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Pelagia und der rote Hahn

Pelagia und der rote Hahn

Titel: Pelagia und der rote Hahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Akunin
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    Aber ganz unabhängig davon, ob Magellan etwas mit dem Mord an dem Bauern Scheluchin zu tun hatte oder nicht, wenn jetzt auf einmal der richtige Manuila in der Kommune auftauchte, würden diese Zionisten ganz bestimmt glauben, dass die allgegenwärtige Geheimpolizei sie sogar hier in Palästina aufgespürt hätte. Und wenn sie den leichtsinnigen Propheten dann umbrächten, würde kein Mensch jemals davon erfahren, schon gar nicht die Polizei. Falls es in diesem türkischen Provinznest überhaupt so etwas wie eine Polizei gab.
    Aber dann hatte Salach mit seinem unentwegten Geplapper sie von ihren finsteren Gedanken abgelenkt.
    »Wozu die Juden kommen überhaupt hierher?«, seufzte er und wedelte mit den Händen, um die Mücken zu vertreiben. »Im Sommer bloß alles voller Malaria. Außerdem gehören sie nicht aufs Land. Die Juden sind ein Stadtvolk, sollen lieber bleiben in Stadt. Wahrscheinlich sie haben Verstand verloren, Allah hat sie gestraft! Sie tun mir Leid.«
    Wie es sich im Weiteren herausstellte, taten ihm die Juden vor allem deshalb Leid, weil sie ausschließlich Jüdinnen heiraten dürften, das wären nämlich die unausstehlichsten Frauen auf der Welt. Die würden lügen und betrügen und steckten überall ihre krumme Nase hinein.
    »Wenn du schläfst mit eine Jüdin, das ist wie Männlichkeit in Höhle stecken, wo sitzt große Skorpion«, plapperte Salach weiter, und Pelagia rümpfte die Nase angesichts einer so derben Metapher.
    Von dem Thema der heimtückischen jüdischen Frauen konnte sich ihr Kutscher gar nicht wieder losreißen. Die gemeine Judith, die den schlafenden Holofernes umbrachte, bekam natürlich ihr Teil ab, aber am meisten empörte er sich über Jaël, weil sie das geheiligte Gesetz der Gastfreundschaft entweiht hätte. Der in der Schlacht besiegte Feldherr Sisera (Salach nannte ihn einen »Ahnherrn der Araber«) bat Jaël um Asyl in ihrem Zelt. Und was tat sie, die hinterlistige Schlange? Wie man im Buch der Richter nachlesen könne, sagte sie: »Komm, komm, guter Herr, komm zu mir, hab keine Angst. Da ging er in ihr Zelt, und sie deckt Teppich über ihn. Sagt Sisera zu ihr: Gib mir Wasser, ich habe Durst. Band sie Schlauch mit Milch von Haken ab, gab ihm zu trinken und bedeckte ihn. Sisara sagt: Stell dich mal am Eingang, und wenn kommt jemand und fragt dir und sagt: ›Ist da jemand bei dir?‹, sagst du zu ihm: nein. Jaël, das war Weib Chebers, nahm den Pflock von Zelt und nahm Hammer, und dann schleicht ganz, ganz leise zu ihm hin und stieß ihm Pflock in die Schläfe, sodass er war an Boden fest drangeheftet; und da schlief er ein vor Müdigkeit und dann ist weggestorben.«
    Während Pelagia zuhörte, wie Salach diese biblische Begebenheit auf seine Art nacherzählte und mit herzzerreißenden Details ausschmückte, begann ihr der arme Kerl Leid zu tun – nicht Sisera, der weiß Gott vor wie langer Zeit lebte und dem schließlich nur recht geschehen war, sondern der arglose Erzähler selbst, der keine Ahnung davon hatte, dass hinter seinem Rücken das Urteil längst gesprochen war: Seine nächste Frau würde eine Jüdin sein.
    »Der Mann war ja ganz erschöpft, ganz, ganz schwach. Also legt sich hin und sofort chrrr-chrrr-chrrr.« Um seinen Bericht anschaulicher zu machen, bettete Salach den Kopf auf seine zusammengelegten Hände und gab laute Schnarchgeräusche von sich.
    Plötzlich fuhr er zusammen und zog hart die Zügel an.
    Aus dem Gesträuch am Straßenrand kamen langsam zwei Reiter hervor.
    Als Polina Andrejewna die hinter ihrem Rücken hervorragenden Gewehrläufe sah, schrie sie auf:
    »Sind das Räuber?«
    »Ich weiß nicht«, antwortete Salach und ließ die Zügel sinken.
    »Worauf wartest du? Schnell, dreh um!«
    »Geht nicht. Sie sehen, wir haben Angst und reiten hinterher. Man muss fragen irgendwas, ist am allerbesten.«
    »Was denn fragen?«
    »Meinetwegen nach Weg. Fragen, wie kommt man nach El-Ledjun. Ich sage, du fährst zu oberste Polizeichef. Sehr gut, Schwiegermutter von oberste Polizeichef.«
    »Warum denn seine Schwiegermutter?«, fragte Pelagia ein wenig beleidigt.
    »Weil für Schwiegermutter man kriegt kein Lösegeld.«
    »Ach, das ist hier wohl so Sitte, stimmt’s?«
    »Stimmt nich – für Schwiegermutter kein Mensch zahlt Lösegeld«, erklärte Salach knapp, der sich innerlich auf das Gespräch mit den Bewaffneten vorbereitete.
    Schon von weitem begann er eilig draufloszuplappern, verbeugte sich immer wieder und zeigte auf die fernen Hügel.
    Die

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