Pechvogel: Roman (German Edition)
ist mit dem Verpacken des Pechs fertig und reicht mir nun den Beutel mit dem gemahlenen Kaffee, der Starbucks-Hausmischung. Mir wäre French Roast lieber gewesen, aber wenigstens ist der Kaffee nicht entkoffeiniert.
»Danke für das Verpacken«, sage ich und stecke den Beutel in meinen Rucksack zu dem leeren Becher von Peet’s.
»Kein Problem. Und jetzt geh.«
Und das war’s. Mein Zeichen zum Aufbruch. Ich soll die Bühne verlassen. Und unwillkürlich muss ich an die Stimme in Amityville Horror denken, die den neuen Hausbewohnern sagt, dass sie verschwinden sollen.
Ich schaue mich in der leeren Küche um, die weder Lebensmittel noch Charme zu bieten hat. Hier gibt es nichts, das dem Raum etwas Wärme verleihen würde. Und ich kann nicht anders, als mich zu fragen, ob ich nicht etwas tun sollte, bevor ich gehe. Etwas, um der Existenz des Albinos ein bisschen mehr Menschlichkeit zu geben.
»Hey, wollen wir was trinken gehen?«, frage ich. Nicht dass ich die Zeit dafür hätte oder er so aussehen würde, als könne man mit ihm einen spaßigen Abend verbringen, nein. Aber er tut mir eben leid.
»Nein. Nichts trinken.«
»Wie sieht es mit Essen aus? Ich lade dich ein.«
Er schüttelt den Kopf. »Öffentliche Orte bekommen mir nicht.«
Damit fallen wohl auch die Bowlingbahn und ein Besuch im Wellnesscenter aus. Trotzdem muss es doch etwas geben, das ich tun kann.
»Lass mich wenigstens den Beutel Kaffee bezahlen.«
»Kostet nichts.«
»Wie teuer war er denn?«, will ich wissen und greife nach meinem Geldbeutel. »Zehn Mäuse?«
»Bitte, das ist nicht nötig.«
»Nein, ich bestehe darauf. Zumindest das kann ich tun.«
Er starrt mich mit seinen blassblauen Augen an, und ich überlege, ob er vielleicht gerade darüber nachdenkt, mich zu töten. Er wäre schließlich nicht der Erste, der heute auf diesen Gedanken gekommen ist.
»Okay. Ja. Zehn Dollar sind in Ordnung. Aber dann gehst du.«
Daraufhin sehe ich in meinen Geldbeutel und muss feststellen, dass ich gar keine kleinen Scheine habe. »Kannst du auf einen Hunderter rausgeben?«
Kapitel 33
A ls ich aus der Tür komme, ist mein Taxi weg.
Man sollte denken, dass ich mit Donnas und Dougs Glück in den Adern nicht solche Probleme haben würde. Aber wenn ich die zwei Unzen hochkarätiges Pech in meinem Rucksack dazurechne, ist wohl alles möglich.
Ich warte ein paar Minuten auf ein anderes Taxi, aber das einzige, das vorbeikommt, ist besetzt. Also schaue ich die O’Farrell Street hoch und entdecke an der Ecke zur Hyde Street das Schild der Nite-Cap-Bar. Zwar erwarte ich nicht, dort eine Mitfahrgelegenheit zu finden, aber die zwei Gläser Guinness, die ich im O’Reilly’s hatte, und der Moccacino von Peet’s strampeln in meiner Blase wie ein Fötus im zweiten Trimester, und so gehe ich in die Richtung, ehe mir das Glück die Beine hinabrinnt.
Natürlich könnte ich auch kurz in einer Gasse verschwinden, den leeren Becher aus dem Rucksack holen und mich auf diesem Weg erleichtern. Schließlich bin ich in Tenderloin – hier würde das niemanden stören. Aber bei meinem Glück würde ich wahrscheinlich sofort wegen Urinierens in der Öffentlichkeit festgenommen und in die Ausnüchterungszelle gesteckt.
Und im Nite Cap kann ich meinen Urin wenigstens mit etwas Cola und Eis mischen, anstatt ihn unverdünnt wieder zu trinken.
Vor der Bar stehen ein paar Besoffene und teilen sich eine Kippe. Es könnten Obdachlose oder Gäste der Bar sein. Oder beides. Einer von ihnen trägt einen angeschlagenen rot-weiß gestreiften Zylinder, der aussieht, als habe er ihn dem Kater mit Hut aus Dr. Seuss’ Kinderbuch gestohlen. Er mustert meinen Anzug und sagt: »He, wer kommt denn da? Das kann nur der beschissene James Bond sein.« Während die anderen grunzend lachen, gehe ich an ihnen vorbei in die Bar.
Ich hasse diesen Stadtteil.
Der Innenraum ist zeitgenössisch heruntergekommen: düstere Beleuchtung, braune Täfelung und Klebeband, das den Teppich zusammenhält. Auf zwei Fernsehern an beiden Enden der Bar laufen sportliche Höhepunkte ohne Ton, während eine Lucky-Strike-Uhr über dem Klo dokumentiert, wie alle Anwesenden ihre Zeit vergeuden.
Hipster und Kneipenhocker hängen an den Tischen im hinteren Teil oder auf den Hockern an der Bar herum. Zwei Typen, die aussehen, als ob sie zu einer Studentenverbindung gehören, spielen 8-Ball am Billardtisch, der dicht an einer Wand unter einer Buntglaslampe mit Budweiser-Logo steht. Eine attraktive Asiatin mit
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