Paxson, Diana L.
an. Hatte ich es mir nur eingebildet? Sein Lächeln vertiefte sich, und ich erkannte, daß er zumindest wiederhergestellt war, was sein Begehren betraf. War es eben erst dazu gekommen? Oder hatte er es bisher nur gut verborgen? Die Königin hatte mich beauftragt, Esseilte zu beschützen – auf die Idee wäre ich nie gekommen, daß ich vielleicht selbst Schutz brauchte.
»Es war Esseilte, die Euch geheilt hat«, sagte ich steif. »Esseilte und die Königin…«
»Vielleicht«, entgegnete er nun ernster. »Aber ich weiß, wer in den langen Nächten an meinem Bett Krankenwache hielt. Und ich weiß, wer veranlaßte, daß die Königin zu mir kam!«
Ich blickte ihn durchdringend an. Das stimmte, und obgleich Esseilte Anspruch auf sein Leben erhoben und die Königin es gerettet hatte, war doch auch ich verantwortlich, daß er noch lebte. Und als diese blauen Augen meine bannten, wurde mir bewußt, daß es Frauen nicht schwerfallen würde, ihn zu lieben.
»Kennt Ihr die Geschichte der ersten Branwen, deren Namen Ihr tragt?«
Ich blickte ihn wider Willen neugierig an, denn ich hatte nur gewußt, daß es ein britischer Name war.
»Sie war die Weiße Rabin – denn in unserer Sprache ist das die Bedeutung dieses Wortes –, die Schwester Brans, des Hochkönigs, und Herrin von Logres, das ist die unsterbliche Seele unseres Landes. Ihre Familie vermählte sie mit Matholwch, dem König von Erin. Aber einer ihrer Brüder war nicht gefragt worden, und so tat er Matholwch Schande an. Doch sie brauchten das Bündnis, deshalb glätteten sie die Wogen, und Branwen kehrte mit ihnen nach Erin zurück.«
»Diese Bündnisse!« Ich schüttelte den Kopf. »Wundert es Euch da, daß Esseilte in keiner Eile ist, verehelicht zu werden?«
»Das kann man ihr nicht verdenken«, antwortete Dughan, »denn die Geschichte, wie man Matholwch Schmach angetan hatte, wurde alsbald bekannt, und die Männer von Erin wandten sich gegen Branwen. Sie trennten sie von ihrem Gemahl und zwangen sie, in der Hofküche zu arbeiten und des Königs Getreide zu mahlen.«
Wie meine Mutter dachte ich da, und ich fragte mich, ob sie mir vielleicht deshalb diesen Namen gegeben hatte.
»Aber Branwen lehrte einen Star, ein Brieflein nach Britannien zu tragen, in dem sie ihr Leid klagte. Als Bran es erhielt, sammelte er seine Heerscharen, und sie erhoben die Waffen gegen Erin. Die Iren tauchten ihre Gefallenen jedoch in den Kessel der Wiedergeburt und…«
»Oh, seid still!« rief ich heftig. »Ich kann mir schon jetzt denken, daß die Geschichte schlecht ausgeht! Ist das Leben nicht bereits leidvoll genug, ohne die tragischen Sagen eines Barden?«
»Vielleicht«, entgegnete er, »doch könnte es auch sein, daß wir nur durch die Geschichten über das Leid anderer den Mut finden, unser eigenes zu tragen…«
Ein Klingeln von Zaumzeug ließ uns aufblicken. Eine Reiterschar trottete die Straße nach Temair hoch, und das Gold an ihrer Gewandung und am Geschirr ihrer Pferde glitzerte blendend in der Sonne.
Dughan blinzelte. »Steht ein Fest bevor? Wer sind sie?«
Ich versuchte, ebenfalls blinzelnd, ihre Wappenstickerei zu sehen, dabei erkannte ich einen Mann, der die Burg schon einmal besucht hatte.
»Die Männer von Laigin! Liebe Herrin! Ich muß sofort zu Esseilte zurück…«
Dughan griff nach dem Eimer und hatte mich mit wenigen langen Schritten wieder eingeholt.
»Geht es um eine Vermählung? Um die der Prinzessin?« Sein Blick war viel zu eindringlich. Doch jeder würde es sofort erraten, wenn er Esseilte in ihrem Staat in der Methalle sah…
»Sie wollen nur darüber verhandeln«, sagte ich rasch. »Doch es stimmt, daß Muiredach von Südlaigin für seinen jüngsten Sohn um sie angehalten hat.«
»Davon erwähnte sie heute morgen überhaupt nichts…« Er hatte die Stirn gerunzelt.
»Natürlich nicht, es wurde ja noch keine Entscheidung getroffen…«
»O Branwen.« Er faßte meinen Arm und drehte mich zu sich um. »Ihr wollt doch nicht sagen, daß Sitte ihr den Mund verschlösse, wenn ihre Gefühle stark wären! Will sie das?«
Ich zuckte die Schultern und vermied es ihn anzusehen. »Sie hat sich noch nicht entschlossen – aber sie ist eine Königstochter. Irgendeinen muß sie heiraten…«
»Ja, das ist gewöhnlich das Los von Königskindern.« Bitternis schwang aus Dughans Stimme, und er seufzte. »Und was ist mit Euch?«
Ich blickte ihn an, da ich die Frage nicht verstand. Erneut faßte er mich am Arm und zog mich näher. Selbst wenn ich es
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