Pedro Juan Gutiérrez
verprügelt, sie und den Typ. Meine Machete hätten sie zu spüren bekommen. Aber Luisito ist ein Mann mit Stil. Ich hätte sie hinausgeprügelt, ohne Kleider, ohne alles. Immerhin hat er ihr alles gekauft. Als sie vor sechs Monaten ankam, gehörte ihr nur, was sie am Leib trug, dazu ein Paar kaputte Sandalen und die Füße voller Lehm. Aber ich mache mir keine Sorgen. Luisito hat Reis und Dollars, weil er viel anbaut und alles verkauft. Damit hat er zu essen und Geld, und das wollen die Frauen. Dann sind sie ihre Sorgen los! Essen und Kohle fürs Shopping! In zwei, drei Tagen hat er eine andere.«
»So ist das Leben wohl, Estrella. Verausgab dich nicht völlig und beruhige deine Nerven. Ich gehe ins Bad. Setz dich, meine alte Dame muss jeden Moment zurück sein.« Ich ging ins Bad. Ich scheiße gern bequem, in aller Ruhe. Wo ich wohne, ist das nicht möglich. Das Bad wird von viel zu vielen Leuten geteilt, und ständig macht sich jemand fast in die Hosen und bollert an die Tür und schreit, du sollst dich beeilen. Ich nahm mir also eine Zeitung und ging, um in aller Ruhe zu lesen und zu scheißen. Aber Estrella kann nicht einfach dasitzen und kam hinter mir her. Ich saß und schiss, während sie durch die Tür weiter mit mir redete. »Es ist heiß hier in letzter Zeit. Erinnerst du dich noch an Tácito, der im Dorf neben deiner Tante Siomara wohnte?«
»Ja, Estrella, ich erinnere mich.«
»Nun, er hat seine Mutter vergiftet.«
»Seine Mutter?«
»Seine Mutter! Sie war eine alte Frau von vierundachtzig, die sich den lieben langen Tag mit allen zankte.«
»Wie hat er sie umgebracht?«
»Er hat ihr irgendwie Säure in ein Glas Milch geschüttet. Man sagt, die alte Frau fing gleich nach dem ersten Schluck furchtbar an zu schreien, ihr brenne der Magen wie Feuer, und sie starb kurz darauf mit Schaum vor dem Mund.«
»Und wie haben sie ihn gekriegt?«
»Es ging ganz entsetzlich weiter. Man gab die übriggebliebene Milch einem Ferkel im Hof, das dann auch gleich krepierte, quiekend und mit Schaum vor der Schnauze. Ich weiß nicht, wie die Polizei dahinter kam. Wahrscheinlich haben die Nachbarn gepetzt. Jedenfalls haben sie die Alte nach zwei Tagen wieder ausgegraben, eine Autopsie vorgenommen und dasselbe Gift gefunden wie in dem Schweinchen. Er hatte soviel reingekippt, dass es ein Pferd umgebracht hätte! Und jetzt behaupten die Leute sogar, er habe bestimmt auch seinen Stiefvater abgemurkst, um die Erbschaft von dreißigtausend Pesos einzustreichen. Im Gefängnis verschimmeln soll der Kerl! Und er ist nicht mehr jung. Tácito muss schon sechzig oder darüber sein.« Ich wischte mir den Arsch ab, zog die Spülung, kam aus dem Bad und verließ das Haus. Estrella machte mich wahnsinnig. Ich konnte mir ihre schrille Stimme und den ganzen Mist nicht mehr länger anhören.
Ich brauchte etwas escoba amarga für eine Reinigung. Ich musste mein Zimmer reinigen - läutern -, denn in den letzten Tagen hatte ich zweimal einen leichten Frauenduft wahrgenommen. Als ob ein Geist mich umschwebte. Und das tut mir nicht gut. Es ist nicht gut, dunkle Geister um sich herumspuken zu lassen.
Also brach ich auf. Außerhalb der Stadt, auf dem Lande, lebt ein befreundetes schwarzes Ehepaar, Raysa und Carlos. Mit ihr hatte ich mal eine sehr erotische Liaison. Gelegentlich frischen wir sie auf. Aber seit sie geheiratet hat, sind wir ruhiger geworden. Sie ist eine bildhübsche, zärtliche Frau.
Als ich hinkam, spielte laut das Radio. Die Sprecherin sagte immer wieder: »Freiheit, Liebe, Hoffnung. Drei Dinge kann man über Kuba sagen: Freiheit, Liebe, Hoffnung.« Ihre Stimme klang weich und angenehm.
Raysa war allein. Sie stellte das Radio ab, damit wir reden konnten.
»Mach uns einen Kaffee. Ich hole mir ein bisschen escoba amarga und bin gleich wieder da.«
»Oje, Pedrito, ich habe keinen Kaffee. Hier gibt es nichts mehr. Nur escoba amarga, da hinten in der Ecke. Nimm dir, so viel du brauchst.«
Ich riss ein Büschel von dem Kraut ab und legte es in eine Ecke.
»Willst du deine Wohnung einer Reinigung unterziehen?« »Ja, eine Nachbarin von mir ist Santera, die wird sie vor-nehmen. Sie sagt, sie will mein Zimmer und ihres gleichzeitig reinigen, denn sie liegen nebeneinander.«
»Carlos und ich müssen auch unbedingt eine Santera aufsuchen - aber zusammen. Sie muss ihm unbedingt sagen, was er ist, damit er verschwindet, damit er sich ein für alle Mal entscheidet und mich in Ruhe leben lässt.«
»Ich verstehe nicht.«
»Ach,
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