Peinlich peinlich Prinzessin
Jungsbesuch haben darf, wenn ihre Eltern nicht da sind.
Aber dann ist Boris an die Sprechanlage gekommen und hat gesagt, dass er bloß etwas vorbeibringen will - ein Geschenk für uns. Und da konnte Tina natürlich nicht widerstehen. Sie hat geschrien: »Ein Geschenk!!!«, und hat ihn raufgelassen.
Wobei ich ja, ehrlich gesagt, glaube, dass das bloß eine Ausrede von Boris war, damit er raufkommen und mit Tina rumknutschen kann. Das »Geschenk« entpuppte sich nämlich als zwei Becher Häagen-Dazs-Eis. (Zwar immerhin unsere Lieblingssorten Vanilla Swiss Almond und Macadamia Brittel, aber trotzdem…)
Die wirkliche Überraschung - jedenfalls für mich - war, dass der »Freund«, den er mitbrachte, sich als JP entpuppte.
Ich wusste gar nicht, dass JP und Boris so viel miteinander zu tun haben. Also, außerhalb der Schulcafeteria, meine ich. JP sah erschreckend … na ja, süß aus, als er hinter Boris in die Wohnung geschlendert kam. Ich weiß nicht, was er mit sich gemacht hatte, aber er sah richtig groß und … männlich aus.
Normalerweise achte ich gar nicht darauf, wie irgendwelche Typen aussehen, außer sie sind Michael. Ich weiß nicht, was mit mir los ist. Vielleicht war es nur der Schock, JP plötzlich außerhalb der gewohnten Schulumgebung zu sehen und dann auch noch in Jeans statt in seiner Schuluniform oder dem Anzug, den er im Theater anhatte. Vielleicht haben mir inzwischen auch so viele Leute gesagt, dass JP gut aussieht, dass ich allmählich anfange, es zu glauben.
Oder vielleicht sind es ja auch einfach Gut-aussehende-Jungs-Entzugserscheinungen, die ich hab, weil ich Michael schon so lang nicht mehr gesehen hab.
Sehr, sehr komisch.
JP sah allerdings nicht nur süß aus, sondern auch ein bisschen verlegen. Er kam hinter Boris reingeschlurft und sagte »Hi« zu mir, während Tina kreischend nach den Eisbechern griff und losrannte, um Löffel zu holen.
Tina ist in Sachen Geschenke ziemlich anspruchslos. Wenn sie ein Schmuckstück vom Billigjuwelier Kay Jewellers geschenkt bekommt, fällt sie praktisch in Ohnmacht.
»Hi«, begrüßte ich JP verlegen. Ich weiß zwar nicht wieso (na ja, eigentlich schon: weil er so süß aussah), aber irgendwie war es mir peinlich, ihn zu sehen. Ich glaub, es war mir vor allem deswegen peinlich, weil er sich ja für heute Abend mit mir verabreden wollte und ich ihm eine Abfuhr gegeben hatte … Und jetzt verbrachten wir den Abend doch zusammen.
Aber schon auch, weil er so süß aussah.
Und irgendwie wurden wir dann beide immer verkrampfter. Am Anfang war es noch halbwegs okay. Wir haben uns ins Fernsehzimmer gesetzt, Eis gegessen und »Auf immer und ewig« geschaut. (Tina hatte den beiden gesagt, dass sie auf einen Film bleiben dürften, aber danach gehen müssten, weil ihre Eltern sie umbringen würden, wenn sie die beiden hier sehen würden. Na ja, jedenfalls ihr Vater. Und wahrscheinlich
würde er sogar nicht nur Tina umbringen, sondern auch Boris, und zwar auf eine ganz besonders schmerzhafte Spezialmethode, die ihm Tinas Bodyguard Wahim beigebracht hat, der heute Abend freibekommen hatte - genau wie Lars -, weil wir ja zu Hause bleiben wollten.)
Aber dann interessierten sich Boris und Tina irgendwann gar nicht mehr für den Film, sondern nur noch füreinander. Sie interessierten sich sogar sehr füreinander. Um genau zu sein, steckten sie sich gegenseitig die Zungen in den Mund. Direkt vor JP und mir! Was für uns ja auch echt überhaupt nicht peinlich war.
Nach einer Weile hab ich es nicht mehr ertragen, die Schmatzgeräusche zu hören. (Obwohl ich den Ton vom Fernseher extralaut gestellt hab. Aber nicht mal Drews pseudobritischer Akzent konnte die beiden übertönen.) Deswegen hab ich irgendwann die beiden Becher mit dem geschmolzenen Eis genommen und gesagt: »Oh, vielleicht stelle ich die besser in den Gefrierschrank, bevor sie total schmelzen.« Dann bin ich aufgesprungen, um aus dem Zimmer zu fliehen.
Leider - oder vielleicht auch glücklicherweise, ich weiß es nicht - sagte JP sofort: »Ich helf dir«, und kam mir hinterher. Ich meine, wie kompliziert ist es, zwei Eisbecher in den Gefrierschrank zu stellen? Das hätte ich gerade noch alleine geschafft.
Als wir in der supermodernen, blitzsauberen Küche der Hakim Babas mit den Arbeitsplatten aus grauem Granit und den Elektrogeräten von Sub-Zero mit ihren schicken Edelstahlfronten standen, holte JP ein Root Beer aus dem Kühlschrank, zog einen Barhocker unter der Theke hervor und setzte sich
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