Paxson, Diana L.
werde ihn brauchen… Ich werde ihn so sehr brauchen, und er wird nicht mehr dabei sein!«
»Warum kehrst du nicht einfach nach Hause zurück? Mußt du denn diesen Krieg weiterführen? Überlaß doch diese eigensinnigen Bretonen ihrem Geschick und komm jetzt nach Kernow zurück!« Ich redete Unsinn, das wußte ich, deshalb wunderte ich mich auch nicht über sein Gesicht, als er sich umdrehte.
»Ich kann die Männer nicht im Stich lassen, die ihr Zuhause verlassen und ihr Leben eingesetzt haben, weil sie an meine gute Sache glauben. Chramn wartet mit seiner Familie in Kerhaes auf mich. Ich habe Drustan seinem Schicksal überlassen – das will ich nicht auch ihnen antun. Danach – wenn es ein Danach gibt – werden wir weitersehen…«
Plötzlich kam March zum Bett. Sein Gesicht zuckte, als er zu mir herabschaute. »Behüte mein Land, Branwen, wenn ich es nicht kann! Versprich mir, daß du über Kernow wachen wirst, wenn ich im Kampf falle!«
»Wie?« Ich stützte mich auf einen Ellbogen. »Nur im Verborgenen Reich wird meine Herrschaft anerkannt!«
»Ich werde dich rechtsgültig heiraten, sobald es sich machen läßt…« Stroh raschelte, als er sich niedersetzte. Dann streckte er sich auf dem Bett aus, als wäre die Kraft, die ihn aufrechtgehalten hatte, mit der Kerzenflamme erloschen. Aus der Dunkelheit hörte ich sein Wispern: »O Gott – ich bin ja so müde…«
Rechtsgültig – lediglich eine Formalität – sagte sein Ton. Wieviel nahm er als gegeben hin – als hätte das Ritual, das uns band, die Ehe geschlossen; als wäre mein Geständnis, daß ich ihn liebte, ein Einverständnis für alles. Doch March hatte nie gesagt, daß er mich liebte. War keine Liebe mehr in ihm übriggeblieben? Gab es für ihn nur noch Königtum und Macht?
Wenn wir von jener ersten Nacht im Steinkreis allmählich hätten aufbauen können, was zwischen uns bestand, wäre vielleicht gegenseitige Liebe daraus erwachsen. Doch was hatten wir jetzt? Meine Überzeugung, daß es für mich keine Wahl gab, hatte mich schließlich dazu geführt, daß ich mit March neben einem niederbrennenden Feuer weinte. Ich wußte, daß ich meine nächste Wahl weise treffen mußte, denn sie würde endgültig sein. Was war ich bereit zu geben? Was brauchte ich?
March wälzte sich herum und zog mich an sich. Nach einem Moment legte ich noch scheu meine Arme um ihn und spürte den Druck seines Kopfes an meiner Brust.
»Ich bin selbst zu müde, dich zu lieben…«, sagte er, und dann, als ich dachte, er schliefe, »du hättest mit mir schlafen sollen, als ich dich in Kerhaes darum bat…«
»Vielleicht. Damals sah ich es nur anders…«
March antwortete nicht. Er atmete tiefer, und ich wußte, daß er eingeschlafen war. Ich zog die Decke über uns, schmiegte mich an ihn und war dankbar für seine Wärme. Aber ich schlief nicht. In der Dunkelheit schärften sich andere Sinne. Ich war mir schmerzhaft des regelmäßigen Wisperns seines Atems bewußt und des unregelmäßigen Seufzens der Wellen am Strand. Ich versuchte zu denken, doch Fragen überschlugen sich in verwirrender Vielfalt in meinem Kopf.
Wie könnte ich an Marchs Seite sitzen und als seine Königin regieren? In Kerhaes hatte ich befürchtet, Esseiltes Ehre zu stehlen, doch jetzt lag ihr Gemahl in meinen Armen. Ich kann es nicht, dachte ich, selbst jetzt nicht, da ich ihren Leichnam gesehen habe. Ihren Platz einzunehmen würde ihren Verlust bestätigen. Das war meine Qual.
March hatte der Verlust seines Sohnes den Mut geraubt, welcher Zauber vermöchte ihn zu heilen?
Und wer könnte die bösen Zungen stillen, die Gift spritzen würden, wenn bekannt wurde, was hier geschehen war? Da dachte ich an den Jungen, an Dewi. Er würde Drustan als Harfner nie das Wasser reichen können, aber bereits jetzt war er hingerissen von seiner Geschichte. Vielleicht könnte er ein Lied daraus machen, und das wäre die Art von Gedenken, das Esseilte sich immer gewünscht hatte.
Wo bist du jetzt, meine Schwester? Streift ihr, du und dein Liebster, durch die Berge Armoricas im dunklen Gefolge des Totenherrschers, oder habt ihr einen freudigeren Pfad gefunden?
Ich wurde still, lauschte dem Meer. Es müßte kurz nach Mitternacht sein, dachte ich da, und dem Geräusch nach erkannte ich, daß die Flut einsetzte. Ich glaubte, fernes Rauschen zu hören, als nähere sich eine gewaltige Heerschar; es mochten auch die Geräusche sein, die der Wind vom Samhainmarkt nach Temair getragen hatte.
Behutsam zog ich mich
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