payback: thriller (German Edition)
zwei Bahren. Seltsam, wie die Toten gestürzt waren: einer auf den anderen. Es gab zudem merkwürdige Schleifspuren im Sand, als hätte der Mann, nachdem er niedergeschossen worden war, noch einmal genug Kraft verspürt, um aufzustehen und zu versuchen, die Frau hochzuheben, ehe er endgültig zusammenbrach. Sein Ende folgte wohl kurz darauf. Er hatte das Handy fallen lassen, bevor er zu Boden stürzte. Warum brachte man jemanden hier heraus und ließ ihm dann sein Handy? Und seinen Geldbeutel. Zugegebenermaßen ohne Bargeld und Kreditkarten. Der einzige Hinweis war ein Foto der toten Frau in seinem Portemonnaie. Keine andere Möglichkeit der Identifizierung. Bei der Frau gab es gar nichts. Sie hatte wahrscheinlich alles in einer Handtasche mit sich geführt. Eine Handtasche konnte man leicht entsorgen. Aber das erklärte noch immer nicht das Handy. Als ob jemand damit bedeuten wollte: Ihr könnt mich mal. Als ob er damit zeigen wollte, dass er sowieso nicht lange in der Nähe bleiben würde. Der einzige Hinweis war die Tatsache, dass alle Telefonnummern auf dem Handy amerikanische waren. Vor allem aus New York.
Gonsalves saugte an seiner Tabakkugel.
Amis. Touristen. Mein Gott. Er löste die Schnürsenkel seiner Schuhe und leerte den Sand aus. Dann band er sie wieder zu und machte ordentliche Schleifen.
Die Morde erinnerten ihn an die beiden Homosexuellen, von denen dem einen auch mitten in die Stirn geschossen worden war. Genau wie dieser Frau: ein Schuss zwischen die Augen. Der große Unterschied bestand allerdings darin, dass man diese beiden hierhergebracht hatte, um sie umzubringen, wobei nach der Einschätzung des Docs etwa fünfzehn Stunden zwischen den zwei Morden lagen. Der Mann war in die Brust getroffen worden, weshalb er auch noch einmal kurzfristig zu sich gekommen war. Was vielleicht bedeutete, dass sie es mit zwei Killern zu tun hatten? Denn warum sollte ein Mörder nicht genauso wie vorher schießen, wenn sich diese Methode bewährt hatte? Und ein Schütze, der das Herz treffen wollte, sollte das eigentlich auch schaffen und nicht stattdessen einen Irrläufer in die Lunge jagen.
Trotzdem: Es hatte etwas Anmaßendes und Freches, nicht einmal zu versuchen, die Leichen zu verstecken. Sie hatten wohl angenommen, dass niemand sie in dem dichten Dünengras finden würde – nicht einmal in einem Monat voller Sonntage. Vermutlich gar nicht so abwegig, diese Annahme. Wenn die Quadfahrer nicht die Dünen hinauf- und dabei beinahe über die Leichen gerast wären, hätte es vielleicht tatsächlich zwei Wochen gedauert, bis man sie gefunden hätte. Statt vier oder fünf Stunden.
Am Fuß der Düne luden die Sanitäter die Toten in den Krankenwagen und schlossen die Türen. Der Pathologe winkte Gonsalves zu. Der stand langsam auf. Sein rechtes Knie knackte. Er spannte seine Beinmuskeln an und massierte das Kniegelenk. Besonders hatte ihn überrascht, Mace Bishops Nummer auf dem Handy eingespeichert zu finden. Ziemlich unwahrscheinlich, dass der tote Mann einer von dessen Kunden war. Die Frau schon eher. Sie wirkte exklusiv. Aber nicht der Mann, dessen Klamotten ihm viel zu simpel erschienen. Gonsalves spuckte den Tabak aus und begann die Düne hinunterzustapfen. Bei jedem Schritt lief ihm Sand in die Schuhe.
40
Die Männer mit den AKs brüllten etwas auf Portugiesisch. Pylon brüllte zurück, dass sie den Mund halten sollten, oder Mr. Webster würde eine weitere Kugel verpasst bekommen. Die Männer waren hochangespannt und tänzelten hin und her.
Hinter ihnen konnte Mace den LKW sehen, der auf der anderen Seite der Mercedesse geparkt war. Der Motor lief, und der Fahrer beobachtete, was sich vor dem Container abspielte. Mace schüttelte Webster. »Sprich mit deinen Freunden. Lass sie dich hören.«
Webster stöhnte. Sein Kopf fiel nach vorne. Mace dachte: Scheiße, der Kerl ist hinüber, und hielt ihn noch fester, damit er nicht zu Boden ging. Offensichtlich war er nicht mehr fähig, mit seinen Kumpanen zu sprechen.
Mace rief Pylon zu: »Er ist tot, Mann!«
Pylon fuchtelte mit der Neun-Millimeter in einer Hand in Richtung der beiden Männer und hielt Websters fehlgezündete Achtunddreißiger in der anderen, während er erklärte, dass sie bei drei sterben würden, wenn sie nicht sofort ihre Ärsche in den LKW zwängen und abbrausen würden. Er merkte, dass Mace Websters Leiche beiseiteschleuderte und sich auch Dr. Kiambu hinter ihm befand. Der Politiker tauchte plötzlich mit einem R34-Sturmgewehr auf, als
Weitere Kostenlose Bücher