Pedro Juan Gutiérrez
erholen.«
»Ich muss jetzt los, Robertico. Vielen Dank für das Gläschen, mein Freund.«
»Was machst du heute Abend?«
»Nichts.«
»Bleib in der Nähe. Wir wollen eine kleine Spritztour mit dem Wagen unternehmen und sehen, ob wir ein paar Nutten auftun und mit zum Strand nehmen können. Und ich habe keine Lust mehr, mit diesen schwarzen Burschen hier loszuziehen, denn sie sind immer gleich besoffen und suchen Streit, und immer enden wir auf der Polizeiwache.«
»Wir Weißen besaufen uns auch.«
»Das ist was anderes. Ich kenne dich zwar nicht, aber ich weiß, du bist ein seriöser Typ.«
»Und die Deutsche lässt dich einfach ziehen?«
»Ach, Alter, mit der kann ich machen, was ich will. Du solltest dir das heute Abend nicht entgehen lassen, alles geht auf meine Rechnung. Und wir werden ganz schön auf'n Putz hauen, Mann. Wir suchen uns zwei nette Hühner und zeigen's ihnen, bis der Tag anbricht. Ich muss mich erholen, Kumpel. Wenn ich wieder zurück bin, erwartet mich nur ein elektrischer Schraubenzieher und eine ganze Ladung winziger Schrauben. Acht Stunden Schräubchen drehen, von Montag bis Freitag.«
»In Ordnung. Ich bin in meinem Zimmer.«
Einige Dinge vergehen nicht
Letzte Nacht, inmitten von Musik, Besäufnis und dem üblichen Samstagsradau, hat Carmencita ihrem Mann den Schwanz abgeschnitten. Ich weiß nicht, wie es geschah, denn ich halte mich von diesen Leuten fern. In Wahrheit habe ich Angst vor ihnen, aber das dürfen sie nie erfahren. Wenn sie wittern, dass sie mir unangenehm sind oder mir Angst machen, bin ich verloren.
Ich saß im Türrahmen meines Zimmers und schnappte etwas frische Luft, während ich überlegte, wohin zum Teufel ich gehen konnte, bis das Haus sich so weit beruhigt hatte, dass ich mich schlafen legen konnte. Ich kann mich nicht daran gewöhnen, bei solchem Radau zu schlafen. Da saß ich also im Türrahmen, als plötzlich der Schwarze schreiend aus seinem Zimmer stürzte, blutüberströmt, beide Hände an die Eier gepresst. Hinter ihm Carmencita, ebenfalls kreischend, mit einem Messer in der rechten Hand. Sie warf das Stück Penis, das sie in der linken Hand hielt, zu Boden und kreischte.
»Jetzt kannste vögeln, wen du willst, du Scheißkerl.« Der Mann schrie vor Entsetzen, und zwei, drei Männer brachten ihn sofort ins Krankenhaus. Sie ließen das Stück Phallushaut liegen, aber ein altes Mütterchen nahm es auf, steckte es in eine Plastiktüte und lief laut schreiend hinter ihnen her.
»Nehmt das hier mit, damit sie es ihm wieder annähen können! Möge Gott ihm beistehen!«
Carmencita schloss sich in ihrem Zimmer ein. Wahrscheinlich zitterte sie vor Angst vor der Vedetta, die jetzt auf sie zukam. Entweder würden die Brüder ihres Mannes ihr mit der Machete nachstellen oder die Polizei, oder ihr Mann selbst würde sie bei lebendigem Leib fressen, sobald man ihn aus dem Kranken-haus entließ.
Vorige Woche hatte Lily ihren Mann in Brand gesetzt. Er war noch interniert, wollte sie aber nicht anzeigen. Einige behaupten, er sei verliebt, andere hingegen, er sei in einem kritischen Zustand und nicht ganz bei Bewusstsein. Wie dem auch sei. Diese schwarzen Weiber sind mit Vorsicht zu genießen, immer aggressiv. Manchmal glaube ich, sie blasen einander Totenstaub zu und drehen deshalb wegen eines Mannes, der wirklich nichts Besonderes ist, nur einer von Dutzenden, die jeder Frau das Leben zum Himmel und zur Hölle machen, völlig durch.
Heute ist alles ruhig. Sonntage sind langweilig. Nichts im Gebäude regte sich, es war fast still. Das große Haus lag da wie ein riesiges, dumpfes Ungeheuer, das sich sechs Tage in der Woche am Boden wälzt, Feuer speit und Erdbeben verursacht, am siebten aber ausruht und Kräfte sammelt. Ich wollte diese Ruhe dazu nutzen, eine Geschichte über die beiden Transvestiten zu schrieben, die hier im Haus wohnen. Sie sind Freunde von mir. Sie sind Freunde von allen. Zwei liebenswürdige, fröhliche Burschen, immer gut gelaunt. Alle Welt scheint sie zu mögen. Einer von ihnen träumt davon, eine berühmte Sängerin zu werden und tritt als Samantha auf, eine an Marilyn Monroe angelehnte Persönlichkeit. Seine Verwandlung ist so umwerfend, dass er dafür überall Preise einheimsen und sehr gut leben könnte.
Doch hier ist er nur ein armer Teufel, ein Hungerleider, dem man das Leben zur Hölle macht. Er verdient ein bisschen Geld als Friseur mit Hausbesuchen. Nach der Show, die im América-Theater gezeigt wurde, begann die
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