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Pedro Juan Gutiérrez

Pedro Juan Gutiérrez

Titel: Pedro Juan Gutiérrez Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schmutzige Havanna Trilogie
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Gestank nach Scheiße und Pisse, der aus dem Bad drang, war unerträglich. Nach vier Tagen ohne Wasser in einem Gebäude, in dem fast zweihundert Menschen wohnten, zudem bei dieser Hitze, konnte man wirklich durchdrehen wie diese alte Frau. Ich schloss die Tür und ging hinunter, um mich ein Weilchen an die Straßenecke zu setzen. Gleich darauf kam ein Bekannter auf mich zu. »He, Kumpel, Formel Eins kommt heute Nachmittag, um über zehn Burschen zu springen.«
    »Toll! Hundert Pesos, dass es klappt.«
    »Nein, ich setze auch. Ich weiß, dass es klappt.«
    »Das war's dann. Kennst du jemanden, der Rindfleisch und Langusten will?«
    »Mensch, Perucho, kennst du denn Robertico nicht?«
    »Nein.«
    »Robertico lebt seit Urzeiten in Deutschland und ist jetzt hier zu Besuch. Sprich mit ihm.«
    »Wo wohnt denn dieser Robertico?«
    »Hier im Gebäude. Hinten, letztes Zimmer. Sieh dir den Ha-vanautos an, den der Typ gemietet hat. Der weiß gar nicht, wohin mit seinen Dollars. Und er hat seine deutsche Frau und seine beiden Kinder mitgebracht.«
    »Und sie wohnen alle zusammen in dem einen Raum?«
    »Ja, ja. Neun Mann plus Robertico, seine Frau und die Gören. Dreizehn in einem Zimmer. Dabei ist er so reich, dass ich nicht weiß, warum er nicht ins Hotel geht.«
    »Wie lange lebt er schon in Deutschland?«
    »Elf Jahre, Mann. 84 ist er rüber. Mit einem dieser Arbeitsstu-dienverträge, weißt du noch? Du bist wirklich nicht von hier, was? Geh zu ihm. Vielleicht kauft er dir deine Ware ab.« Robertico trug drei massive Goldketten um den Hals, mit riesigen Medaillons von Santa Barbara, San Lázaro und La Caridad del Cobre. Zudem die weiße Kette von Obatalá und die rote von Changó. Der Raum war voller Koffer, Pakete und Kisten mit Kleidung, Ventilatoren, elektrischen Kochtöpfen, einem neuen Fernseher. Robertico war wie ein schöner schwarzer Maharadscha, halbnackt, verschwitzt, ungefähr fünfunddreißig. Neben ihm eine robuste Deutsche, etwas größer als er, und die beiden kleinen Mulatten, die wohl privilegiertesten Mischlinge der Welt, denn die Wahl ihrer Eltern war perfekt. Die Mischung wirkte unwirklich, aber ergab Sinn: eine blonde Frau, ein Schwarzer, Mulatten, glitzernde und leuchtende Gegenstände in einem schmutzigen, dunklen, zum Ersticken schwülen Raum eines bröckelnden Gebäudes.
    Am interessantesten war die Deutsche. Sie verstand kein Wort Spanisch. Sie lächelte nur und sagte »hola«. Ich hätte alles drum gegeben, zu erfahren, was sie von alledem hier hielt, von dem Gestank nach Scheiße, dem Wassermangel, der Hitze und der erstickenden Schwüle. Trotz alledem lächelte sie und wirkte ganz glücklich und entspannt. Robertico war ein harter Brocken. Am Ende gelang es ihm doch, mich ein bisschen zu drücken, aber er kaufte die gesamte Lieferung. Rindfleisch, Langusten und Rum. Er hatte sogar einen nagelneuen Kühlschrank mitgebracht, den er jetzt einweihen konnte. Nachdem er mich bezahlt hatte, erzählte ich ihm, dass ich vor Jahren einmal in Deutschland gewesen war. Er machte eine Flasche Rum auf und stieß mit mir an.
    »Ach ja? Wann?«
    »1982, vor dreizehn Jahren.«
    »In Berlin?«
    »Ein Jahr lang habe ich in Berlin gearbeitet. Ich habe den ganzen sozialistischen Teil kennen gelernt. Ich war damals Journalist und bin oft nach Europa gefahren.«
    »Und jetzt wohnst du hier im Haus?«
    »Ja.«
    »Verdammt, Mann, da biste aber auf'n Arsch gefallen, was? In so einem Gebäude haste vorher bestimmt nie gewohnt, was?«
    »Nein. Macht aber nichts. Ich rappel mich schon wieder auf.«
    »Mir fehlt dies alles hier, was man sich gar nicht vorstellen kann. Elf Jahre schufte ich jetzt wie ein Pferd. Mein Glück sind Ingrid und die Racker.«
    »Aber dir geht's doch gut.«
    »Ja, mir geht's gut, aber es ist nicht einfach. Ich brauche nur zwei Schlucke zu trinken, schon kommen mir die Tränen. Nicht einmal mit meinen Söhnen kann ich Spanisch sprechen, sie mögen's nicht. Ich wollte, dass sie es lernen, aber sie haben keine Lust.«
    »Aber jetzt musst du dableiben bis zum bitteren Ende. Wenn du dich erst einmal ans gute Leben gewöhnt hast, kannst du hier nicht mehr leben.«
    »Ich kann aus Deutschland nicht weg. Alles hier geht den Bach runter. Ich komme alle zwei, drei Jahre hierher, und jedes Mal ist's schlimmer.«
    »Jetzt haben wir nicht einmal mehr Wasser.«
    »Wenn es nicht bald Wasser im Gebäude gibt, werde ich ins Hotel ziehen müssen, aber das will ich nicht. Ich will mich hier bei meinen Leuten

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