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Payback

Titel: Payback Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schirrmacher
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Versagens. Mullainathans Entdeckung lautet, dass der Produktivitätsunterschied zwischen armen und besser gestellten Arbeitnehmern damit zu tun hat, dass die Besserverdienenden mehr Geld in Vorkehrungen investieren können, die Ablenkungen von ihnen fernzuhalten - vom Babysitter bis zur gesicherten Wasserversorgung. »Menschen können sich nicht konzentriert ihrer Arbeit widmen, wenn sie von häuslichen Sorgen abgelenkt werden. Aber wenn sie sich nicht um die häuslichen Probleme kümmern, zahlen sie ebenfalls einen Preis: Frühe Anzeichen der Erkrankung eines Kindes werden nicht bemerkt, der Wasservorrat ist erschöpft, es fehlt Brennstoff für die Lampen, sodass man seine Hausarbeiten nicht mehr machen kann usw.« 56
    Zwar müssen sich Bewohner der westlichen Hemisphäre um Wasserversorgung und Petroleum keine Sorgen machen, aber sehr wohl um die Wasser- und die Stromrechnung. Und was für die materielle Daseinsvorsorge gilt, gilt ebenso für die mentale. Multitasking ist eine sich selbst beschleunigende Abwärtsspirale, bei der man am Ende nur noch dafür lebt und arbeitet, die Ablenkungen, die sie produziert, von sich fernzuhalten.
    Reichtum - und zwar materieller wie seelischer Reichtum - in der gegenwärtigen Welt zeigt sich daran, wie viel Geld man investieren kann, um Ablenkungen von sich fernzuhalten. Nicht zufällig stellt das »Time Magazine« bereits 2006 überrascht fest: »Einige der reichsten und produktivsten Menschen der Welt weigern sich, ihr Gehirn den Datenströmen zu unterwerfen.« 57 Die anderen freilich müssen es weiter tun.
    Bis vor Kurzem war Multitasking wie das Tennis-Racket des sportlichen Weltbürgers von heute. Im Sommer 2009 stellte Stanford-Forscher Clifford Nass das Ganze dann in ein etwas anderes Licht. Im Auftrag der amerikanischen »National Academy of Science« hat er eine aufsehenerregende Studie veröffentlicht, die zum ersten Mal die Unterschiede zwischen Menschen aufzeigt, die sehr viel multitasken - die also zwischen verschiedenen Medien, vom Blackberry über das Internet bis zum Fernsehen hin und her surfen, E-Mails abrufen und keine Nachricht verpassen wollen - und solchen, die es selten tun.
    Nass fand heraus:
Je intensiver Menschen dem Medien-Multitasking nachgehen, desto weniger können sie auswählen, was ihr Arbeitsgedächtnis speichert und desto stärker wird ihre Zerstreutheit.
Multitasker verlieren systematisch die Fähigkeit, zwischen Wichtigem und Unwichtigem in ihrer Umgebung zu unterscheiden. Aber nicht nur in der Umgebung: Auch das Gedächtnis vermag nicht mehr zwischen wichtig und unwichtig zu unterscheiden, was dazu führt, dass wir immer weniger in der Lage sind, ein Fazit zu ziehen.
Multitasker reagieren häufiger auf »falschen Alarm«, das heißt, sie sind bereit, alles stehen und liegen zu lassen, wenn ein neuer Informationsreiz eintrifft, und sie verlieren sogar die Fähigkeit, später zu beurteilen, wo es sinnvoll war, die Aufmerksamkeit abzulenken, und wo nicht.
Multitasker werden nicht immer effizienter, sondern immer schlechter, selbst im Bereich des Multitaskings. Sie werden langsamer bei allen Tätigkeiten, die keinen Aufgabenwechsel erlauben, und können sich auf Aufgabenwechsel auch schwerer einstellen. Ein Phänomen, das die Forscher besonders überraschend finden angesichts der Bedeutung, die dem permanenten Aufgabenwechsel zukommt.
Die geistigen Leistungen von Multitaskern werden in einigen Bereichen immer fehlerhafter, beginnen sogar zu sinken. Die Fähigkeit des Menschen zu denken, wird immer fehlerhafter. 58
    Diese Ergebnisse zeigen, dass die neuen Technologien geistige Anforderungen stellen, die man nicht erlernen
kann
- im Gegenteil: Intensive Multitasker werden selbst im Multitasken schlechter, je länger sie ihm nachgehen.
    In einer Vollständigkeit und Kühle ist das eine Diagnose, wie sie nicht einmal Skeptiker hätten erwarten können. Haben die Stanford-Forscher recht, dann können wir uns Multitasking nicht durch Lernen, nicht einmal durch Training aneignen.
    Die Menschen müssen etwas lernen, das sie nicht lernen können. In diesem einfachen Satz stecken nicht nur alle Frustrationen des Informationszeitalters, sondern er erklärt das dif fuse Gefühl vieler Menschen, trotz immer größerer Informationsfreiheiten immer mehr eigene Freiheit zu verlieren. Es gibt nichts, was wir einerseits können müssen und anderseits niemals können werden. Eine ziemlich ungewöhnliche Lage, in der wir uns befinden. Wenn Menschen nicht

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