payback: thriller (German Edition)
Fensterscheiben zu lauschen. Irgendwo in den Tiefen des Hauses schien ein Radio oder etwas Ähnliches zu spielen.
Die Frage ist, dachte er, wo ich am besten einbreche.
Vor die Fenster des Wohnzimmers waren die Vorhänge gezogen. Das Gleiche galt für den vorderen Raum, wo Oumou einmal ihr Atelier eingerichtet hatte und die Männer damals eingebrochen waren. Keines der Fenster stand auch nur einen Spalt weit offen. Er lief um das Haus herum durch ein kleines Tor, das zu einem gepflasterten Hinterhof führte. In der Küche brannte Licht. Die Lamellen der Jalousie vor dem Fenster waren so eingestellt, dass Pylon in die leere Küche sehen konnte. Auf der Arbeitsplatte eine Schachtel mit Takeaway-Essen. Ein nicht angerührter Sechserpack Bier und ein paar Flaschen neben den Essensüberresten. Ein Kurzwellenradio.
Er warf eines der Hinterfenster ein, um ins Haus zu gelangen. Stand lauschend in der Küche. Das Radio spielte Rap. Er schaltete es aus. Das einzige Geräusch war jetzt das Ticken der Küchenuhr. Er wartete, bis der Sekundenzeiger eine volle Runde beendet hatte. Dann ging er in den Flur hinaus, der zur Eingangstür führte. Bei jedem Schritt knarzten die Dielenbretter. Blieb am Fuß der Treppe stehen. Sah nach oben. Fast konnte er das Haus über sich innehalten spüren.
Erst jetzt bemerkte er die Tür in den Keller. Der Riegel war zurückgeschoben. Sie war angelehnt, und auf der Treppe nach unten brannte Licht. Pylon lief hinunter. Er rief immer wieder »Mace, Mace!«, bis er den leblosen Körper unten auf der Schwelle liegen sah. Die Steinplatten waren über und über voller Blut.
Pylon unter der Kellertür sagte: »Heilige Mutter Gottes.«
»Kann nur zustimmen«, erwiderte Mace.
Pylon zeigte auf die Pistole, die neben Mace auf dem Bett lag. »Und das Spielzeug da?«
»Für mich unter der Matratze deponiert. Es funktioniert sogar.«
»Grundgütiger. Ich meine: Was? Wie?«
Mace erzählte ihm, wie er von Mikey entführt worden war, ebenso wie alles, was danach folgte. Bis zu dem Zeitpunkt, als er dachte, Mikey würde seinen Revolver benutzen, weshalb er, Mace, ihm zweimal in die Brust geschossen hatte. Und wie Mikey diesen seltsamen Gesichtsausdruck bekam, der an Übelkeit erinnerte, und wie er dann Blut und rosa Zeugs gespuckt hätte. Ohne allerdings das Gleichgewicht zu verlieren. Wie er unsicher wankend einen Schritt nach vorne getan und mit seiner Waffe gefuchtelt, auf die Hände gefallen und noch mehr rosa Zeugs ausgehustet hätte. Mace sagte, er habe schon geglaubt, noch einmal schießen zu müssen, doch dann gaben Mikeys Arme nach, und er fiel flach aufs Gesicht, die Beine nach hinten gespreizt. Er hatte zuckend auf dem Boden gelegen. »Ihm beim Verbluten zuzusehen, war nicht gerade ein Höhepunkt in meinem Leben«, erklärte Mace.
»Heilige Mutter Gottes«, sagte Pylon erneut. »Kaum zu glauben, dass ein Mensch so viel Blut hat.«
»Die Schlüssel«, forderte ihn Mace auf. »Mach mich endlich los.«
Pylon trat einen Schritt zurück. »Ich soll seine Taschen durchsuchen? Mit all dem Blut? Abschaum wie der könnte HIV -positiv sein.«
»Wasch dir danach die Hände«, schlug Mace vor. »Wasser hat so was Reinigendes.«
Pylon: »Ach was?« Stieß mit der Schuhspitze gegen Mikeys Taschen, bis er die Ausbeulung durch die Schlüssel entdeckte. Vorsichtig zog er sie heraus. Seine Hände wurden trotzdem blutig. »Mist«, sagte er. »Das schreit förmlich nach Tod.« Er eilte die Treppe hinauf, um seine Hände und den Schlüsselbund zu waschen.
Mace rief ihm hinterher: »Du könntest mich zuerst mal losmachen!«
Pylon kam zurück. Er trocknete sich die Hände an seiner Jeans ab. »Jetzt hätte ich’s beinahe vergessen«, sagte er und beugte sich über die Fußfessel. »Heute Morgen hatte ich eine CD im Bürobriefkasten. Nette Aufnahme von dir vor dieser Wand, würde ich vermuten. Ich konnte nicht erkennen, was du gesagt hast, weil eine andere Stimme drübergelegt war. Wahrscheinlich die von Mikey, der meinte, er würde dich gegen deine Diamanten eintauschen.«
»Ach, wirklich?«, fragte Mace.
Pylon fand den passenden Schlüssel und sperrte das Schloss auf. »Oumou hab ich nichts erzählt. Ich dachte, es wäre etwas voreilig.«
»Gut«, sagte Mace und rieb sich seine schmerzende Wade. »Wie geht’s ihr?«
»Nicht gut. Hat sie schwer mitgenommen. An deiner Stelle würde ich sie anrufen. Und zwar pronto .« Er hielt Mace sein Handy entgegen.
Dieser nahm es. »Ich dachte, ich würde hier sterben.
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