Peinlich peinlich Prinzessin
Prinzessunterricht aussetzen, bis …«
»UND WAS IST MIT DOMINA REI?«, kreischte Grandmère.
»Was soll sein?«
»Es ist höchste Zeit, an deiner Rede zu arbeiten!«
»Gut, dass du es ansprichst, Grandmère. Ich weiß nämlich nicht, ob ich …«
»Du wirst diese Rede halten, Amelia«, bellte Grandmère. »Keine Widerrede. Ich habe den Damen schon fest zugesagt. Und der Contessa habe ich es auch schon erzählt. Sie ist vor Neid grün geworden! Morgen Nachmittag treffen wir uns in der genovesischen Botschaft, wo wir gemeinsam im fürstlichen Archiv nach Material suchen, das dich hoffentlich zu einer Rede inspirieren wird. Verstanden?«
»Aber, Grandmère …«
»Morgen. In der Botschaft. Um Punkt zwei Uhr.«
Klick!
Tja. Damit war alles gesagt.
Und mein Traum, den ganzen Sonntag im Bett zu verbringen, ist zerplatzt.
Mom hat gerade den Kopf zur Tür hereingesteckt. Anscheinend hat sie ihre Wut über meine Einkauferitis überwunden. Sie hat sich auf die Unterlippe gebissen und gesagt: »Mia, es tut mir sehr leid, aber ich musste es tun. Ist dir eigentlich klar, dass der Betrag, den du ausgegeben hast, dem jährlichen Bruttosozialprodukt eines kleinen Landes entspricht… nur dass du dir dafür eine auf Hüfte sitzende Jeans gekauft hast?«
»Ja.« Ich versuchte, zerknirscht auszusehen, was nicht so schwer war, weil ich es auch wirklich bereue.
Und zwar dass ich mir nicht schon längst so eine Jeans gekauft hab. Weil ich darin nämlich heiß aussehe.
Außerdem weiß Mom noch nicht - genauso wenig wie Dad -, dass ich, als wir bei Nobu zu Mittag gegessen haben, bei Amnesty International angerufen und genau den Betrag gespendet hab, den ich bei Bendel ausgegeben hatte.
Deswegen hab ich nicht mal ein schlechtes Gewissen.
Jedenfalls kein schlimmes.
»Ich weiß, dass du es zurzeit schwer hast, wegen der Sache mit Michael und auch wegen Lilly. Und ich finde es ja auch gut, dass du versuchst, neue Freundinnen zu finden. Ich weiß nur nicht, ob Lana Weinberger die richtige Freundin für dich ist …«
»So übel ist sie nicht, Mom«, sagte ich und musste an das verkaufte Pony denken. Und an die andere Sache, die Lana mir beim Mittagessen erzählt hat. Ihre Mutter hat nämlich gedroht, ihr den Geldhahn zuzudrehen, wenn sie es nicht schafft, auf einer Eliteuniversität angenommen zu werden. Was ja wohl echt krass ist.
»Das ist so gemein«, hatte Lana gesagt. »Dabei hab ich es viel schwerer an der Schule, weil ich ja nicht so intelligent bin wie du, Mia.«
Ich wäre fast an dem Klümpchen Wasabi erstickt, das ich mir gerade pur in den Mund gesteckt hatte. »Ich? Intelligent?«
»Klar«, sagte Trisha. »Und Prinzessin bist du noch dazu. Und das heißt, dass du an jeder Uni angenommen wirst, an der du dich bewirbst. Weil die natürlich alle scharf darauf sind, Adelige an ihrer Uni zu haben.«
Autsch, das tat weh. Aber es ist wahr.
»Ach ja?« Mom sah skeptisch aus. Wahrscheinlich, weil ich gesagt hatte, dass Lana Weinberger gar nicht so übel ist. »Ich bin ja froh darüber, dass du jetzt anderen gegenüber etwas offener bist als früher und auch bereit, Neues auszuprobieren.
« Ich hatte keine Ahnung, was sie damit sagen wollte, es sei denn, sie meinte, dass ich jetzt auch Fleisch esse. »Weißt du, Mia, ich hab als junges Mädchen bei den Pfadfinderinnen etwas gelernt, was ich dir jetzt auch gerne ans Herz legen würde.«
»Dass man einen perfekt sitzenden BH daran erkennt, dass die Brustwarzen genau in der Mitte zwischen Schulter und Ellbogen liegen?«
»Nein.« Mom sah mich müde an. »Ich meinte den alten Spruch: Vergiss über neuen Freundinnen niemals die alten, denn die sind’s, die dir die Treue halten. «
»Oh«, sagte ich. »Ja, klar. Keine Sorge. Ich übernachte heute bei Tina. Bis morgen.«
Und dann beeilte ich mich wegzukommen. Ich hatte nämlich echt Angst, sie würde meine neuen Chandelier-Ohrringe bemerken, die fast so viel gekostet haben wie Rockys Kinderwagen.
Samstag, 18. September, 21 Uhr, bei Tina Hakim Baba im Badezimmer
Ich bin echt froh, dass ich mich dazu aufgerafft hab, heute zu Tina zu gehen. Zwar bin ich immer noch unverändert depressiv, aber bei Tina fühle ich mich von allen Orten, die mir so einfallen, am drittwohlsten. (Am allerwohlsten natürlich in Michaels Armen und am zweitwohlsten in meinem Bett.) Deswegen bin ich jetzt auch viel entspannter als zum Beispiel in der Unterwäscheabteilung von Henri Bendel. Obwohl ich Tina noch immer nichts von meinem aktuellen
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