Peace Food
Stimmungsaufheller und zugleich -barometer hat
Serotonin weitere Auswirkungen auf die Psyche und ist außer bei der Depressionsverhinderung
auch bei einer Reihe von anderen seelischen Störungen hilfreich. Bei Patienten mit
Zwangsstörungen wie Wasch- und Kontrollzwängen fanden Wissenschaftler wie gesagt um bis zu
50 Prozent unter der Norm liegende Serotonin-Spiegel. Weitere Forschung ergab, wie
Hemmungslosigkeit und der Hang zu verrückten und hochgradig irrationalen Handlungen
ebenfalls mit deutlichem Serotoninmangel einhergehen. Auch außerordentlich eifersüchtige
und von Verlustängsten geplagte Menschen haben deutlich reduzierte Serotonin-Spiegel.
Versuche ergaben laut Marco Rauland 135 , dass Eifersucht durch Medikamente, die den Serotonin-Spiegel
erhöhen – wie etwa die Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer –, erfolgreich gebessert werden
konnte.
Verliebtheit und
Liebe aus Serotonin-Perspektive
Interessanterweise findet sich auch bei Verliebten ein deutlicher
Serotoninmangel. Und tatsächlich hat die Verliebtheit mit dem Schmetterlingsgefühl im Bauch
– vom Serotoninmangel im Verdauungstrakt – und der Bewusstseinseinschränkung auf den einen
besonderen Menschen durchaus Ähnlichkeiten mit einer, wenn auch sehr angenehmen
Zwangsstörung. Die Wahrnehmung ist völlig von diesem einen Menschen in Beschlag genommen
und insofern eingeschränkt, die Schattenseiten der geliebten Person werden konsequent
ausgeblendet, und man fixiert sich in extremer Weise auf diese Person in ihrer lichtesten
Erscheinung, während große Teile des übrigen Lebens ignoriert werden. Nach spätestens einem
Jahr lässt die Verliebtheit – biochemisch jedenfalls – nach und das Leben normalisiert sich
parallel zum Serotonin-Spiegel.
Die Bestimmung des Serotonins bietet also die Möglichkeit, Verliebtheit
von Liebe zu unterscheiden. Der Zustand der Verliebtheit gleicht biochemisch einer
Stresssituation: Serotonin ist reduziert bei zugleich erhöhten Stresshormonen wie Cortisol
und Adrenalin. Auf der anderen Seite sind unter einem besonders hohen Serotonin-Spiegel
tiefe, ruhige Liebesgefühle vorherrschend.
Mit Liebesekstase kann der Organismus offenbar auch ohne Drogeneinfluss
große Mengen Serotonin mobilisieren. Wir sollten ihm nur gefüllte Speicher dieses
wundervollen Stoffes zur Verfügung stellen und öfter Gelegenheit zur Ekstase bieten.
Serotonin macht weit und offen, friedlich und von tiefer Ruhe erfüllt, Serotoninmangel
hingegen offenbar eng und fixiert. Letzeres fühlt sich verrückt an.
Beim Phänomen der Verliebtheit, die mit dem Absinken des
Serotonin-Spiegels in Verbindung steht, gibt es wahrscheinlich eine Interaktion mit dem
»Hormon der Begeisterung«, Phenylethylamin. Dieses übernimmt mit dem Zurückweichen des
besonnen und offen zugleich machenden Serotonins, das im Überfluss ruhige Ekstase fördert,
die tragende Rolle im psychischen Geschehen und vermittelt das Gefühl des Außersich-Seins
vor Begeisterung und der Ekstase, wie sie frisch Verliebte kennen.
Wirkungsdauer und
Tagesrhythmus
Serotonin hat eine Halbwertszeit von 21 Stunden, das heißt danach ist die
Hälfte wieder aus dem Blut verschwunden. War es in dieser Zeit in der Erfüllung seiner
vielen Aufgaben stark beansprucht, etwa beim Stressabbau, ergibt sich in den frühen
Morgenstunden ein Serotonin-Tief, das bei zu Depressionen neigenden Menschen als Morgentief
bekannt ist. Solch ein relatives Tief haben aber auch all jene, die schwer aus den Federn
kommen und denen morgens meist die Lust auf den neuen Tag fehlt. Beides ist, wie sich
zeigen wird, vermeidbar.
Abends, wenn es dunkel wird, werden wir müde, wenn der Organismus beginnt,
vorhandenes Serotonin in das Schlafhormon Melatonin umzuwandeln. Unser Gehirn hat in
Gestalt der Epiphyse oder Zirbeldrüse eine Art Lichtschalter, der den Tag-Nacht-Rhythmus
steuert. Am helllichten Tag schaltet die Epiphyse den Serotoninschalter ein und den für
Melatonin aus, bei Dunkelheit umgekehrt. In den frühen Morgenstunden ist der
Serotonin-Spiegel jedenfalls auf dem Tiefpunkt, weil ein guter Teil vom aufgenommenen
Serotonin aufgrund der Halbwertszeit verbraucht ist; andererseits ist es während der Nacht
auch in Melatonin umgewandelt und als solches aufgebraucht worden. Nun vergeht Zeit, bis
unter dem Einfluss von (Sonnen-)Licht wieder neues Serotonin nachproduziert werden kann,
sofern die dafür notwendigen
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