payback: thriller (German Edition)
erst einmal beiseiteschob. Es war das Beste, zuerst das Spiel des Kameramanns mitzuspielen, damit dieser keinen Verdacht schöpfte.
Also rief Pylon die Telefonfirma an, um eine Liste der letzten Telefonate zu bekommen. Sein Kontaktmann wollte wissen, warum er nicht noch ein paar Tage warten wolle. Dann würde er ohnehin die Monatsendabrechnung erhalten. Ein besonderer Gefallen, erwiderte Pylon. Und: Ist echt dringend, Jungs. Im Laufe des Vormittags wäre super.
Er sprach mit Francisco. »Wollen Sie wissen, was ich denke, Kumpel?«, sagte Francisco. »Das ist dasselbe wie mit Isabella. Ich habe auch stundenlang versucht, sie zu erreichen. Am zweiten Tag wusste ich, dass sie tot ist. Ich schlafe nicht mehr und esse nicht mehr, bis ein Anruf von Mace meinen schlimmsten Verdacht bestätigt. Dann beginne ich zu schreien. Ich stoße Laute aus, von denen ich gar nicht wusste, dass sie menschlich sind. Das ist verstörend. Wenn man sein Handy nicht mehr beantwortet, heißt das, man kann es nicht mehr beantworten. Entweder ist man schon tot, oder man ist gerade dabei zu sterben.«
Herzlichen Dank, dachte Pylon und verabschiedete sich. Kaum hatte er aufgelegt, klingelte das Telefon. Captain Gonsalves.
»Ist er wieder aufgetaucht?«, fragte der Polizist.
»Nein. Noch immer keine Spur.«
»Der Fall wurde erst mal auf Eis gelegt, und er verschwindet trotzdem.«
»Das hat nichts mit dem Fall zu tun. Da geht es um etwas anderes.«
»Dann melden Sie ihn als vermisst.«
Pylon schnaubte verächtlich. »Die werden mir erklären, dass ich achtundvierzig Stunden warten muss.«
»Das ist Blödsinn«, erwiderte Gonsalves. »Wenn Ihnen irgendein Sesselfurzer das sagt, rufen Sie mich an.«
Pylon meldete Mace trotzdem nicht als vermisst, sondern malte sich ein weiteres Szenario aus: einen Raubüberfall. Jemand hatte eine Bestellung für einen roten Alfa Spider, Baujahr 1970, aufgegeben, und irgendwelche Jungs zogen die Sache im strömenden Regen durch. Parkten den Spider in irgendeiner Garage. Es waren schon seltsamere Dinge passiert. Oupa K war nicht derselben Ansicht.
»Boss, Boss, Boss«, sagte er zu Pylon auf Englisch. »Hör mir zu, Boss.« Wechselte zu Xhosa. »Niemand südlich von Lusaka will so ein Auto haben. Jedenfalls nicht, um damit herumzufahren. Wenn jemand dieses Auto will, dann um es in die Garage zu stellen.«
»Genau.«
»Es gibt etwa … sagen wir mal zwei rote Spider in der Stadt«, fuhr Oupa K nun wieder auf Englisch fort. »Höchstens drei. Wenn ich einen solchen Wagen will, dann würde ich erst mal die Besitzer herausfinden. Und mich für den entscheiden, der höchstwahrscheinlich am wenigsten Schwierigkeiten macht.«
Pylon fragte auf Xhosa, ob er es ihn wissen lassen könne, wenn er irgendetwas läuten hörte.
»Ist doch nur ein Mlungu «, erwiderte Oupa K. »Nicht so wichtig.«
Um Viertel vor zehn hörte Pylon von der Lokalisierungsfirma, dass der Scanner innerhalb der nächsten Stunde, höchstens eineinhalb Stunden, seine Arbeit aufnehmen würde. Um halb elf rief die Firma erneut an, um zu erklären, dass sie jetzt mit der Suche beginnen und sich als Erstes der Umgebung von Gardens widmen würden.
»Nein«, sagte Pylon. »Zuerst die Parkgaragen. Und wenn Sie das Auto finden, tun Sie nichts, außer mich zu informieren. Niemand fasst etwas an, bevor ich da bin.«
»Niemand wird etwas anfassen wollen«, entgegnete der Mitarbeiter.
Eine halbe Stunde später holte Pylon Ducky Donald zur Pressekonferenz ab. Ducky machte sich weit weniger Sorgen um Mace als darum, wie die Presse die ganze Geschichte angehen würde.
»Knochen, Asche – wo liegt der Unterschied?«, sagte er zu Pylon im Wagen. »Damals wurden die Toten noch nicht verbrannt, denn sonst hätte man die Knochen ja gar nicht gefunden. Du verstehst? Eigentlich schade, wenn man es sich genau überlegt. Asche ist nämlich besser. Weniger emotional. Asche kann alles sein: Holz, Pflanzen, Menschen. In einem Haufen Asche erkennt keiner irgendwas. Nicht wie bei einem Gerippe. Das schaut aus wie wir. Wir wissen, dass wir das sind. Diese Leute mit ihren spitzen Zähnen sehen sich die Schädel mit den spitzen Zähnen an und sagen: ah, mein Vorfahre. Asche kann man nicht auf dieselbe Weise ansehen. So ist das eben. Ich begreife Sheemina Februarys Problem nicht. Ich will die Asche doch nur zu einem Teil des Gebäudes werden lassen. Man kann das auch so betrachten: Auf diese Weise wird das Haus zu einer echten Gedenkstätte. Zu einem lebendigen Monument.
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