payback: thriller (German Edition)
organisieren.«
Oumou bedankte sich. Vielleicht ein andermal.
Der erste Mann, den sie nach ihrer Rückkehr kennenlernte, war Mace Bishop. Er saß mit ihrem Bruder in einem Café, in dem sich nachmittags die Männer trafen, Hookahs rauchten und Kaffee tranken. Domino spielten. Er sah sie so an, wie das die französischen Männer getan hatten, sagte aber nichts. Am selben Abend kam er zu ihnen zum Essen. Er und der andere Mann, Pylon, scherzten mit ihrem Bruder.
Mace bewunderte ihre Gefäße. Sein Französisch war schlecht, und sie schlug ihm vor, sich auf Englisch zu unterhalten.
»Sie können Englisch?«, fragte er überrascht.
»Wie Französisch ist auch Englisch die Sprache der Waffen«, antwortete sie. »Als ich ein kleines Mädchen war, kam ein Mann hierher, so wie Sie. Ein Engländer. Wenn er nichts anderes zu tun hatte, brachte er mir Englisch bei.«
»Dann wird er wohl nicht sehr viel zu tun gehabt haben.«
Sie lachte. Während er sie anlächelte, fragte sie: »Warum müssen Sie hier Ihre Waffen verkaufen?«
Das Lächeln verschwand nicht. »Wegen des Geldes.«
Oumou warf einen Klumpen Ton auf die Drehscheibe, die ihr der französische Keramiker überlassen hatte. »Damit sich die Menschen gegenseitig umbringen. Damit sie Frauen und Kinder umbringen. Sogar Babys.«
»So ist das eben«, sagte er. »Auf der ganzen Welt.«
»Sie sind ein herzloser Mann.«
Daraufhin erzählte er ihr von seinem Land und dem Krieg dort und der Notwendigkeit, das zu finanzieren, was er den Kampf nannte. Er erzählte ihr nichts von Cayman. Nichts von seinem kleinen Schatz.
»Und das macht es richtig, Waffen zu verkaufen?«, fragte sie.
»Ich verkaufe denjenigen Waffen, die kämpfen müssen. So wie wir.«
»Kids.«
»In meinem Land haben sie die Zügel in die Hand genommen. Sie haben die Zukunft noch vor sich.«
»Leere Worte«, sagte sie und wandte sich ihrem Ton zu. Sie strich ihn glatt, machte ihn rund und begann schließlich eine Form zu bilden, die lang und elegant wie ihr Hals war. Sie brachte die Drehscheibe zum Kreisen und erlaubte dem Mann, der Waffen verkaufte, ihr zuzuschauen, während sie etwas Schönes erschuf.
Eine Weile widerstand sie ihm und seiner freundlichen Aufmerksamkeit, mit der er sie neckte. Er berührte sie nie, sondern brachte sie zum Lachen. Bei Sonnenuntergang liefen sie durch die staubigen Straßen, durch die Kasbah, wo Männer ihre Waren wegräumten, liefen die Stufen zur Stadtmauer hinauf, die einmal die Stadt umgeben hatte, blickten in das Wadi hinab, wo Jungen Fußball im Sand zwischen den Palmen spielten. Hinter ihnen riefen die Imame in ihren Moscheen die Gläubigen zum Gebet. Mace sagte: »Ich will mit dir schlafen.«
Die Worte überraschten sie. Sie erstarrte, wich zurück. »Sie kommen hierher nach Malitia, um Ihre Geschäfte zu erledigen. Sie bleiben einige Wochen hier, dann gehen Sie wieder. Wollen Sie mich jetzt als Ihre Sexgespielin?«
Mace kam auf sie zu. »Das habe ich nicht gesagt.«
»Halt.« Sie legte eine Hand auf seine Brust. Starrte ihn an. »Wenn Sie mit dem Waffenhandel aufhören.«
Er lachte. »Was?«
»Sie müssen mit den Waffen aufhören.«
Er sah sie lange an, ohne dass sie den Blick senkte. Im Wadi beendeten die Kinder ihr Spiel, da es dunkler wurde. Ihre Stimmen durchdrangen die Stille. »Okay.« Er wandte sich von ihr ab. »Ich werde darüber nachdenken.«
Zwei Tage später brachte Mace den Leichnam ihres Bruders aus der Wüste nach Hause. Sie weinte nicht, ihre Trauer war leise. Er sagte, er wüsste von den Männern, die sie vergewaltigt hätten, als sie noch ein Mädchen war. Die sie vergewaltigt, ihr ein Messer in den Bauch gerammt und sie dann liegen gelassen hatten, weil sie glaubten, sie sei tot. Ihr Bruder habe ihm in den langen Stunden, die er brauchte, um zu sterben, alles erzählt. Mace erklärte, dass er den Tod ihres Bruders nicht ungesühnt lassen könne. In jener Nacht widerstand sie ihm nicht.
Aber sie blieb hartnäckig. Du musst mit den Waffen aufhören. Du musst mit den Waffen aufhören.
Als sie ihm sagte, dass sie schwanger sei, versprach er, mit dem Waffenhandel aufzuhören.
»Versprichst du das?«
»Ja«, erwiderte er.
Sie glaubte ihm.
6
Matthew und Ducky Donald standen auf dem Bürgersteig, als Mace und Oumou neben ihnen anhielten. Beide rauchten. Ducky Donalds leichtes Kippen nach rechts der einzige Hinweis darauf, dass er ein gutes und ein schlechtes Bein hatte. Niemand sonst in der kleinen Seitenstraße. Nachts galt dieser
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