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Paxson, Diana L.

Titel: Paxson, Diana L. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Zauber von Erin
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feste Boden unter mir hob, dann fand ich mein Gleichgewicht wieder und lief los. Als ich durch das Tor war, hielt ich keuchend an. Der neue Turm stand nicht weit voraus. Irgendwo im Innern weinte jemand. Langsamer ging ich jetzt darauf zu.
    Im ersten Stock des Turmes fand ich sie.
    Blinzelnd sah ich mich an der Tür um. Meine Nasenflügel erzitterten bei diesem üblen Geruch des Todes, während mein erschöpfter Verstand sich bemühte zu verstehen, was ich hier erblickte. Das einzige Licht kam durchs Fenster. Ich sah ein Bett davor, in dem ein Mann völlig reglos lag. Daneben kniete jemand, so still wie er. Das Weinen kam von einer anderen der nur schattenhaft zu sehenden Gestalten in diesem Turmgemach.
    Da vernahm ich den Schritt gestiefelter Füße auf der Treppe. Leben kam in den Raum, als ich vorwärtstrat. Gorwennols Gesicht wurde sichtbar, hager im harten Licht, das vom Fenster auf ihn fiel, und noch jemanden sah ich nun: Keihirdyn.
    »Der König!« erklang unten ein Schrei. »Verteidigt euch! Der Wor-Tiern ist gekommen!«
    Karasek stürmte an mir vorbei und riß sein Schwert aus der Hülle, als er sah, daß Keihirdyn zu den Waffen an der Wand eilte.
    »Ah, willst du kämpfen? O nein – ein zweites Mal gelingt es dir nicht mehr, dich vor unserer Gerechtigkeit zu verkriechen!«
    Keihirdyn knurrte wie ein Frettchen in der Falle, und ich erkannte, daß ich ihn falsch eingeschätzt hatte. Wenn es um seine eigene Haut ging, konnte er sehr gut kämpfen. Eisen klirrte. Ich hastete aus dem Weg und rannte zum Fenster. Karasek schwang aufs neue, doch vielleicht hatten sich seine Augen dem Zwielicht noch nicht angepaßt, denn sein Hieb traf weit daneben. Da grinste Keihirdyn. Seine Klinge sauste schräg von oben herab, sie traf Karasek an der Stelle zwischen Hals und Schultern, wo Leder und Kettenglieder ihn nicht schützten, und schnitt durch alle Muskeln und Knochen.
    Klappernd rutschte Karaseks Schwert über den Boden, und Keihirdyn riß seines zurück. Und während er so über dem Toten stand und das Blut von seiner Klinge tropfte, lenkte ein Blitzen von Stahl meine Aufmerksamkeit auf die Tür. Ein Lichtrad wirbelte vorwärts. Keihirdyns Schwert hob sich noch, als der König ihn niederschlug.
    Und dann setzte völlige Stille ein.
    Nun, da ich dem Bett näher war, sah ich, daß es Esseilte war, die davor kniete. Eine weite Mönchskutte hüllte sie ein wie ein Leichentuch. Da wußte ich, wes bleiches Gesicht auf ihren Arm gebettet war.
    March stolperte vorwärts und blieb neben mir stehen. Erst jetzt verstand ich, was ihn hierhergebracht hatte, denn der Schrei, der ihm entquoll, erschütterte den Stein des Turmes.
    »Drustan! O mein Sohn, mein Sohn, mein Sohn!«

Samhainmorgen
    » O meine Liebste, die Frau sagt, daß dein Schiff schwarze Segel hat… « March schaute von der Wachstafel in seiner Hand auf. »Das ist nicht Drustans Schrift…«
    »Nein«, entgegnete der kleine Priester, der still in einer Ecke gesessen hatte. »Es ist meine. Dem Ende zu wurde Herr Drustan zu schwach, einen Griffel zu halten, auch waren seine Schmerzen zu groß. Ich hätte aufgehört – es war unschicklich –, aber er sprach im Fieberwahn…«
    Der Mann hatte einen bitteren Zug um die Lippen, und ich verspürte einen Herzschlag lang Belustigung. Wenn Drustans Testament eine Beichte war, dann war sie nicht an den Christengott gerichtet! Der Mönch hatte behauptet, Drustan habe ihn gezwungen, es zu schreiben, aber ich machte mir meine eigenen Gedanken darüber. Hatte auch er das Ende der Geschichte hören wollen?
    Ich vermochte nicht zu erkennen, ob Esseilte überhaupt zuhörte. Sie lehnte immer noch an dem hohen Bett, mit dem Kopf auf Drustans Kissen, den Blick starr auf sein lebloses Gesicht gerichtet, seine abgemagerte Hand an ihre Brust gedrückt. Das kalte Licht vom Fenster zeigte sie beide mit der gleichen schonungslosen Klarheit. Irgend etwas an dieser Stille war erschreckend.
    Ich hatte einen schwarzen Umhang um sie gelegt, wagte jedoch noch nicht, sie wegzuholen. Zumindest waren inzwischen die Leichen von Keihirdyn und Karasek aus dem Gemach geschafft worden.
    »Schwarze Segel – was bedeutet das?« fragte der König.
    »Es sollte ein Zeichen sein, wie in der alten griechischen Sage von Theseus«, antwortete Gorwennol für den Mönch. »Schwarze Segel, wenn die Königin nicht kommen würde… Aber ich hatte die weißen geheißt, damit er sie gleich sehen konnte, wenn er aus diesem Fenster blickte!« Er warf einen finsteren Blick

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