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Pechvogel: Roman (German Edition)

Pechvogel: Roman (German Edition)

Titel: Pechvogel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. G. Browne
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Pfennigabsätzen und einem Mikro-Minirock steckt Geld in die digitale Jukebox, aus der gerade irgendwas von Slayer dröhnt.
    Sie beugt sich vor, um sich einen neuen Titel auszusuchen, und dabei rutscht ihr Spaghettiträger-Top hoch, so dass man die Drachentätowierung über ihrem Hintern sieht. Ich habe keine Zeit, hinzustarren oder beim Starren erwischt zu werden, aber ich tue es trotzdem, weil ich mir einfach nicht helfen kann. Außerdem mag ich Miniröcke.
    Als ich mich endlich von ihrem Hintern lösen kann, schaut sie mich an und wirft mir über die Schulter ein Lächeln zu. Dann geht sie von der Jukebox in die Damentoilette.
    Ich trete an die Bar, schiebe mich zwischen einen Kneipenhocker und einen Hipster und bestelle mir eine Cola.
    »Nur eine Cola, Kumpel?«, fragt der Hipster. »Warum kippst du nicht noch ein bisschen Jack dazu?«
    »Ich bin trocken.«
    Mit zwei Unzen hochkarätigem Pech im Gepäck ist es ratsam, nichts Schlaumeierisches oder Sarkastisches zu sagen, das zu einer Auseinandersetzung führen könnte. Pech sorgt dafür, dass die Menschen überreagieren. Zum Beispiel, indem sie Kommentare persönlich nehmen. Oder mir ins Gesicht schlagen.
    »Mein Beileid«, meint der Kneipenhocker und prostet mir mit seinem Drink zu. »Wollen wir hoffen, dass sich das bald wieder ändert.«
    Der Barkeeper gibt mir meine Cola, die ich bezahle und dann halb austrinke, ehe ich mich auf den Weg zur aktuell besetzten Herrentoilette mache. Während ich warte und mich von dem wachsenden Druck auf meiner Blase abzulenken versuche, wird Slayer abgelöst von Don’t Stop Believin’ von Journey, und alle in der Bar singen mit. Wenig später öffnet sich die Tür der Toilette, und ein Besoffener mittleren Alters stolpert heraus, schließt seinen Hosenschlitz und gibt eine schreckliche Imitation von Steve Perry zum Besten.
    Ich gehe rein und schließe ab, öffne meinen Reißverschluss und pinkele eine Mischung hochqualitativen Glücks in meine halbvolle Cola. Ich habe keinen Spaß daran, in die Cola zu pinkeln. Wäre es Pepsi, fiele es mir jedenfalls deutlich leichter.
    Als Donnas und Dougs Glück meinen Körper verlassen, löst das bei mir kurz ein Gefühl von Schwäche und Verwundbarkeit aus. Doch kaum habe ich den letzten Tropfen abgeschüttelt, stähle ich mich und kippe die Mischung aus Cola und Urin herunter, die trotz des Zuckers, der Limettenscheibe, des Vanillearomas und der anderen Geschmacksstoffe eher nach Urin als nach Coca-Cola schmeckt. Sobald ich fertig bin, fülle ich zu den Eiswürfeln im Glas noch Wasser, um auch den letzten Rest Glück zu trinken. Dann stelle ich das Glas neben das Waschbecken und betrachte mich in dem Spiegel darüber.
    Ich bin kein schlecht aussehender Typ. Absolut vorzeigbar, zumindest hat man mir das schon oft gesagt. Und auch wenn ich über dreißig bin, fragt man mich gar nicht so selten nach meinem Ausweis oder danach, auf welche Schule ich gehe. Einer der Vorzüge des Lebens als Glückswilderer ist, dass wir unser jugendliches Äußeres behalten.
    Wenn ich mich allerdings selbst anschaue, fallen mir die glatte Haut, das volle Haar oder die Farbe meiner Augen nicht auf. Ich sehe nur einen dreißig Jahre alten Glückswilderer, der keine Freunde und keine Familie, dafür aber gerade ein Glas Cola mit Urin getrunken hat.
    Nichts macht es einem so deutlich, dass man sein Leben ändern sollte, wie das Trinken der eigenen Körperflüssigkeiten.
    Als ich aus der Toilette komme, ist Don’t Stop Believin’ vorbei, und Johnny Cash singt The Man Comes Around.
    Ich glaube, das ist das Zeichen für mich zu gehen.
    Auf dem Weg aus der Bar stolpert die attraktive Asiatin von der Jukebox gegen mich und schüttet sich ihr Getränk über die Klamotten.
    »Hey!«, sagt sie mit hoher und lauter Stimme. »Was zum Teufel …?!«
    »Tut mir leid«, erwidere ich, auch wenn ich die Kollision nicht verursacht habe. »Wie wäre es, wenn ich dir noch einen Drink ausgebe?«
    »Wie wäre es, wenn du verdammt noch mal aufpasst, wohin du überhaupt gehst?!«
    »Jupp«, schaltet sich der Hipster ein, der sich auf seinem Hocker umgedreht hat, um der Show zuzuschauen und uns anzufeuern. »Pass auf, wo du hintrittst, Jack.«
    Da sie gegen mich gestolpert ist, sollte sie sich entschuldigen. Aber an so einem Ort über Benehmen und die Grundlagen der Etikette zu diskutieren ist keine gute Idee. Ich muss die Situation entschärfen, bevor die Lage eskaliert. Das Letzte, was ich gerade gebrauchen kann, ist,

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