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Paxson, Diana L.

Titel: Paxson, Diana L. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Zauber von Erin
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huschte weg.
    Senara bückte sich, schnitt mit einem raschen Schwung die letzten Halme ab und hielt sie hoch.
    »Wir haben sie, wir haben sie!« schrien die Männer in Wyns Gruppe.
    »Was habt ihr? Was habt ihr?« riefen die auf der anderen Seite.
    »Die letzte Garbe! Die letzte Garbe!« antworteten die anderen.
    Senaras Töchterchen rannte mit einer Handvoll bunter Bänder und Blumen zu ihr, und sie machte sich daran, die Halme zu flechten und zu schmücken.
    Sofort beeilte sich jeweils ein Mann jeder Gruppe, den Rest der liegengebliebenen Halme in der Reihe hochzubinden, während die Männer ihrer Gruppe sie mit Zurufen anspornten. Keihirdyn steckte die Hast der beiden anderen an, und er folgte ihrem Beispiel. Doch als Unerfahrenster war er verständlicherweise langsamer als sie. Als die zwei fertig waren, setzte Schweigen ein. Keihirdyn errötete ein wenig und hudelte, denn ihm wurde bewußt, daß aller Augen auf ihn gerichtet waren. Er sah mein Lächeln und funkelte mich böse an, aber ich wartete, wir alle warteten. Als er fertig war, stürzten sich die Frauen auf ihn, und trotz seiner Schreie und Gegenwehr, banden sie ihn mit Strohseil an seine Garbe.
    »Laßt mich los! Ihr tut mir weh!«
    Ich hörte seine gedämpften Schreie und lachte.
    »Geht ein bißchen sanfter mit dem armen Burschen um!« erklang eine neue Stimme. »Er kennt sich nicht aus!«
    Eine ältere Frau blickte auf und sah Drustan in seinen Bettlerlumpen.
    »Ein Fremder!« jubelte sie. »Es ist ein viel besseres Omen, wenn ein Fremder aufs Feld kommt!«
    Sie zog ihr Seil weg und deutete auf Drustan. Die anderen Frauen stießen schrille Schreie aus, und Keihirdyn war vergessen, während sie auf Drustan zustürmten, ihn zu Boden warfen und auf ihn einpufften. Lachend versuchte er, sein Gesicht mit den Händen zu schützen.
    Verdammt, Drustan! dachte ich, während ich zusah. Diese Schläge waren für Keihirdyn gedacht! Ich wollte doch, daß er sich nicht auskannte! Keihirdyn mühte sich, sich aufzusetzen, und schaute sich benommen um.
    Rasch wurden die Garben um das neue Opfer gebunden. Senara befestigte die letzte, geschmückte, so an seiner Brust, daß die Ähren um seinen Hals hochragten.
    »Zum Fluß mit ihm!« riefen alle. »Zum Fluß! Wir wollen sehen, ob er untergeht oder schwimmt!«
    »Alter Erntemann, jetzt haben wir dich! Was gibst du uns, damit wir dich wieder freilassen?« Sie schwang die Sichel, bis ihre Rundung um seinen Hals lag. Ich konnte nur sein Gesicht über den wippenden goldenen Ähren sehen, als wäre er bereits geköpft, doch seine Augen lachten.
    »Gold habe ich keines, aber in meinen Fingerspitzen ist Musik. Laßt mich frei, ihr guten Leute, dann werde ich so munter für euer Fest harfen, daß ihr Blasen und Schmerzen vergeßt!«
    »Musik! O ja, das ist ein passender Preis, um dich loszukaufen…«, riefen sie. »Senara, laß ihn frei!«
    Lachend nahm sie die Sichel von seinem Hals und zog sie seinen Körper hinunter, wobei sie die Strohseile durchtrennte. Dewi griff nach der mit Blumen und Bändern geschmückten Garbe an Drustans Brust und rannte damit davon, doch kaum war er fünf Schritte weit gekommen, goß ein Mädchen Wasser aus einem Eimer über ihn.
    Als wäre das ein Zeichen gewesen, fing der Himmel zu grollen an. Mit Dewi an der Spitze reihten die Leute sich zum Zug und machten sich jubelnd und hüpfend auf den Weg zum Bauernhaus. Allmählich fielen sie in gemesseneren Schritt, und die Frauen fingen zu singen an.
    Wenn die Erde grünt im Frühling, wenn die Saat die Furche füllt,
Lob sei dem Kind, geboren, zu herrschen über die Welt.
    Zum Kehrreim fielen die Männer ein, und ferner Donner maß sich mit den tieferen Tönen.
    Wir loben gern vereint den Herrn, verborgen hier im Korn,
Er wird gemäht und neu gesät, daß neu er sei gebor'n.
    Nun sangen alle die restlichen Strophen miteinander. Türen öffneten sich in dem Gehöft am Fuß des Hügels, und die Frauen, die den Festschmaus vorbereitet hatten, eilten auf den Hof, um uns willkommen zu heißen.
    Wenn die Sommersonne steiget und das Jahr zur Höhe hebt,
Dann sproßt dem Jüngling goldner Bart, und himmelwärts er strebt.
    Die geschmückte Garbe hoch erhoben, rannte Dewi voraus zum Haus.
    Doch jetzt ziehen die Vögel gen Süden, der Wind wird langsam kalt.
Das schwere Haupt, es neigt sich, der Mann wird allmählich alt.
    Kalter Wind trieb die Wolken über den Himmel. Es war noch nicht Abend, doch vom Osten zog bereits die Dunkelheit herbei. Nur im Westen

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