Pechvogel
ansehen.«
»Das ist kein Liebeszeug, sondern eine leichte Komödie über die Liebe.«
»Du glaubst auch an Liebe bis in den Tod und so? Vergiss es, so ein Zeug sehe ich mir nicht an«, sagte Gabi mit erhobener Stimme.
Dieser Abend hätte so schön beginnen können, dachte Richard.
»Was willst du dir ansehen?«, fragte er bemüht freundlich.
» Drei Jahre in Island .«
»Um was geht es in dem Film?«
»Du bist doch bei uns der, der sich mit Filmen auskennt. Du betest mir immer so viel von Filmen vor, Dinge, von denen ich mir nichts merken kann, weil es mich überhaupt nicht interessiert. Nun gehe ich endlich mit dir ins Kino und du kennst den Film nicht, den wir uns ansehen werden«, sagte Gabi laut.
Richard musste sich beherrschen, um jetzt nicht auch laut zu werden. Aber das war nicht sein Stil, schon gar nicht in der Öffentlichkeit. Er hätte Gabi nun viel über seine explizite Vorbereitung auf diesen Abend erzählen können, aber er ersparte sich diese sinnfreie Diskussion.
»Ich wusste ja nicht, dass du dir diesen Film aussuchst. Also, um was geht es in dem Film?«
»Ich habe diese Woche in der Tageszeitung davon gelesen. Eine tschechisch-polnisch-deutsche Produktion. Darin fliegt ein vierzigjähriger Sparkassenfilialleiter nach Island und lernt dort drei Jahre die Leute und das Land kennen.«
»Genau das richtige Thema für einen großen Kinoabend«, sagte Richard mit triefend viel Sarkasmus in der Stimme.
»Dachte ich auch«, sagte Gabi mit ernstem Ton.
Gabi hatte ihn, den Sarkasmus, wieder einmal nicht wahrgenommen.
Eine Studentin mit massivem Überbiss und fettigen Haaren an der Kasse lächelte Richard an. Gabi hatte sich abgeseilt und stand nicht in der drängelnden Menge, die Kinokarten kaufen wollte. Sie wartete hinter der Menge und musste sich nicht anrempeln lassen.
»Ähm, Kino drei«, sagte Richard. » Drei Jahre in Island . Zwei Karten.«
Die Studentin, Heidi stand auf ihrem Namensschildchen, lächelte unverdrossen weiter.
Richard dachte, nachdem er ihr den Titel des Filmes gesagt hatte, würde ihr das Lächeln wohl für immer einfrieren.
»Kino drei, der Herr. Parkett oder Loge?«
»Solch eine Großproduktion muss man schon aus der Loge verfolgen«, sagte Richard.
Heidi wirkte verwirrt. »Großproduktion? Sie haben doch Kino drei gesagt, oder?«
»Sie haben leider richtig verstanden.«
»Der Film hat Überlänge, daher kostet er leider einen Zuschlag von zwei Euro pro Karte. Ist das okay?«
»Überlänge?«
»Ja«, sagte Heidi. »Wussten sie das nicht?«
»Das war zum Glück bisher an mir vorbeigegangen.«
»Wollen Sie die Karten trotzdem?«
»Ja«, antwortete Richard.
Heidi lächelte ohne Unterlass und druckte die Karten aus.
»Bitte schön, der Herr.«
Richard nickte bedauernsvoll. Vor allem bedauerte er sich.
Er kaufte für sich noch eine Cola light und für Gabi, auf ihren Wunsch hin, eine Tüte Chips, einen Schokoriegel, eine normale Cola und im Kino selbst noch ein Eiskonfekt.
Während Gabi aß und trank, streichelte sie immer wieder über Richards Mittelzentrum.
»Der wird ja ganz groß«, sagte Gabi mit ihrer Zehnkampf-Schlafzimmerstimme.
»Du lässt ihm ja auch keine andere Wahl«, sagte er.
»Gefällt es dir etwa nicht?«
»Doch, wenn du dazu Lust hast, mach weiter.«
Ohne Gabis Dauerstreicheln wäre Richard genau sechzehn Mal eingeschlafen. So aber wurde er von Gabi immer wieder in die isländische Realität zurückgeholt. Der ausgesprochen unattraktive Sparkassenfilialleiter (gespielt von einem Polen, eine Mischung aus Bud Spencer und Terence Hill mit nur noch drei langen Haaren auf dem Kopf) kutschierte mit einem verbeulten Opel Astra, Baujahr 1992, durch Island und sagte hin und wieder einen Satz über das Land und die Leute. Dann fuhr er auch schon weiter, mit seinem Opel Astra. Das machte er einhundertsechzig Minuten lang.
Gabi aß und trank und streichelte Richards kleinen Freund über die komplette Filmdauer.
Richard hatte im Leben selten einen glücklicheren Moment erlebt als den, als der Film Drei Jahre in Island zu Ende ging.
»Und, wie fandest du ihn?«, fragte Gabi mit einem Strahlen.
»Tja, viel Island halt.«
»Du fandest ihn nicht gut?«, fragte sie erbost.
»Doch, du hast ein gutes Händchen für Filme, Gabi.«
»Wusste ich’s doch. Ich kenne doch deinen Geschmack. Als ich von dem Film las, wusste ich sofort, dass uns der beiden gefallen wird.«
»Wie du das nur immer machst«, sagte Richard. »Darum sind wir ja zusammen,
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