Paxson, Diana L.
nicht?«
»Drustan verbarg sich unmittelbar neben dem Pfad, mit der blanken Klinge in der Hand, falls die Königin ihn brauchte. Du aber bist hier und hast deine Klinge noch nicht gezogen! Warum?« Meine Stimme bebte ein wenig und ich kämpfte um meine Fassung.
»Es sind seine Schwierigkeiten…«
»Drustan ist dein Schwager, dein Gefährte!«
»Warum sollte ich seinetwegen mein Leben gefährden? Seine Ehe mit meiner Schwester ist reiner Schein. Ich bin nicht seinet-, sondern deinetwegen hierhergekommen!«
»Du hattest Angst!« Ich redete ebensosehr zu mir selbst wie zu ihm. Ich sah alles, was zwischen uns geschehen war, in diesem neuen, schrecklichen Licht. Warum es mir soviel ausmachte, wußte ich nicht zu sagen – hatte ich mich nicht ganz tief innerlich damit abgefunden, daß er sich das Recht nahm, mich zu beherrschen?
»Die einzige Waffe, mit der du umgehen kannst, ist wohl jene, die zwischen deinen Beinen hängt, und die benutzt du nur gegen Schwächere. Du hast mich bezwungen, aber ich hielt dich zumindest für einen Mann!«
Keihirdyn war inzwischen lachend aufgestanden. Immer noch lachend, griff er nach mir.
»Was sollte es dich kümmern, was ich mit dem Schwert tue, solange ich etwas habe, das so gut in deine Scheide paßt!« Er machte eine widerliche Geste. Ich riß mich frei und brachte einen Baum zwischen uns.
»Ich hatte mir eingebildet, Drustans Gefährte hätte mich erobert, doch nun erkenne ich, daß ein Feigling mich entehrte! Du wirst mich nie wieder berühren!«
»Entehrt!« Keihirdyn schüttelte abfällig den Kopf. »So etwas gibt es nicht. Es gibt nur dies«, er deutete zwischen seine Schenkel, »und das…«, nun wies er auf meine. »Wieso bist du so selbstgerecht? Dir hat gefallen, was ich mit dir tat, Branwen! Du hast in meinen Armen gestöhnt und um mehr gebettelt!«
Ich spürte, wie das Blut aus meinem Gesicht wich, doch meine Beine versagten nicht. Benommen war ich mir bewußt, daß es stimmte, was Keihirdyn sagte, und daß meine Reaktion ebensosehr gegen jenen Teil meines Selbst gerichtet war, den er bezwungen hatte, wie gegen ihn. Doch das machte die Heftigkeit um so zwingender. Was ich jetzt empfand, war das Gegenteil der chaotischen Wut, die in mir tobte, als er mich vergewaltigte. Ich wußte nun, was Mairenn bewegt hatte, als sie des Morholts Mörder verfluchte.
Wut ist viel tödlicher, wenn sie kalt ist.
***
»Eh, Herrin, wir werden heute morgen den Weizen auf dem hinteren Feld schneiden«, sagte Wyn Vedras. Er nickte mir knapp zu und blieb stehen, um überlegend den Frühmorgenhimmel zu betrachten. Ich wartete mit dem vollen Wassereimer in der Hand – ich wußte, daß es sinnlos wäre, ihn zur Eile bewegen zu wollen. »Und wir müssen schnell arbeiten, denn mir gefallen diese Wolken dort nicht!«
Ich blickte auf die Wolken über dem Bergrand. Sie waren rot getönt wie Wolle, mit der man eine gesäuberte Wunde abgetupft hat. Die Schnitter hatten sich ein Feld nach dem anderen vorgenommen, und das Getreide einzubringen war immer ein Wettrennen zwischen der Sonne und den Herbststürmen.
»'s wird wohl noch vor dem Abend regnen, und wenn wir den Weizen nicht bis dahin gebunden haben, verdirbt er… Nachbarn kommen zum Helfen, aber wir wären dankbar für jeden vom Haus, der eine Hand leihen könnte.«
Ich erinnerte mich aus den vergangenen Jahren an die hiesigen Gewohnheiten. »Ich werde fragen. Der Harfner ist zwar noch von einer alten Verwundung geschwächt, aber vielleicht kann ich seinen Diener mitbringen.«
Als Keihirdyn und ich ankamen, hatten die Frauen bereits eine Reihe geschnitten. Er war mitgekommen, wie ich es erwartet hatte, in der Hoffnung auf eine Gelegenheit, sich mit mir absetzen zu können. Seit dem Tag am Fluß war es mir gelungen, ihm aus dem Weg zu gehen, doch er glaubte immer noch nicht, daß ich mich nie wieder von ihm berühren lassen würde. Ich lächelte ihn an.
»Du siehst, wie die Frauen den Weizen schneiden und die Männer die Garben binden – laß dir Strohseil geben und von Cuby zeigen, wie du es machen mußt.« Er schnitt eine Grimasse, und ich strich mit dem Sichelrücken herausfordernd über seine Wange. »Ich werde unmittelbar vor dir sein…«
Ich wartete, bis die anderen Frauen ihre Reihe beendet hatten und herunterkamen, um sich die nächste vorzunehmen, und schloß mich ihnen hinten und ein wenig rechts von der letzten an. Ich beugte mich, griff nach der ersten Handvoll der festen Halme, hakte die Sichel hindurch und ließ
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