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Peetz, Monika

Peetz, Monika

Titel: Peetz, Monika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Dienstagsfrauen
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ihre schlimmsten Befürchtungen
übertroffen. »MELDE DICH, MAX! DEINE MUTTER IST KRANK VOR SORGE«, schrie es in
Großbuchstaben.
    »Hast du
dich noch immer nicht in Köln gemeldet?«
    Max
schüttelte den Kopf und aß ungerührt weiter.
    »Dein
Vater wird mich dafür verantwortlich machen, dass du mir nichts, dir nichts
verschwunden bist«, mahnte Kiki.
    »Was hast
du immer mit meinem Vater?«
    »Du musst
ihm antworten.«
    »Wenn du
das so wichtig findest: Schreib ihm«, forderte Max Kiki auf.
    »Was
passiert, wenn dein Vater von uns erfährt? Der wird sich meine Entwürfe nicht
mal anschauen«, platzte Kiki heraus. »Das ganze Studio wird sich das Maul über
mich zerreißen.«
    Sie war
laut geworden. Verstohlen beobachteten die Dienstagsfrauen, was zwischen Kiki
und Max vor sich ging. Artete das in Streit aus? Max nahm Kikis Vorwürfe
gleichmütig zur Kenntnis. Er zuckte mit den Schultern.
    »Es
interessiert mich nicht, was andere sagen.«
    Kiki gab
auf. Max hatte leicht reden. Mit dreiundzwanzig war es Kiki auch egal gewesen,
was andere über sie dachten. Mit zwanzig stand einem die Welt offen, mit
dreißig findet man immer noch den Notausgang, aber mit vierzig wurde es eng.
Vor allem, wenn man kein Familienerbe hatte, auf dem man sich ausruhen konnte.
Max ging es um etwas anderes: »Der Nachmittag auf dem Boot. Die Nacht im Zelt.
Kiki, das war nicht gelogen, als du gesagt hast, dass du dir kein Leben ohne
mich vorstellen willst. Dass wir zusammengehören.«
    In Kiki
stieg Verzweiflung auf: »Ich kann nicht mit dir alt werden. Ich bin schon alt!«
    »Was macht
das bisschen Altersunterschied«, hielt Max dagegen. Er formulierte es nicht
einmal als Frage. Für Max war das eine nüchterne Feststellung. Und der hatte er
nichts mehr hinzuzufügen. Max drehte sich weg und ließ sie stehen. Kiki
ärgerte sich. Das, was sie sagte, schien wie Regentropfen an ihm abzuperlen.
Wenn Max nicht begriff, musste sie die Initiative übernehmen.
    Sie waren
längst aufgebrochen und liefen durch ein Waldstück, da tüftelte Kiki immer
noch an den hundertsechzig Zeichen, die Thalberg besänftigen sollten. Nach
dreieinhalb Kilometern war sie zu der Überzeugung gekommen, dass es am besten
war, mit Arbeit zu argumentieren. Das Einzige, womit man Thalberg beeindrucken
konnte, waren innovative Ideen. Weitere siebenhundert Meter später hatte sie
den Formulierungsnotstand überwunden und mehr als acht Worte auf das Display
gezaubert.
    »Bin in
Frankreich. Brauche Ruhe für ein paar Entwürfe. Wusste nicht, dass ihr euch
Sorgen macht. Sorry. Max.«
    »Wenn es
dich beruhigt«, hatte Max lapidar geantwortet, als sie ihm die SMS zeigte.
    »Es soll
deinen Vater beruhigen«, korrigierte Kiki. Als sie auf Senden gedrückt hatte,
fiel eine Last von ihr ab. Thalberg war über den Aufenthalt seines Sohnes
informiert. Und ihr Name tauchte noch nicht einmal auf in der SMS.
     
    Wenig
später fiel ihr auf, dass sie besser Caroline um Rat gefragt hätte. Caroline
hätte sie warnen können. Vor den Bumerangs, die Lügen heißen. Und davor, dass
die meisten Lügner einen zentralen Fehler begehen: Sie denken nur an den einen
Moment der Erleichterung und nicht an das, was danach kommt. Sie haben keinen
langfristigen Plan.
    Kiki hatte
sich schon beim Schach als hoffnungsloser Fall herausgestellt. Wie sollte sie
für so viele Figuren, die auf ihrem Feld herumwimmelten, Strategien entwickeln?
Erst, wenn sie die Hälfte der Figuren durch eine kopflose Eröffnung verloren
hatte, bekam sie einen Überblick. Meist war sie dann genau drei Züge vom
Untergang entfernt. Strategisch planen war ihre Sache nicht. Sie handelte
lieber, ließ sich von den Konsequenzen überraschen und blieb fröhlich dabei.
Diesmal genau zwanzig Minuten. Dann bekam sie die Quittung in Form einer neuen
SMS. Wieder in Großbuchstaben. »HOTEL WILL NÄCHSTES JAHR ZIMMER RENOVIEREN.
WEN VON UNSEREN LEUTEN SETZEN WIR DRAN?« Offensichtlich hatte Thalberg ein
neues Handy und keine Ahnung, wie man Kleinbuchstaben generierte.
    »Ein Gerät,
bei dem man die Gebrauchsanleitung lesen muss, ist nicht ausgereift«, polterte
er gerne. Er predigte Einfachheit. Dabei waren die einfachen Lösungen nicht
immer die besten, wie sich jetzt herausstellte.
    »Mein
Vater neigt dazu, einen zu vereinnahmen«, kommentierte Max. »Die einzige
Möglichkeit, ihm zu entkommen, ist, ab und an auf Tauchstation zu gehen.«
    Er machte
nicht den geringsten Hehl daraus, dass er sich genau dort befand und es als
Kikis Aufgabe

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