Pech und Schwefel (German Edition)
mehr viel von ihren Edelsteinen übrig.
»Wir suchen uns Arbeit«, überlegte eines Morgens Ronor.
»Gute Idee.«
Aber leider stellte sich heraus, dass es einfacher gesagt war, als wirklich Arbeit zu finden. Sie bettelten jeden Händler, jeden Wirt, jeden Handwerker an, doch ohne Erfolg. Es folgten Händler auf den Märkten, Fischer im Hafen und sogar Metzger. Doch alle verneinten mit den gleichen Worten: »Über den Winter habe ich keine Arbeit für euch. Ich komme selbst kaum über die Runden. Kommt im Frühjahr wieder.«
Sie waren sogar so verzweifelt, dass sie überlegten Kanabel um Arbeit anzuflehen. Doch das hätte bedeutet, sie hätten ihm gegenüber zugeben müssen, ihn bald nicht mehr bezahlen zu können.
Nach zweiten Wochen enttäuschter Suche, und nachdem sie die letzten beiden Tage auf Essen verzichtet hatten, schien wieder das Glück zu ihnen gefunden zu haben.
»Schau, dort drüben«, rief Ronor seinem Bruder zu, als sie wieder durch das Armenviertel liefen.
Auf der anderen Straßenseite entdeckten sie eine offen stehende Tür, die in einen dunklen Keller führte. Auf dem Schild darüber stand der Name Kasos, drum herum waren Kohlenstücke abgebildet.
»Was willst du da?« Nomarac klang misstrauisch.
»Nach Arbeit fragen.« Ronor lächelte und lief auf die Tür zu. Vorsichtig lugte er ins Innere und schreckte zurück, als plötzlich ein muskulöser Raukarii auftauchte. Seine Hemd und Hose waren schwarz, ebenso sein Gesicht. Der schwarze Staub klebte sogar in seinen schulterlangen roten Haaren.
»Wer seid ihr?«, brummte der Raukarii und musterte die beiden.
»Wir suchen Arbeit. Ich bin Ronor. Das ist mein Bruder Nomarac.«
»Kommt erstmal rein«, forderte der Mann sie auf.
Sie folgten ihm eine kleine Treppe nach unten. Der Kellerraum wurde von zwei Fackeln erhellt. In einem angrenzenden Raum stapelten sich mehre Haufen mit Holzkohle. Obwohl es hier trotz des Feuers einigermaßen hell war, wirkte es dennoch düster.
»Ihr kommt gerade recht«, begann der Mann, der sich ihnen als Kasos vorstellte. »Ich suche immer ein Paar fleißige Hände. Könnt ihr denn schwer schleppen? Ihr zwei seht nicht gerade kräftig aus.«
Die Zwillinge nickten und konnten kaum fassen, was er gerade gesagt hatte.
»Mhm.« Kasos lief auf und ab, legte die Stirn in Falten und tippte sich mit dem Zeigefinger immer wieder gegen das Kinn.
»Wir können hart arbeiten«, bettelte Ronor.
»Und schleppen können wir auch«, fügte Nomarac hinzu.
»Gut. Ich bin einverstanden«, verkündete der Köhler und die strahlenden Gesichter der Brüder waren ansteckend. »Aber ich kann euch nicht viel zahlen. Das heißt, viel Arbeit für wenig Geld.«
Abermals nickten die Zwillinge.
Gleich im nächsten Morgengrauen standen die Zwillinge vor Kasos, der bereits einen Wagen mit Kohle beladen hatte, vor dem zwei kräftige Ochsen gespannt waren. Er erklärte den jungen Raukarii, was sie erwarten würde und was sie zu tun hatten, dann setzten sich die Tiere auch schon in Bewegung. Den ganzen Tag fuhren sie von Haus zu Haus, füllten Säcke ab und schleppten sie dann zu den Bürgern ins Haus. Die Arbeit war hart und Kasos gönnte ihnen kaum eine Pause, doch am Abend bekam jeder von ihnen einen Halbedelstein in die Hand gedrückt. Überglücklich leisteten sie sich auf dem Weg zu ihrem Zimmer bei einem Suppenstand jeweils eine Schale Gemüsesuppe mit Brot. Zurück in der schäbigen Schenke gingen sie nach oben und fielen schließlich in einen traumlosen Schlaf.
Kurz bevor die Sonne aufging, standen die Zwillinge wieder vor Kasos, und die Arbeit begann von neuem. Am Abend bekamen sie ihren verdienten Lohn in die Hand gedrückt, und abermals gönnten sie sich eine warme Mahlzeit. So ging es einige Wochen weiter. Trotz ihrer Arbeit wurde ihre Lederbörse immer leerer. Das Zimmer musste stets pünktlich bezahlt werden. Und schließlich nahm auch Kasos’ Holzkohlevorrat stetig ab.
Eines Abends hockten die Zwillinge auf dem Fußboden in ihrem Zimmer, ihre Umhänge fest um ihre Körper geschlungen. Seit vier Tagen hatten sie sich nicht mehr gewaschen, denn die Waschschüssel war auf unerklärliche Weise verschwunden. Ihr derzeitiger Wasservorrat reichte gerade, um ihren Durst zu stillen, und Kanabel verlangte für einen Eimer sauberes Wasser einen Edelstein. Von Kopf bis Fuß waren sie voller Kohlenstaub. Draußen war es bitterkalt geworden und durch ein Loch im Fenster pfiff der Wind hinein. Ihre einzige Wärmequelle war der Kamin, der
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