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Pech und Schwefel (German Edition)

Pech und Schwefel (German Edition)

Titel: Pech und Schwefel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Madison Clark
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endlich den Mut fanden, sich umzudrehen und sich stumm von allen Raukarii zu verabschieden, die in ihrem Herzen immer einen Platz behalten würden.
    Mucksmäuschenstill stahlen sie sich auf die Straße, drehten sich nicht um und rannten im Licht des silbrigen Mondes los. Sie befolgten die Anweisungen von Alori, die ihnen mehrmals den Weg zu einer Schenke beschrieben hatte, wo sie die nächsten Monate ungestört verbringen konnten. Vor allem war es wichtig, dass Endis Teptur niemals in diesem Haus nach ihnen suchen würde. Da die Schenke mitten im Armenviertel lag und Endis dort kaum Mieten einnahm oder andere Geschäfte pflegte, sollte das für die Zwillinge sicher genug sein.
    Immer auf der Hut vor den Stadtwachen, die herumstreunende junge Raukarii nachts auf den Straßen ohne zu fragen als Diebe ansahen, gelangten sie unbemerkt von der Hauptstraße bis zum Tempel. Von dort ging es weiter zum Marktplatz. Nachts wirkte der große Platz sehr unheimlich und immer wieder glaubten sie, dass jemand sie verfolgte. Aus diesem Grund rannten sie schneller.
    Es dauerte nicht lange, dann hatten sie das Armenviertel von Mayonta erreicht. Hier waren sie endlich frei – frei und ungezwungen. Von hier aus würden sie ihre erste große Reise antreten. Eine Reise in eine ungewisse Zukunft. Eine Zukunft, die noch ungeschrieben war. Dieses Gefühl beflügelte ihre Schritte, doch als sie an dem alten, inzwischen eingestürzten Versteckeingang von Clay und seinen Freunden vorbeikamen, verharrten sie stillschweigend und traurig. Die Erinnerungen an die erste Zeit ohne ihre Eltern kamen wieder hoch. Auch die Gedanken an ihre Zeit mit Clay und den Dieben.
    »Komm, wir suchen die Schenke«, flüsterte Nomarac nach einigen Augenblicken ins Ohr und zog ihn weiter.
    »Wir können doch nicht einfach mitten in der Nacht dort anklopfen?« Ronor seufzte und fror ein wenig.
    Es war zwar noch Sommer, der allmählich hielt der Herbst Einzug und brauchte in den Nächten kalte Luft von der Westküste bis nach Mayonta. »Ich weiß nicht, wir sollten besser bis zum Morgen warten.«
    »Du hast Angst«, stellte Nomarac fest und nahm die Hand seines Bruders in die sein. Seitdem er von Caladur beinahe umgebracht worden war, war er sehr ängstlich und vorsichtig geworden. »Du brauchst dich aber nicht zu fürchten. Ich bin da und habe mein Messer dabei. Du weißt doch, was wir uns geschworen haben. Egal wo wir sind und was passiert, du bist mir das Wichtigste auf der ganzen Welt. Niemand wird dir oder mir etwas tun, dafür sorge ich. Aber was sollen wir dann tun? Mitten auf der Straße schlafen?«
    Ronor schüttelte den Kopf. »Natürlich nicht. Lass uns einfach einen Unterschlupf suchen. Sobald die Sonne aufgeht, können wir immer noch den Wirt nach einem Zimmer fragen.«
    »Damit bin ich einverstanden«, murmelte Nomarac und zog seinen Bruder im Schlepptau weiter.
    Auf der nächsten Straßenkreuzung blieben sie stehen und sahen sich um. Ringsherum war alles dunkel und verlassen. Die Kälte kroch beiden in die Glieder. Schließlich fand Nomarac einen Hauseingang, der ein wenig abseits der Straße lag. Dort setzten sie sich eng aneinander gedrückt auf den Boden, schlangen die Wollumhänge um sich und fieberten dem Sonnenaufgang entgegen. Dabei nickte zuerst Ronor, dann auch Nomarac ein.
    »Aufwachen, ihr stinkenden Hunde!«, riss plötzlich eine ohrenbetäubende Stimme die Zwillinge aus dem Schlaf. Erschrocken fuhren sie zusammen. »Verschwindet von hier.«
    Noch im Halbschlaf wurde Nomarac an der rechten Schulter nach oben gezogen und mit einem Fußtritt auf die Straße befördert. Ronor folgte mit einem leisen Aufschrei.
    »Lasst euch nicht mehr blicken, dreckiges Straßenpack«, knurrte ein älterer Raukarii mit schütteren, weißen Haaren und reckte als Drohung einen Besen in die Luft. »Ihr vertreibt mir noch die Kundschaft.«
    Sprachlos standen die Zwillinge auf und ließen ihren Blick über die nähere Umgebung schweifen. Nachts hatte noch alles fremd und unheimlich gewirkt, doch jetzt bei Tagesanbruch bemerkten sie, dass sie sich an einer belebten Straßenecke befanden. Raukarii – ob alt oder jung, Frau, Mann oder Kind – huschten umher, unterhielten sich und riefen sich gegenseitig unflätige Flüche zu. Geschlafen hatten sie vor dem Eingang eines Schuhmachers, der sie immer noch drohend anstarrte.
    »Wir verschwinden«, sagte Ronor und lief voraus.
    Nomarac folgte seinem Beispiel und schloss zu ihm auf. Gemeinsam überlegten sie, wie sie die

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