Peacemaker
Der Raum war nicht größer als sechs Quadratmeter, und an den Wänden standen Regale voller Reinigungsprodukte. In einer Ecke lehnten ein Schrubber und mehrere Besen. Er schloss die Tür hinter sich. Jetzt herrschte kein Halbdunkel mehr. Es war stockfinster.
Gideon ertastete den Lichtschalter und klappte ihn nach oben und nach unten, doch die Glühbirne war offenbar kaputt, da der Raum dunkel blieb. Er tastete die Tür nach einem Schloss ab. Doch sie hatte kein Schloss, keinen Riegel, nichts, um die Dschihadisten auszusperren, sobald sie anfingen, das D-Deck Raum für Raum zu durchstöbern.
»Wir sitzen in der Falle«, sagte Gideon.
»Nein, das tun wir nicht«, widersprach Kate. »Es gibt einen Maschinenschacht, der in der Bohrinsel vom C-Deck bis ganz nach oben führt. Dieser Raum befindet sich genau darunter. Wir können hineingelangen, wenn wir durch den Kanal der Klimaanlage nach oben klettern. Unsere Elektriker haben auf dem A-Deck eine Werkstatt. Dort finden Sie alle Werkzeuge, die Sie brauchen. Und während wir uns auf dem A-Deck befinden …«
»… werden sie das D-Deck durchsuchen, feststellen, dass Sie nicht da sind, und wieder nach oben gehen«, führte er ihren Gedankengang zu Ende.
»Genau. Dann kommen wir wieder runter, damit Sie die Bombe entschärfen können.« Es gefiel ihr, dass sie auf derselben Wellenlänge waren.
»Halten Sie das fest«, flüsterte er und platzierte ihre Hände auf dem wackeligen Stahlregal. Ihre Haut war eiskalt. »Ich klettere hoch und sehe nach, ob ich den Lüftungskanal finde, der zu dem Maschinenschacht führt.«
»Verstanden«, flüsterte sie. Er spürte, wie sich die Muskeln unter ihrer Haut bewegten, als sie sich gegen das Regal stemmte. Vor dem Raum explodierte noch eine Blendgranate, gefolgt von weiterem Geschrei. »Beeilen Sie sich!«, zischte sie.
Gideon war sich darüber im Klaren, dass die Dschihadisten auf jedem Deck das Labyrinth aus Gängen methodisch durchforsten und dabei jeden Raum kontrollieren würden. Die Bohrinsel war nur ungefähr so groß wie ein kleines Bürogebäude. Sie würden nicht lange brauchen.
Gideon erklomm vorsichtig das Regal. Obwohl er versuchte, sein Gewicht so gleichmäßig wie möglich zu verteilen, bog sich das Blech unter ihm durch. Das Regal war offensichtlich nicht darauf ausgelegt, einen Zweizentnermann zu tragen. Er tastete die Decke ab. Seine Finger fanden mehrere kleine Rohre und Leitungen, dann die kastenförmige Metallabdeckung eines Lüftungskanals. Die Abdeckung wurde von Rändelschrauben gehalten.
Er löste die Rändelschrauben, und nach wenigen Sekunden spürte er, dass sich die Abdeckung auf einer Seite senkte. Dann auf der anderen. Staub rieselte Gideon in die Augen, als er sie entfernte.
Er rieb sich seine stechenden Augen und ließ dabei beinahe die Abdeckung fallen.
Als er den Kopf in den Schacht steckte, kletterte Kate hinter ihm her. Das Regal schwankte und knarrte. Aber es fiel nicht um. Er spürte, wie sie sich an ihn presste und ihm einen Arm um die Hüften legte. Er war lange keiner Frau mehr so nahe gewesen. Die Dringlichkeit der Situation verlieh ihrer Intimität jedoch einen seltsamen Beigeschmack.
Er hörte ein Krachen, gefolgt von einem gedämpften Fluchen. »Alles in Ordnung?«
»Das Regal ist umgefallen«, sagte sie. Er packte sie am Handgelenk und zog sie hoch, wobei er sich mit den Füßen auf beiden Seiten des Schachts abstützte.
Einen Augenblick später zwängte sie ihre Hüften durch die Öffnung, schoss nach vorn und landete zwischen seinen Beinen auf ihm. Sie waren so eingekeilt, dass Gideon sich fast nicht bewegen konnte. Als durch die Öffnung des Schachts plötzlich ein schwacher Lichtschimmer fiel, erstarrten sie.
Sie hörten, wie sich jemand unter ihnen im Lagerraum bewegte, gegen Dinge trat und auf Malaiisch Worte ausspuckte, die wie Schimpfworte klangen. Offenbar machte die Dunkelheit den Dschihadisten genauso zu schaffen wie Gideon und Kate.
Gideon spürte Kates flachen Atem an seiner Brust. Sie zitterte am ganzen Körper – ob vor Kälte oder Angst, konnte er nicht beurteilen –, während die Dschihadisten weiterhin in dem Raum unter ihnen herumpolterten. Dann wurde es wieder dunkel, und die Tür fiel zu.
Langsam entspannte sich Kates Körper. Ihr Kopf ruhte in seiner Halsbeuge. Er spürte ihren warmen Atem an seiner Schulter, und ihr Haar fiel über sein Gesicht. Sie roch nach Seife. Einen Moment lang schmiegte sie sich an ihn, eine impulsive Geste, die in Gideon eine
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