Pechvogel: Roman (German Edition)
und …« Und es fällt mir nicht ein.
»Stella«, sagt sie. »Stella und Stacy. Wow.«
Na ja. Wenigstens der Anfangsbuchstabe hat gestimmt.
»Sie sind mit ein paar Freunden im Kino«, erklärt sie. »Warum interessiert dich das?«
»Warst du schon immer so feindselig? Oder sparst du dir das für mich auf?«
»Was willst du, Aaron?«
Mein echter Name. Oder zumindest der, der mir bei meiner Geburt gegeben wurde. Ich hab ihn nicht mehr benutzt, seit ich das College abgebrochen habe. Und wenn es nach mir geht, ist Aaron vor zehn Jahren gestorben. Was mich zum eigentlichen Grund meines Besuches bringt: Ich möchte wissen, ob es eine Möglichkeit gibt, ihn wiederzubeleben.
»Ich wollte bloß mal sehen, wie es meinen Nichten geht. Ob es ihnen gutgeht.«
»Es geht ihnen gut, wenn man bedenkt, dass dir nicht mal ihre Namen einfallen. Du hast dich heute Morgen schon nach ihnen erkundigt. Oder hast du das auch vergessen?«
»Ich weiß. Ich wollte nur …«
»Komm zum Punkt, Aaron.«
Jetzt kommt der knifflige Part: Ich muss irgendeinen Weg finden, um Mandy zu erzählen, was vor sich geht, ohne dass sie etwas nach mir wirft. Eine gusseiserne Pfanne zum Beispiel. Oder einen Stock wilder Killerbienen.
»Tja. Es gibt da dieses kleine Problem …«
»Was für eine Überraschung«, unterbricht sie mich und lacht auf. »Bei dir gibt es immer kleine Probleme. Nur dass sie niemals klein sind.«
»Ich weiß. Aber diesmal ist es anders.«
»Wie anders ist es denn? Seit der Highschool ist es die gleiche Geschichte, immer und immer wieder. Es geht immer ums Geld. Die ganze Zeit. Um nichts anderes. Die Aufregung beim Beutemachen. Die Freiheit. Aber wohin hat es dich gebracht? Was hast du dafür vorzuweisen? Wann wirst du endlich aufwachen und merken, dass Wildern dich nicht glücklich machen kann?«
»Ich weiß. Und genau deshalb werde ich aufhören.«
» Du willst aufhören?« Sarkasmus tropft aus ihren Worten und sammelt sich als Pfütze zu ihren Füßen.
»Ja. Sobald ich mich um ein paar Dinge gekümmert habe.«
»Ach, Scheißdreck. Auch das habe ich schon mehr als einmal gehört.«
»Wann?«, frage ich.
»Ach, keine Ahnung. Nach jedem wichtigen Ereignis in meinem Leben, das du wegen der Wilderei verpasst hast. Meine College-Abschlussfeier. Meine Hochzeit. Die Geburt meiner beiden Töchter …«
»Es tut mir leid, Mandy.«
»Es tut dir leid?«
Ich nicke heftig.
»Was tut dir leid?«
Mir wird klar, dass mir so vieles leidtut, dass ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll.
»Dass ich nicht für dich da bin«, sage ich. »Dass ich nicht Teil deines Lebens bin. Dass ich all die Dinge, die ich hätte tun sollen, nicht getan habe.«
Sie starrt mich weiterhin an, aber nun ist da etwas weniger Verbitterung in ihren Zügen. »Tja. Das sind ja mal ganz neue Töne«, entgegnet sie schließlich und legt die Hände auf die Kante des Tresens. »Dir tut nie etwas leid.«
Wir mustern einander schweigend, doch als ich ein Lächeln aufsetze, um zu sehen, ob es wirkt, lächelt sie zurück. Es ist nur ein kleines Lächeln, nicht viel mehr als ein Zucken der Lippen, aber es ist ein Anfang.
»Wirst du wirklich aufhören?«
Ich nicke. »Sobald ich ein kleines Problem gelöst habe.«
Sie rollt die Augen. »Was ist es jetzt schon wieder?«
»Tja. Deshalb bin ich hergekommen. Um mit dir darüber zu sprechen.«
»Und warum willst du mit mir darüber sprechen?« Sie verschränkt erneut die Arme, und das Lächeln um ihre Mundwinkel verabschiedet sich.
»Weil es bei dem kleinen Problem um dich geht.«
»Um mich? Wie genau geht es dabei um mich?«
Weil Alex draußen wartet und meine Glücksdiebesuhr tickt, erzähle ich Mandy die Kurzfassung von Barry Manilow, Tommy Wong und dem Behälter mit Pech. Tuesday Knight verschweige ich – also beide –, um Mandy nicht noch weiter aufzuregen.
»Scheiße«, sagt sie mit erstickter Stimme. Sie fährt sich durchs Haar, hält sich den Kopf und starrt auf den Boden. Dann sieht sie auf und lässt ihren Frust heraus. »Wie konntest du mir das nur antun?«
»Es war nicht mein Fehler.«
»Nein, natürlich nicht. Es ist ja nie dein Fehler.«
»Aber ich habe wirklich rein gar nichts getan, um dich in die Sache hineinzuziehen. Nicht absichtlich jedenfalls.«
»Es spielt keine Rolle, ob du es absichtlich getan hast«, gibt sie zurück, wobei ihre Stimme lauter wird. »Der Grund, aus dem ich in die Sache hineingezogen wurde, aus dem meine Familie in die Sache hineingezogen wurde, ist der,
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