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Pechvogel: Roman (German Edition)

Pechvogel: Roman (German Edition)

Titel: Pechvogel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. G. Browne
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gereicht.
    Damals hatte ich schon so lange gewildert – fast dreißig Jahre nämlich, also fast mein ganzes Leben –, dass ich beständig eine Dosis Kleines Glück im Körper hatte. Doch auch wenn man Pech stiehlt, bleiben dummerweise Spuren davon im Körper zurück. Und ganz gleich, welche Güte es hat: Pech negiert so gut wie jedes Glück. Außer dem reinsten Großen Glück, das jedoch nicht gerade leicht zu finden ist. Erst recht nicht, wenn man es wirklich dringend braucht.
    Ich habe diese Lektion auf die harte Tour gelernt.
    Aber wenn dir jemand eine Tasche voller Geld in die Hand drückt und die Summe in etwa deinem Wilderer-Erlös der letzten zwei Jahre entspricht, hältst du dich für jung und stark genug, um mit nahezu allem fertigzuwerden. Du kommst nicht mal auf den Gedanken, dass all das Geld verlorengehen oder gestohlen werden oder einfach im Nichts verschwinden könnte. Ich jedenfalls weiß bis heute nicht, was damals mit diesem Geld passiert ist. Alles, was ich weiß, ist: Am nächsten Morgen war es nicht mehr da.
    In gewisser Weise hilft Pech einem dabei, das volle Ausmaß der eigenen Dummheit zu erkennen.
    Als ich schließlich meinen Grande Cappuccino ausgetrunken habe, ist mein Zehn-Uhr-Termin immer noch nicht aufgetaucht. Ich höre meine Mailbox ab und prüfe meine SMS-Inbox, aber es gibt keine Nachrichten. Soweit ich weiß, hat mich niemand außer der süßen Brünetten und der Asiatin angeschaut, und auch draußen vor dem Laden ist mir keine verdächtig wirkende Person aufgefallen. Wenn das eine Falle sein sollte, dann hat irgendjemand das Memo dazu nicht erhalten. Was wohl bedeutet, dass ich es wieder mal mit einem Kunden zu tun habe, der kurz vor Feierabend kalte Füße bekommen hat. So ein Glück kann auch nur ich haben. Wenigstens bleiben mir noch die zehn Großen Scheine von Tuesday, die meine Ausgaben für die nächsten Monate decken sollten.
    Als ich gehen will, kommt die Bedienung mit dem keltischen Tattoo an meinen Tisch und reicht mir ihre Telefonnummer auf einer Serviette.
    »Ich bin zum Abendessen noch nicht verabredet«, sagt sie und knabbert so verführerisch an ihrer Unterlippe, wie nur Frauen es können. Das ist so ähnlich wie mit dem lasziven Tanzen an der Bar. Bei Frauen wirkt das anregend. Verlockend. Und ist gesellschaftlich anerkannt. Macht ein Typ das Gleiche, dann liegt der Coolness-Faktor bei null.
    Die Brünette wirft mir im Gehen noch ein verheißungsvolles Lächeln zu. Ein unausgesprochenes Versprechen verborgener Schätze, die es zu entdecken gilt. Aber aktuell kann ich mich nicht auf meinen inneren Piraten einstimmen.
    Aus irgendwelchen Gründen hat mich das Pech, das ich vor drei Jahren gewildert habe, mit einer Schwingung oder einem Pheromon ausgestattet, das weibliche Bedienungen bei Kaffeehausketten magisch anzieht. Das klingt ja erst mal nicht schlecht, werden Sie jetzt vermutlich denken: Kaum betrete ich Starbucks oder Peet’s, stürzen sich all die jungen, niedlichen, sexy Baristas auf mich und bieten mir neben kostenlosem Sex auch mehr Gratis-Cappuccinos, -Mokkas und -Espressos an, als ich trinken kann. Bei über sieben Dutzend Filialen von Starbucks und Peet’s in San Francisco und mehreren Kellnerinnen pro Standort, die mir ihre Nummern schenken und erotische Signale senden, sollte ich doch wunschlos glücklich sein, oder?
    Leider will jede Kellnerin, mit der ich geschlafen habe – von der im Peet’s in West Portal bis zu der im Starbucks am Ghirardelli Square –, im Gegensatz zu mir allerdings nicht nur Spaß, sondern eine ernsthafte Beziehung.
    Mir sind Kurzbeziehungen lieber. Idealerweise dauern sie eine Nacht. So muss man sich niemals sorgen, am Ende Gefühle für die Frau zu entwickeln, und unangenehme Begegnungen der dritten Art beim Zähneputzen bleiben einem auch erspart.
    Obwohl ich bald die Hälfe meiner Dreißiger hinter mir habe, vermeide ich emotionale Nähe immer noch.
    Nennen Sie es eine Berufskrankheit.
    Um ehrlich zu sein: Der Hauptgrund, aus dem ich einen Bogen um Beziehungen mache, ist, dass keine normale Frau verstehen würde, was ich tue. Wer ich bin. Sie würde versuchen, mich zu ändern. Oder mich doch irgendwann verlassen. Also erspare ich uns beiden den Ärger und gehe zuerst.
    Verpflichtungen waren noch nie mein Ding.
    Mehr als einmal wurde die Lage dennoch kompliziert, und ich musste mir eine Liste der Starbucks und Peet’s machen, die ich nicht mehr betreten kann. Nach dem Fiasko beim Peet’s in der Fillmore Street

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