Peetz, Monika
weggeschwommen sind«, tröstete
Max.
Kiki sah
das ganz anders. »Ich nenne so was ein Fiasko. So gut bekomme ich das kein
zweites Mal hin.«
Ihre Hand
vollführte ein paar Schwünge mit einem imaginären Stift, bevor sie aufgab.
Ihre Karriere hatte einen neuen Tiefpunkt erreicht.
»Das
Gehirn ist fantastisch. Es vergisst alle unwichtigen Dinge«, gab Max zu
bedenken.
»Meins
vergisst auch das Wichtige.«
Max kramte
aus seiner Schultertasche einen Block heraus.
»Zeichne
das, woran du dich erinnerst. Das ist die rote Linie des Entwurfs.«
»Die rote
Linie waren die Details.«
»Dinge
müssen simpel sein«, meinte Max und klang wie sein eigener Vater.
Kiki nahm
kraftlos den Stift in die Finger. Ideen waren flüchtige Wesen. Wenn man sie
nicht sofort auf Papier fixierte, verschwanden sie und suchten eine neue
Heimat. Sie wusste, dass sie den Entwurf kein zweites Mal aufs Papier würde
bannen können. Die Silhouette war schnell rekapituliert. Doch was war mit dem
filigranen Meisterwerk? Dort, wo vor ein paar Tagen ein kompliziertes Muster
die Form überwucherte, liefen jetzt kräftige, fließende Linien. Max nickte
aufmunternd. Es sah anders aus. Einfach. Es sah aus wie etwas, für das man
keine Gebrauchsanleitung brauchte. Es sah aus wie etwas, das Thalberg
überzeugen könnte. Kiki begann, Spaß daran zu haben. Bis Caroline auftauchte
und postwendend begann, Gift zu verspritzen.
»Was ist
das für eine Trauerveranstaltung? Jemand gestorben? Ach ja. Arne. Deswegen
sind wir ja auf dem Trauermarsch. Weil wir der perfekten Liebe zwischen Judith
und Arne gedenken.«
Kiki
zuckte zusammen. Kein Mensch konnte in so einer Stimmung arbeiten. Das war
nicht auszuhalten. Kiki und Max verständigten sich mit einem schnellen Blick.
Erklärungen erübrigten sich. Sie waren deutlich überflüssig. Und außerdem
beschäftigt. Wenn Kiki eine Chance haben wollte, musste sie den Entwurf heute
vollenden.
70
Caroline
blickte Kiki und Max hinterher. Seit der Nacht im Kloster klebten sie förmlich
aneinander, als müssten sie sich mit ständigen Berührungen vergewissern, ob es
wirklich war. »Schmetterlinge im Bauch, heimliche Treffen, gestohlene Küsse.
Muss Liebe schön sein«, schwärmte Caroline mit ätzendem Unterton.
Ein
kleiner Teufel hatte die Kontrolle über sie übernommen. Und der konnte nicht
aufhören, mit gehässigen Kommentaren die Atmosphäre zu vergiften. Wenn sie so
weitermachte, war sie bald ein Fall für die Wutmanagement-Seminare, zu denen
ihre Klienten gerne verdonnert wurden. Sie sah sich schon in einer Gruppe von
stadtbekannten Kriminellen sitzen und ein Wollknäuel von einem Seminarteilnehmer
zum anderen werfen, um die Vornamen kennenzulernen und sich vernetzt,
verbunden und verstanden zu fühlen. Solch ein Psychokram war nur was für
Judith.
»Gibt es
eigentlich Seminare, in denen man aufarbeiten kann, dass man sich schlecht
fühlt, weil man die Ehe der Freundin ruiniert hat? Ein Ehebrecherinnenseminar«,
ätzte sie weiter.
Sie
wusste, dass sie kleinlich, unsachlich und verletzend war. Sie hörte schon die
sanfte Stimme des Therapeuten, der ihr Mut machte, sich den Emotionen zu
stellen. »Du, Caroline, vielleicht willst du uns erzählen, wie sich das für
dich anfühlt, wenn du mit deiner Freundin Judith am Lagerfeuer sitzt.« Sie
konnte es jetzt schon sagen: »Es fühlt sich gut an, die Wut loszuwerden.«
Judith
reichte es. Sie ging auf Gegenangriff.
»Das mit
Philipp tut mir aufrichtig leid. Aber ich bin nicht die Einzige, die gelogen
hat.«
»Ach ja!
Philipp auch. Stimmt«, kommentierte Caroline nüchtern. Der Wutteufel war
quicklebendig.
»Willst du
mir erzählen, dass du nie gemerkt hast, dass deine Ehe in der Krise steckt?«,
setzte Judith nach.
»Kein
Wunder, wenn meine Freundin mit meinem Mann schläft.«
Es ging im
schnellen Schlagabtausch hin und her. Die beiden schenkten sich nichts. Von der
kleinen, verletzlichen Judith, die in den Arm genommen werden wollte, war
nichts mehr übrig. Sie würden beide in dem Seminar enden.
»Du hast
dir was vorgemacht, Caroline.«
»Ihr habt
mir was vorgemacht. Du und Philipp.«
»Und die
anderen Frauen, die Philipp hatte.«
»Das waren
keine Freundinnen.«
»Ich habe
einen Fehler gemacht. Aber man kann nur in ein Haus eintreten, wenn die Tür
offen ist.«
Estelle,
die die ganze Zeit stumm dabeigesessen hatte, flüchtete. Das war selbst für sie
zu viel. »Ihr klärt das schon. Auch ohne meinen Livekommentar«, nahm sie
Carolines
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