt.
Zufrieden meine Chips geknabbert und dabei dem spektakulären Keuchen und Schreien im Kreißsaal gelauscht. War gerade dabei, die letzten Krümel aus der Packung herauszuklauben, als sich die Kamera direkt auf den Intimbereich der Frau richtete und in einer Nahaufnahme zeigte, wie das Baby herauskam. Danach zog die Hebamme an etwas, das aussah wie eine riesige Schafsleber.
» Was ist das?«, stieß der Mann neben mir mit schriller Stimme hervor.
» Die Nachgeburt«, hauchte seine Frau.
Es herrschte entsetztes Schweigen, bis ein Paar langsam zu applaudieren begann und die anderen einstimmten.
War überzeugt, dass Louise angesichts der drastischen Details untröstlich sein würde. Mich deshalb zu ihr umgedreht, um ihr beizustehen. Sie schluchzte tatsächlich in ihre Chloé-Handtasche, die nur in limitierter Auflage hergestellt wird.
» Ich kann es nicht fassen, Susie«, jammerte sie, während ihr die Tränen über das aufgequollene Gesicht liefen.
» Ich weiß, Lou«, erwiderte ich. Habe mich selbst sehr schwach und schummerig gefühlt. » Kein sehr erfreulicher Anblick.«
» In ein paar Monaten ist es für uns so weit!«, fuhr sie fort. Ein seliges Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus. » Ich bin ja so glücklich.«
Im nächsten Moment brach sie wieder lautstark in Tränen aus. Habe ein Kissen umklammert und mein Bestes getan, um nicht kotzen zu müssen. Plötzlich die Erkenntnis bekommen, dass ich zwar zwei Kinder zur Welt gebracht, die blutigen Einzelheiten aber nie gesehen habe. Katie und Jack wurden mir überreicht, nachdem man sie gründlich gesäubert hatte. Kein Wunder, dass sie das Blut aus Portland Babies gestrichen haben. Sehe Joe inzwischen mit völlig neuen Augen. Nach diesem Erlebnis ist es ein Wunder, dass er je wieder Sex mit mir haben wollte.
PS: Mir ist noch immer übel. Spiele mit dem Gedanken, die Kursleiterin zu verklagen, weil ich jetzt an einem posttraumatischen Stresssyndrom leide. Sterbe außerdem vor Angst, dass der Arzt mich auffordern könnte, die Nabelschnur von Louises Baby durchzuschneiden. Was, wenn mir die Schere abrutscht und ich stattdessen ein Körperteil erwische? Oder ihm, noch schlimmer, einen nach außen gestülpten Nabel verpasse? Außerdem nicht die geringste Lust, mir die fiese Nachgeburt anzuschauen. Habe also beschlossen, dass ein Privatdetektiv der einzige Ausweg ist. Er soll Louises Ex Steve aufspüren, damit er als Geburtsbegleiter einspringt. Glaube, ich bin damit überfordert.
25. September
Den Vormittag damit verbracht, die Gelben Seiten nach Detekteien zu durchforsten. Mich schließlich für eine entschieden, hauptsächlich deshalb, weil sie Magnum Investigations hieß und der Typ in der Anzeige aussah wie Tom Selleck damals in den Achtzigern. Komplett mit dichtem Schnauzbart und buntem Hawaiihemd.
Zitternd vor Nervosität
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