Peeling und Poker (Aargauer Kriminalromane) (German Edition)
Zürcher Seefeld gefahren. Seit ihrer Zeit an der Universität war sie Mitglied des Zurich Comedy Club, einer bekannten und erfolgreichen englischen Laien-Theatergruppe. Als Unternehmerin fand sie zwar keine Zeit mehr, um aktiv auf oder hinter der Bühne mitzuarbeiten, aber als Zuschauerin besuchte sie jede Produktion. In der Pause traf sie immer ein Anzahl alter Bekannter, und diesmal war sie zusammen mit den Schauspielern noch auf ein Bier ins Vier Linden gegangen. Sie hatten viel gelacht und Erinnerungen an frühere Zeiten aufgefrischt; Marina setzte sich mit warmem Herzen und gut gelaunt ins Tram Nr. 4 und fuhr der Limmat entlang zurück zum Hauptbahnhof. Sobald sie im Zug sass, rief sie Nick an. Sie hatten eine Vereinbarung: beide gingen nicht schlafen, ohne einander gute Nacht gewünscht zu haben.
„Du klingst hellwach, meine Liebe, hast du einen netten Abend verbracht?“ Er selbst war müde und frustriert, und man hörte es seiner Stimme an. „Erzähl mal.“
„Es war eine herrliche Komödie, du hast wirklich etwas verpasst. Die Frau, die den Hund spielte, war umwerfend, und mein alter Freund Alex als schwuler Psychiater übertraf sich selbst, er erhielt einen Riesenapplaus für seine kleine Rolle.“ Sie kicherte, als sie daran dachte, wie tuntenhaft der sonst so männliche Alex sich bewegt hatte. Hohe Schaupielkunst war das, und immerhin von einem Laien gespielt.
„Eine Frau als Hund und ein schwuler Psychiater? Das klingt ja seltsam.“ Nick gähnte laut.
„Es geht um eine Ehe, die fast zerbricht, weil der Mann einen Hund nach Hause bringt. Aber ich erkläre dir das ein andermal, du bist müde und willst schlafen gehen. Hattest du einen guten Tag?“
„Wie man es nimmt. Ich habe viel Neues erfahren, aber es will alles nicht so recht zusammenpassen. Sag mal, kommst du morgen nach der Arbeit zu mir mit deinen Einkäufen, und dann kochen wir zusammen? Vielleicht bin ich bis dann einen Schritt weitergekommen. Und jetzt muss ich wirklich schlafen, Liebes. Gute Nacht, und komm gut nach Hause.“
„Schlaf gut, Nick, und träum was Schönes. Bis morgen.“ In Aarau ging sie zu Fuss nach Hause, zuerst entlang der Bahnhofstrasse, wo der Eingang des Grand Casinos immer noch hell erleuchtet war, dann durch die ausgestorbene Altstadt. Nur Doktor Hivatal war noch unterwegs mit seinem quirligen Jack Russell Terrier. Sie winkte ihm zu und er rief ihr nach: „Gute Nacht, schöne Frau, schlafen Sie gut.“
Samstag, 17. November 2007
Angela Kaufmann stand an der Pinnwand und zeichnete eine dicke Verbindungslinie zwischen Truninger und Doktor Fischer. „Die beiden lernen sich also vor sechs oder sieben Jahren mehr oder weniger zufällig in Las Vegas kennen. Andrew Ehrlicher ist ein guter Freund oder vielleicht auch der Geliebte von Viktoria Fischer. Truninger und Ehrlicher zwingen Viktoria, sich einer stationären Therapie zu unterziehen, um ihre Spielsucht loszuwerden. Sie bleibt sechs Monate in Taos, dann wird sie als geheilt entlassen. Gleich anschliessend gründet sie zusammen mit einem Psychologen aus der Klinik ein eigenes Institut, das Santa Fe Mountains Spiritual Resort. Die beiden haben grossen Erfolg mit Drogensüchtigen. Mit einem skurrilen Mix aus esoterischen und psychologischen Methoden schaffen sie es, dass viele ihrer Patienten sich wieder in die Gesellschaft integrieren können. 2005 meldet das Institut Insolvenz an. Der Partner von Fischer hat der Firma für seine Kokainsucht so viel Geld entzogen, dass die Gebäude versteigert werden müssen. Der Mann wandert ins Gefängnis. Fischer ist nichts Illegales nachzuweisen, aber sie steht vor dem finanziellen Nichts. Sie entscheidet sich, in die Schweiz zurückzukehren und bewirbt sich an verschiedenen psychiatrischen Kliniken. Im Juli 2006 tritt sie eine Stelle in Königsfelden an, wo man anscheinend sehr zufrieden ist mit ihrer Arbeit.“
„Mensch, Angela, woher hast du denn all diese Informationen?“ Pfister pfiff anerkennend durch die Zähne.
„Danke fürs Kompliment, Peter.“ Angelas Augen glänzten mit dem Feuer der Detektivarbeit. „Herr Ehrlicher hat uns das Gerüst geliefert, und ich habe letzte Nacht ein bisschen recherchiert im Internet. Es ist allerdings so, dass der heutige Lebenslauf von Frau Fischer nicht die ganze Wahrheit enthält. Sie erwähnt zwar den Namen der Klinik in Taos und den Zeitraum, als sie da war, aber es entsteht der Eindruck, dass sie als Therapeutin und nicht als Patientin dort lebte. Ihre zukünftigen
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