Peacemaker
sagen Sie das nicht.«
»Warum nicht?«
»Weil es wie etwas klingt, das man jemandem sagt, den man nie mehr wiedersieht.«
Er nahm die Hände von ihren Schultern und legte sie an ihre Wangen. »Passen Sie auf sich auf.«
Plötzlich stellte sie sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn. »Pass du auch auf dich auf«, sagte sie, dann ging sie an ihm vorbei zu der Treppe, die zum B-Deck führte. Er sah zu, wie sie die Tür öffnete und sich noch einmal zu ihm umdrehte.
»Mir ist bewusst, dass er trotz allem dein Bruder ist«, sagte sie. »Tut mir leid.«
Als sich die Tür schloss, blitzte Kates kastanienbraunes Haar noch einmal kurz auf, dann verschwand sie und ließ Gideon in einem Gefühlschaos zurück. Er zwang sich, seine Sorge um eine Frau, die er erst wenige Stunden zuvor kennengelernt hatte, beiseitezuschieben, und stellte fest, dass ihm ihre Behauptung, Tillman sei derjenige gewesen, der Botschafter Stearns getötet habe, noch immer Kopfzerbrechen bereitete. Gideon war bereit zu akzeptieren, dass sein Gedächtnis womöglich nicht mehr das beste Hilfsmittel zur Identifizierung seines Bruders war. Auch wenn es für Tillmans veränderte Stimme und fehlgeleitete Ideologie eine Erklärung geben mochte, er konnte noch immer nicht glauben, dass sein Bruder eine unbewaffnete Geisel töten würde, und schon gar nicht mit der sadistischen Genugtuung, die dieser Mann demonstriert hatte. Vor allem aber konnte sich Gideon nicht damit abfinden, dass sein Bruder ihn tot sehen wollte.
Doch wenn der Mann, der von sich behauptete, Tillman zu sein, in Wirklichkeit nicht Tillman war, wer, zum Teufel, war er dann, und was wollte er? Und wo war Tillman? Weitere Fragen, auf die Gideon keine Antwort hatte. Das Einzige, was er wusste, war, dass er diese Antworten niemals finden würde, wenn er sich nicht hinunter in Raum D-4 begab und die Bombe entschärfte.
EINUNDDREISSIGSTES KAPITEL
Drei von Timkens besten Männern hatte dieses verrückte Miststück auf dem Gewissen.
Als er der Managerin der Bohrinsel zuvor befohlen hatte, den gelben Overall anzuziehen, hatte sie ihn wie ein Insekt beäugt und ihn mit ihrem halbnackten Körper provoziert. Obwohl er ihr am liebsten den BH und den Slip weggerissen und ihr eine Lektion dafür erteilt hätte, dass sie ihn so ansah, hatte er keine Miene verzogen. Timken hatte dem Impuls widerstanden, doch jetzt hätte er sie gerne an Händen und Füßen gefesselt und getan, was er schon früher hätte tun sollen. Doch Parker warnte Timken, dass er sie in Ruhe lassen solle, bis sie sicher sein konnten, dass sie sie nicht mehr brauchten. Sie war die einzige Person auf der Bohrinsel, die etwas über dieses verdammte dumpfe Geräusch wusste, das inzwischen immer häufiger aufzutreten schien – etwa alle zehn Minuten – und mit immer größerer Intensität. Man konnte es durch die Schuhsohlen spüren. Parker versprach Timken, dass er mit der Frau machen könne, was er wolle, sobald sie nicht mehr auf sie angewiesen waren.
Parker musste sicherstellen, dass die Bohrinsel so lange stehen blieb, bis das Unwetter weitergezogen war und mit ihm die alles verhüllende Wolkendecke. Sein Plan stützte sich darauf, dass die Zerstörung der Obelisk von den Satelliten und den Aufklärungsflugzeugen aufgenommen wurde, die über dem Südchinesischen Meer im Einsatz waren. Wenn Parker etwas verstand, dann war es die Macht der Bilder.
Kate stolperte, als die Dschihadisten sie in die Kabine B-14 schubsten. Das Erste, was sie zur Kenntnis nahm, war das Blut – an der Decke, an den Wänden, auf den Bettlaken. Wenngleich der Leichnam des Botschafters nirgendwo zu sehen war, wusste sie, woher das Blut stammte.
»Verdammt, Kate, warum hast du nicht auf mich gehört? Ich habe dir doch gesagt, dass du dich fernhalten sollst!« In dem Gefühlschaos in Big Als Stimme wich der Ärger schnell Erleichterung. »Gott sei Dank geht es dir gut.«
»Wenn sie dir etwas angetan hätten, hätte ich nicht mehr in den Spiegel schauen können.« Sie sah sich hilflos in der mit Blut bespritzten Kabine um. »Es ist meine Schuld, dass er den Botschafter getötet hat.«
»Blödsinn«, schnaubte Big Al. » Sie haben ihn getötet. Du hattest nichts damit zu tun.«
»Halten Sie den Mund.« Der Dschihadist namens Chun sprach mit amerikanischem Akzent, was Kate seltsam fand. Er zog ihr die Arme auf den Rücken, während einer der kleineren Dschihadisten ihre Handgelenke mit Kunststoffhandschellen fesselte. Chun deutete mit einem Nicken auf
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